Verzögerte Übergabe beim Immobilienkauf:
Welche Rechte haben Käufer?
THEMEN: Verzug des Verkäufers | Schuldnerverzug | Schadensersatz | Hauskauf | Wohnungskauf
Einleitung
Immer wieder kommt es vor, dass sich nach einem Immobilienkauf die Übergabe verzögert. Käufer und Verkäufer stehen dann regelmäßig vor der Frage, welche Rechte und Pflichten bestehen.
In diesem Beitrag werden die wichtigsten Aspekte zusammengefasst. Die Darstellung orientiert sich dabei am Kauf einer gebrauchten Wohnimmobilie (Haus oder Eigentumswohnung).
Die Ausführungen gelten jedoch entsprechend aber auch für Kaufverträge über andere bestehende Immobilien (z.B. unbebaute Grundstücke, Gewerbeimmobilien).
1. Anspruch des Käufers auf Übergabe
a) Übergabe als Hauptpflicht des Verkäufers
Es ist die primäre Pflicht des Verkäufers, dem Käufer Eigentum an der verkauften Immobilie zu verschaffen und diese zu räumen und zu übergeben. Dies ordnet das Gesetz ausdrücklich an (§ 433 Abs. 2 BGB). Es handelt sich hier um eine Hauptleistungspflicht des Verkäufers.
Im Immobilienkaufvertrag wird die Übergabe zumindest rudimentär geregelt sein. Üblich ist zum Beispiel, dass der Zeitpunkt der Übergabe für ein konkretes Datum vereinbart wird. Ein solches konkretes Datum ist vor allem dann praktikabel, wenn nach der notariellen Beurkundung keine weiteren Zwischenschritte erforderlich sind (Einholung von Genehmigungen etc.).
Üblich ist es auch, den Übergabetermin an die Zahlung des Kaufpreises zu knüpfen. Die Übergabe ist dann innerhalb einer bestimmten Frist nach Erhalt des Kaufpreises geschuldet, z.B. „unverzüglich“ oder innerhalb von zwei Wochen.
b) Durchsetzung des Anspruchs auf Übergabe
Kommt der Verkäufer mit der Übergabe in Verzug, kann der Käufer seinen Anspruch auf Räumung und Übergabe zwangsweise durchsetzen.
Am langwierigsten und teuersten ist die Durchsetzung, wenn der Käufer den Übergabeanspruch gerichtlich einklagen muss. Die Verfahrensdauer beträgt dann mindestens mehrere Monate.
Deutlich einfacher ist die Durchsetzung, wenn sich der Verkäufer einer sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat. In diesem Fall stellt der Kaufvertrag einen Vollstreckungstitel dar. Der Käufer kann so die notwenigen Maßnahmen in die Wege leiten, vor allem die Zwangsvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher.
Sofortige Zwangsvollstreckung im Kaufvertrag
In den meisten Kaufverträgen unterwirft sich nur der Käufer der sofortigen Zwangsvollstreckung. Dies bezieht sich auf die Verpflichtung des Käufers zur Zahlung des Kaufpreises.
Seit 1999 ist es jedoch möglich, dass auch der Verkäufer sich der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft. Die Vollstreckungsunterwerfung bezieht sich hier in erster Linie auf die Übergabe und Räumung („Schlüsselübergabe“), aber auch auf die Pflicht zum Schadensersatz bei verzögerter Übergabe.
Meines Erachtens ist es fair, wenn beide Vertragsparteien eine solche Vollstreckungsunterwerfung vereinbaren. Bei einer nur einseitigen Vollstreckungsunterwerfung durch den Käufer „hinkt“ der Vertrag.
Weitere Informationen zur sofortigen Zwangsvollstreckung finden Sie im folgenden Artikel:
» Vollstreckungsunterwerfung: Bedeutung der Klausel im Kaufvertrag
2. Rücktritt vom Kaufvertrag
Immer wieder kommt es vor, dass der Käufer bei einer stark verzögerten Übergabe kein Interesse mehr an der Immobilie hat. In diesem Fall hat der Käufer die Möglichkeit, vom Kaufvertrag zurückzutreten.
Rechtlich ist hier zwischen einem vertraglichen und einem gesetzlichen Rücktrittsrecht zu unterscheiden.
Ein vertragliches Rücktrittsrecht liegt vor, wenn der Kaufvertrag den Rücktritt wegen verspäteter Übergabe regelt. Denkbar ist hier zum Beispiel die Klausel, dass der Käufer innerhalb von X Wochen vom Kaufvertrag zurücktreten darf, wenn der Verkäufer mit der Übergabe der Immobilie im Verzug ist.
Bei Kaufverträgen über ältere Wohngebäude oder Eigentumswohnungen ist ein vertragliches Rücktrittsrecht meist nicht enthalten. Der Käufer kann sich dann auf sein gesetzliches Rücktrittsrecht berufen. Geregelt ist dieser Rücktritt in § 323 BGB.
Erklärt der Käufer wirksam den Rücktritt vom Kaufvertrag, wird der gesamte Kaufvertrag rückabgewickelt. Der Käufer erhält so insbesondere einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises.
Rücktritt und Fristsetzung
Das gesetzliche Rücktrittsrecht sieht vor, dass der Käufer dem Verkäufer eine Frist setzen muss. In bestimmten Fällen ist die Fristsetzung zwar entbehrlich (§ 323 Abs. 2 BGB). Im Zweifel sollte aber sicherheitshalber eine Fristsetzung erfolgen, damit der Rücktritt nicht an dieser Formalie scheitert.
3. Schadensersatz
Bei verspäteter Übergabe der Immobilie kann der Käufer einen Anspruch auf Schadensersatz haben. Dabei ist zwischen einer vertraglich vereinbarten Vertragsstrafe und dem gesetzlichen Anspruch auf Schadensersatz.
a) Vertragsstrafe
Im Kaufvertrag über ein Haus oder eine sonstige Immobilie kann ein pauschaler Schadensersatz vereinbart werden.
Beispielsweise kann sich der Verkäufer verpflichten, dem Käufer für jeden Verzugstag einen Pauschalbetrag X als Schadensersatz zu zahlen.
Dies hat für beide Vertragsparteien den Vorteil, dass die Höhe des Anspruchs leicht kalkulierbar ist. Für den Käufer ist es zudem eine praktische Erleichterung, da er die genaue Schadenshöhe nicht beweisen muss.
Achtung bei der Vertragsgestaltung
Wird im Kaufvertrag eine Vertragsstrafe vereinbart, sollte der Käufer unbedingt darauf achten, dass die Vertragsstrafe den gesetzlichen Schadensersatz nicht verdrängt. Im Vertrag sollte ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass es dem Käufer unbenommen ist, einen höheren Schaden nachzuweisen.
b) Gesetzlicher Anspruch auf Schadensersatz
Enthält der Kaufvertrag keine besondere Regelung zum Schadensersatz wegen verspäteter Übergabe, gelten die gesetzlichen Vorschriften.
Danach hat der Käufer Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Verkäufer mit der Übergabe des Grundstücks und der Immobilie in Verzug gerät. Geregelt ist der Verzugsschaden in §§ 280, 286 BGB.
c) Arten von Verzugsschäden
Welche Art von Verzögerungsschaden der Käufer durch die verspätete Übergabe erlitten hat, hängt ganz vom konkreten Einzelfall ab. In der Praxis sind vor allem die folgenden Schadensarten von großer Bedeutung:
Wohnkosten: Häufig stehen Käufer von Wohnimmobilien bei einer verzögerten Übergabe vor der Situation, in ihrer bisherigen Wohnung bleiben zu müssen. Ist der Mietvertrag für die Wohnung bereits gekündigt, müssen die Käufer entweder eine Ersatzwohnung anmieten oder vorübergehend in ein Hotel ziehen. Die notwendigen Wohnkosten sind vom Verkäufer als Verzugsschaden zu erstatten.
Lagerkosten: Die Möbel und der sonstige Hausrat müssen während des Verzugs gegebenenfalls eingelagert werden. Auch diese notwendigen Lagerungskosten sind vom Verkäufer zu ersetzen.
Mietausfall: Der Käufer hat auch dann Probleme, wenn er die gekaufte Immobilie (z.B. eine Wohnung oder ein Haus) nicht selbst nutzen, sondern vermieten will. Die Vermietung ist in diesem Fall unmöglich, solange der Verkäufer mit der Räumung und Übergabe in Verzug ist. Den Mietausfall kann der Käufer als entgangenen Gewinn vom Verkäufer ersetzt verlangen.
Nutzungsausfall: Bei beabsichtigter Eigennutzung der gekauften Immobilie hat der Käufer Anspruch auf Ersatz des Nutzungsausfalls, wenn während des Verzugs kein gleichwertiger Wohnraum zur Verfügung stand. Man spricht hier von einer Nutzungsausfallentschädigung.
4. Beispiel
Das folgende Beispiel veranschaulicht die möglichen Ansprüche des Käufers im Falle einer Lieferverzögerung:
Sachverhalt
Die Familie F kauft von Verkäufer V eine Eigentumswohnung. Die Übergabe der Wohnung soll laut Vertrag am 15.01.2025 erfolgen. Für jeden Tag der verspäteten Übergabe sieht der Kaufvertrag eine Entschädigung von 50,00 € vor.
Die Übergabe erfolgt erst am 01.03.2025, was V zu vertreten hat. Die Käuferfamilie F muss Ende Januar aus ihrer bisherigen Wohnung ausziehen und kommt notgedrungen bei einer befreundeten Familie unter. Die Möbel werden zwischenzeitlich eingelagert.
Ansprüche und Rechte
Die Familie F hat hier zunächst unproblematisch einen Anspruch auf den pauschalierten Schadensersatz in Höhe von 50,00 € pro Tag.
Mit dieser Vertragsstrafe ist der Schadensersatz aber nicht gedeckelt. Vielmehr hat die Familie die Möglichkeit, einen höheren Schaden nachzuweisen.
Ein solcher höherer Schaden kann hier vorliegen, da der Verkäufer die Lagerkosten zu tragen hat. Außerdem muss der Verkäufer den Nutzungsausfall ersetzen. Der Familie F stand während des Verzugs kein eigener gleichwertiger Wohnraum zur Verfügung. Die Familie als Käufer hat daher Anspruch auf Ersatz des Nutzungsausfalls.
5. Fazit zur verzögerten Räumung und Übergabe
Bei der verspäteten Übergabe einer Immobilie geht es meist um viel Geld. Im Idealfall sind die Rechte und Pflichten bereits im Kaufvertrag klar und fair geregelt.
Ist der Kaufvertrag noch nicht beurkundet, sollten Käufer und Verkäufer darauf achten, ob und wie die Frage des Verzuges im Vertragsentwurf geregelt ist. Hierfür kann der Notarvertrag anwaltlich überprüft werden, bevor der Beurkundungstermin ansteht.
Kommt es später tatsächlich zu Problemen bei der Räumung und Übergabe, sollten alle Vertragsparteien darauf achten, unnötige Fehler zu vermeiden. Unterstützung bietet hier im Zweifelsfall ein auf Immobilienrecht spezialisierter Rechtsanwalt.
© Rechtsanwalt C.D. Franz
Der Beitrag dient lediglich der allg. Information, ist nicht abschließend und wird nicht fortlaufend aktualisiert. Eine Rechtsberatung findet hierdurch nicht statt.
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Über den Autor
Rechtsanwalt Christian D. Franz ist Gründer und Inhaber der Kanzlei Franz. Die Kanzlei hat ihren Sitz in Frankfurt am Main und damit im Herzen Deutschlands. Durch die günstige Anbindung an Autobahnen, den Schienenverkehr und den Frankfurter Flughafen ist es der Kanzlei möglich, Mandanten im gesamten Bundesgebiet zu vertreten. Das Immobilienrecht und das Maklerrecht gehören dabei zu den wichtigsten Rechtsgebieten.
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Christian D. Franz, Rechtsanwalt