Gewährleistung beim Immobilienkauf: Welche Rechte und Pflichten bestehen?

Gewährlesitung beim Kauf von Immobilien (Grundstück, Haus, Eigentumswohnung)

1. Wann besteht Gewährleistung?

Sämtliche Gewährleistungsrechte setzen zwingend voraus, dass die Immobilie einen Sachmangel hat. Weitere Voraussetzung ist, dass im Kaufvertrag kein wirksamer Ausschluss der Gewährleistung vereinbart wurde.

2. Wann ist ein Ausschluss der Gewährleistung wirksam?

Im Immobilienrecht können Gewährleistungsrechte sogar dann ausgeschlossen werden können, wenn der Kaufvertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher abgeschlossen wurde! Bei Kaufverträgen über bewegliche Sachen ist dies nicht möglich.

Jeder Gewährleistungsausschluss muss allerdings gewisse Grenzen einhalten. Werden die gesetzlichen Grenzen überschritten, so ist der Gewährleistungsausschluss unwirksam. Zu beachten sind vor allem folgende gesetzliche Regelungen:

» Die Haftung für Vorsatz kann niemals ausgeschlossen werden. (§ 276 Abs. 3 BGB)

» In Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) darf kein Ausschluss für grobe Fahrlässigkeit vereinbart werden. Darüber hinaus ist auch ein Ausschluss für einfache Fahrlässigkeit unzulässig, wenn es um die Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit geht. (§ 309 Nr. 7a BGB)

Wichtig: Besonderheiten gelten bei Kaufverträgen über einen Neubau. Nach der Rechtsprechung ist hier ein formelhafter Ausschluss der Gewährleistung nur zulässig, wenn der Käufer vor Abschluss des Vertrages ausführlich über die schwerwiegenden Rechtsfolgen belehrt worden ist. Ohne Belehrung stehen dem Käufer sämtliche Gewährleistungsrechte zu! (BGH, Urteil vom 08.03.2007, Az. VII ZR 130/05)

3. Welche Rechte hat der Käufer?

Bei Sachmängeln können dem Käufer eine ganze Reihe von Ansprüchen zustehen:

a) Anfechtung wegen arglistiger Täuschung

Der Käufer kann den Kaufvertrag anfechten, wenn der Verkäufer eine arglistige Täuschung begangen hat. Eine arglistige Täuschung liegt immer vor, wenn der Verkäufer vorsätzlich falsche Angaben macht oder seine Aufklärungspflichten vorsätzlich verletzt.

Durch die Anfechtung wird der Kaufvertrag aufgehoben. Der Käufer kann daher den Kaufpreis vom Verkäufer zurückverlangen. Im Gegenzug ist der Käufer verpflichtet, das Grundstück, das Haus bzw. die Eigentumswohnung zurückzugeben und die Auflassung zu erklären.

» Hinweis: Sie möchten genauer wissen, wann Aufklärungspflichten bestehen und der Käufer eine Anfechtung erklären darf? Mehr erfahren Sie im Beitrag über die Aufklärungspflichten des Immobilienverkäufers.

b) Reparatur und Mängelbeseitigung („Nacherfüllung“)

Der Käufer hat gegen den Verkäufer einen Anspruch auf Nacherfüllung. Konkret bedeutet dies, dass er vom Verkäufer die Reparatur und Beseitigung des Sachmangels verlangen kann.

Die Kosten der Mängelbeseitigung hat der Verkäufer zu tragen. Wichtig sind hier vor allem Transport-, Arbeits- und Materialkosten.

Der Anspruch auf Nacherfüllung setzt nicht voraus, dass der Verkäufer den Sachmangel verschuldet hat! Entscheidend ist einzig und allein, dass ein Sachmangel vorliegt.

c) Rücktritt

Wenn der Käufer wegen des Sachmangels kein Interesse mehr an der Immobilie hat, kann er vom Kaufvertrag zurücktreten. Durch den Rücktritt wird der Kaufvertrag aufgehoben und unwirksam.

» Der Käufer kann den Kaufpreis zurückverlangen kann. Im Gegenzug ist der Käufer dazu verpflichtet, die Immobile an den Verkäufer herauszugeben und die Auflassung zu erklären.

Für den Rücktritt ist es erforderlich, dass dem Verkäufer zuvor eine Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt wurde und dass diese Frist erfolglos verstrichen ist.

» Tipp: Nur in Ausnahmefällen kann auf eine Fristsetzung verzichtet werden. Das gilt zum Beispiel, wenn der Verkäufer die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert hat. Aus Beweisgründen sollte der Käufer aber immer eine angemessene Frist setzen und abwarten, bis diese abgelaufen ist!

Weiterhin setzt der Rücktritt voraus, dass der Sachmangel nicht unerheblich ist. In Bagatellfällen ist der Rücktritt daher ausgeschlossen! Ob ein Bagatelle vorliegt, ergibt sich insbesondere aus einem Vergleich des Kaufpreises mit den Kosten der Mängelbeseitigung.

» Von der Rechtsprechung werden Sachmängel als unerheblich angesehen, wenn die Beseitigungskosten weniger als 5 Prozent des Kaufpreises betragen.

» Wichtige Ausnahme: Bei einer Beschaffenheitsvereinbarung oder einer arglistigen Täuschung ist jeder Sachmangel erheblich! (BGH, Urteil vom 24.03.2006, Az. V ZR 173/05)

Ein Verschulden des Verkäufers ist für den Rücktritt nicht erforderlich.

d) Minderung

Der Käufer kann den Kaufpreis mindern, wenn der Wert der Immobilie durch den Sachmangel beeinträchtigt wird. Die Höhe der Minderung hängt stets davon ab, welchen Wertverlust das Grundstück, das Haus oder die Wohnung konkret erlitten hat.

» Hat der Käufer den Kaufpreis bereits in voller Höhe gezahlt, so kann er den zu viel gezahlten Betrag vom Verkäufer zurückverlangen.

Auch für die Minderung ist es erforderlich, dass dem Verkäufer eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt wurde und dass diese Frist ohne Ergebnis abgelaufen ist.

» Tipp: Zwar kann eine Fristsetzung bei der Minderung ebenfalls ausnahmsweise entbehrlich sein. Aus Beweisgründen ist aber auch hier dringend zu raten, den Verkäufer stets per Fristsetzung zur Nacherfüllung aufzufordern.

Auch für das Minderungsrecht kommt es nicht darauf an, ob der Verkäufer den Sachmangel zu vertreten hat.

e) Schadensersatz

Schließlich kann der Käufer gegen den Verkäufer einen Anspruch auf Schadensersatz haben, wenn durch den Sachmangel ein Schaden entstanden ist.

» Beispiel 1: Wegen defekter Rohre kommt es im Keller zum Wasserrohbruch. Hierdurch wird ein wertvoller Teppich des Käufers beschädigt. – Die Kosten für die Sanierung des Teppichs bzw. für die Ersatzbeschaffung hat der Verkäufer als Schadensersatz zu tragen, wenn ein Verschulden vorliegt.

» Beispiel 2: Wegen des Sachmangels kann der Käufer erst zwei Wochen später als geplant in sein Haus einziehen. In der Zwischenzeit wohnt er mit seiner Familie im Hotel. – Die Hotelkosten kann der Käufer als Schaden ersetzt verlangen, wenn ein Verschulden des Verkäufers vorliegt.

Wichtig: Für den Anspruch auf Schadensersatz ist ein Verschulden des Verkäufers erforderlich! Vom Gesetz wird das Verschulden allerdings vermutet. Der Verkäufer muss also beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft. Wenn er dies nicht beweisen kann, haftet er in voller Höhe!

4. Bestehen Ansprüche bei einem Ausschluss der Gewährleistung?

Wenn im Kaufvertrag ein genereller Gewährleistungsausschluss vereinbart wurde, hat der Käufer in aller Regel keine Gewährleistungsrechte gegen den Verkäufer.

Allerdings bestehen zwei wichtige Ausnahmen:

Ausnahme 1: Der Käufer kann sich auf seine gesetzlichen Gewährleistungsrechte berufen, wenn der Verkäufer eine arglistige Täuschung begangen hat. Der Gewährleistungsausschluss spielt dann keine Rolle. Bei einer arglistigen Täuschung kann sich der Verkäufer nämlich niemals auf einen Ausschluss der Gewährleistung berufen (§ 444 BGB).

» Der Käufer kann daher sämtliche zuvor genannten Ansprüche gegen den Verkäufer geltend machen.

Ausnahme 2: Daneben kann der Käufer seine Gewährleistungsansprüche auch dann geltend machen, wenn für die Immobilie eine bestimmte Beschaffenheit vereinbart wurde. Eine Beschaffenheitsvereinbarung hat immer Vorrang und verdrängt jeden Gewährleistungsausschluss! (BGH, Urteil vom 19.12.2012, Az. VIII ZR 96/12)

» Beispiel: Im Kaufvertrag wird ausdrücklich zugesichert, dass in dem Gebäude keine Schädlinge vorhanden sind. Sollten Schädlinge tatsächlich aber doch vorhanden sein, so stehen dem sämtliche Gewährleistungsrechte zu!

5. Wann verjähren die Gewährleistungsrechte?

Im Immobilienrecht gelten andere Verjährungsregeln als bei Kaufverträgen über bewegliche Sachen. Im Einzelnen ist folgendes zu beachten:

a) Verjährung bei Sachmängeln und Rechtsmängeln

In aller Regel beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre (§ 438 Abs. 1 Nr. 2a BGB).

In einigen Ausnahmefällen kann die Verjährungsfrist sogar 30 Jahre betragen. Voraussetzung hierfür ist, dass ein „Rechtsmangel“ vorliegt, der im Grundbuch eingetragen ist (§ 438 Abs. 1b BGB).

» Beispiel: Herr Müller verkauft Frau Schmidt eine Eigentumswohnung. Im notariellen Vertrag wird vereinbart, dass die Wohnung frei von Lasten ist. Tatsächlich ist im Grundbuch jedoch eine Grundschuld für die Eigentumswohnung eingetragen. – Da die Grundschuld einen Rechtsmangel darstellt und im Grundbuch eingetragen ist, verjähren die Gewährleistungsrechte erst in 30 Jahren!

Die Verjährungsfrist beginnt zu laufen, sobald die Immobilie übergeben wurde („Aushändigung der Schlüssel“). Der Zeitpunkt der Auflassung und Eintragung ins Grundbuch ist dagegen nicht entscheidend.

Wichtig: Im Kaufvertrag können auch kürzere Verjährungsfristen vereinbart werden.

b) Verjährung bei einer arglistigen Täuschung

Bei einer arglistigen Täuschung gelten ebenfalls die genannten Verjährungsfristen. Allerdings besteht hier die Besonderheit, dass zusätzlich eine weitere Verjährungsfrist gilt, nämlich die „regelmäßige Verjährungsfrist“.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt zwar nur 3 Jahre (§ 199 BGB). Der große Vorteil besteht aber darin, dass die Frist erst dann zu laufen beginnt, sobald der Käufer Kenntnis von der arglistigen Täuschung erhalten hat. Dies kann viele Jahre nach der Übergabe der Fall sein! Die Höchstgrenze beträgt – je nach Schadensart – 30 Jahre.

» Beispiel: Im Jahr 2011 verkauft Herr Müller ein Grundstück an Frau Schmidt. Bei den Verhandlungen täuscht Herr Müller arglistig darüber, dass das Grundstück keine Altlasten habe. Im Jahr 2017 entdeckt Frau Schmidt jedoch, dass auf ihrem Grundstück Altlasten vorhanden sind. – Da Frau Schmidt den arglistig verschwiegenen Mangel im Jahr 2017 entdeckt hat, verjähren ihre Gewährleistungsrechte erst im Jahr 2020.

Wichtig: Bei einer arglistigen Täuschung ist auf die Verjährungsfrist abzustellen, die dem Käufer die größten Vorteile bringt!

© Rechtsanwalt C.D. Franz

Der Beitrag dient lediglich der allg. Information und ist nicht abschließend. Eine Rechtsberatung findet hierdurch nicht statt und kann nicht ersetzt werden.

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Rechtsanwalt Christian D. Franz ist Gründer und Inhaber der Kanzlei Franz. Die Kanzlei hat ihren Sitz in Frankfurt am Main und damit im Herzen Deutschlands. Durch die günstige Anbindung an Autobahnen, den Schienenverkehr und den Frankfurter Flughafen ist es der Kanzlei möglich, Mandanten im gesamten Bundesgebiet zu vertreten. Das Immobilienrecht und das Gewährleistungsrecht gehören dabei zu den wichtigsten Rechtsgebieten.

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Christian D. Franz, Rechtsanwalt