„Gekauft wie gesehen“ beim Immobilienkauf: Welche Ansprüche haben Käufer?

Rechtsanwalt Immobilienrecht und Vertragsrecht, Gekauft wie gesehen und besichtigt

1. Was bedeutet die Klausel „Gekauft wie gesehen“?

Die Vereinbarung „Gekauft wie gesehen“ ist die am häufigsten benutzte Klausel beim Immobilienkauf. Über die Bedeutung dieser Vereinbarung bestehen allerdings häufig Missverständnisse. Sehr oft führen die Unklarheiten dann zu einer Klage vor Gericht.

» Üblich sind auch die Formulierungen „Gekauft wie besichtigt“ oder „Gekauft wie es steht und liegt“. Rechtlich gibt es hier keinen Unterschied! Sämtliche dieser Klauseln haben die gleiche Bedeutung.

Wichtig: Bei der Klausel „Gekauft wie gesehen“ handelt es sich nicht um einen vollständigen Ausschluss der Gewährleistung! Wird ein Haus, eine Wohnung oder ein Grundstück „gekauft wie gesehen“, so wird nur die Gewährleistung für offensichtliche Mängel ausgeschlossen.

» Der Verkäufer haftet also nicht für Mängel, die ein durchschnittlicher Käufer bei einer gründlichen Besichtigung der Immobile ohne Sachverständigen hätte erkennen können. Ob der Käufer die Immobile tatsächlich auf offensichtliche Mängel untersucht hat, spielt dabei keine Rolle.

Von der Klausel „Gekauft wie gesehen“ werden versteckte Mängel dagegen nicht erfasst. Versteckte Mängel liegen vor, wenn ein durchschnittlicher Käufer den Mangel durch eine eigene Untersuchung nicht erkennen kann.

» Beachte: Bei versteckten Mängeln kann sich der Käufer daher auf sämtliche Gewährleistungsrechte berufen. Voraussetzung ist allerdings, dass im Vertrag kein genereller Gewährleistungsausschluss vereinbart wurde!

2. Beispiele für offensichtliche und verdeckte Mängel

Offensichtliche Mängel liegen beispielsweise in folgenden Fällen vor:

» Abblätternder Putz und sichtbare Risse in der Fassade.

» Kein fließendes Wasser aufgrund defekter Leitungen.

» Fluglärm und sonstige Lärmbelästigungen (zum Beispiel durch Straßen, Geschäfte und Lokale).

» Nicht korrekt schließende Türen und Fenster.

» Undichtes Dach aufgrund größerer Löcher.

» Schimmel an Wand und Decke, sofern er nicht frisch überstrichen wurde oder etwa durch einen Schrank „versteckt“ wird.

Bei folgenden Beispielen handelt es sich dagegen um versteckte Mängel:

» Altlasten auf dem Grundstück.

» Asbest im Gebäude.

» Undichte Gasleitungen.

» Einsatz von gesundheitsschädlichen Holzschutzmitteln.

» Verrostete, nicht sichtbare Stahlträger.

» Nicht-fachmännische Dämmung des Dachbodens, sofern dies nur von einem Sachverständigen erkannt werden kann.

3. Welche Gewährleistungsrechte hat der Käufer?

a) Rechte ohne generellen Ausschluss der Gewährleistung

Die Gewährleistungsrechte des Käufers haben zwei Voraussetzungen. Zum einen muss tatsächlich ein versteckter Mangel vorliegen. Zum anderen darf im Kaufvertrag kein genereller Gewährleistungsausschluss enthalten sein. Wenn beide genannten Voraussetzungen erfüllt sind, kann der Käufer folgende Gewährleistungsrechte gegen den Verkäufer geltend machen:

» Mängelbeseitigung, d.h. Sanierung und Reparatur des Grundstücks, des Hauses oder der Eigentumswohnung.

» Minderung des Kaufpreises.

» Rücktritt vom Kaufvertrag.

» Schadensersatz.

b) Rechte bei generellem Ausschluss der Gewährleistung

Wenn neben der Klausel „Gekauft wie gesehen“ auch noch ein genereller Gewährleistungsausschluss vereinbart wurde, hat der Käufer in aller Regel keine Gewährleistungsrechte gegen den Verkäufer. Von diesem Grundsatz bestehen allerdings zwei wichtige Ausnahmen:

Ausnahme 1: Der Käufer kann seine Gewährleistungsrechte geltend machen, wenn der Verkäufer über den Mangel arglistig getäuscht hat. Der Gewährleistungsausschluss spielt dann keine Rolle. Bei einer arglistigen Täuschung kann sich der Verkäufer niemals auf einen Ausschluss der Gewährleistung berufen (§ 444 BGB).

» Der Käufer kann sämtliche zuvor genannten Ansprüche gegen den Verkäufer geltend machen.

» Wegen der arglistigen Täuschung hat der Käufer daneben auch das Recht, den Kaufvertrag anzufechten.

Eine arglistige Täuschung setzt voraus, dass der Verkäufer zur Aufklärung über den versteckten Mangel verpflichtet war. Für die arglistige Täuschung trägt der Käufer die Beweislast!

» Hinweis: Sie möchten genauer wissen, wann Aufklärungspflichten bestehen und der Käufer eine Anfechtung erklären darf? Mehr erfahren Sie im Beitrag über die Aufklärungspflichten des Immobilienverkäufers.

Ausnahme 2: Daneben kann sich der Käufer auch dann auf Gewährleistung berufen, wenn für die Immobilie eine bestimmte Beschaffenheit vereinbart ist. Eine Beschaffenheitsvereinbarung hat nämlich immer Vorrang und verdrängt jeden Gewährleistungsausschluss! (BGH, Urteil vom 19.12.2012, Az. VIII ZR 96/12)

» Beispiel: Im Kaufvertrag wird ausdrücklich zugesichert, dass im Gebäude kein Asbest verbaut ist. Sollte Asbest tatsächlich aber doch vorhanden sein, so kann der Käufer sämtliche Gewährleistungsrechte geltend machen!

© Rechtsanwalt C.D. Franz

Der Beitrag dient lediglich der allg. Information, ist nicht abschließend und wird nicht fortlaufend aktualisiert. Eine Rechtsberatung findet hierdurch nicht statt.

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Rechtsanwalt Christian D. Franz ist Gründer und Inhaber der Kanzlei Franz. Die Kanzlei hat ihren Sitz in Frankfurt am Main und damit im Herzen Deutschlands. Durch die günstige Anbindung an Autobahnen, den Schienenverkehr und den Frankfurter Flughafen ist es der Kanzlei möglich, Mandanten im gesamten Bundesgebiet zu vertreten. Das Immobilienrecht und das Gewährleistungsrecht gehören dabei zu den wichtigsten Rechtsgebieten.

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Christian D. Franz, Rechtsanwalt