Beschaffenheitsvereinbarung und Kaufvertrag:
Rechte und Beispiele
Themen: Kaufvertrag | Sachmängel | Gewährleistung | Beschaffenheit

Vereinbarung einer Beschaffenheit im Kaufvertrag
Kernpunkte auf einen Blick
Eine bestimmte Beschaffenheit kann sowohl ausdrücklich als auch konkludent vereinbart werden.
Bei einer vereinbarten Beschaffenheit kann sich der Verkäufer nicht auf einen vorhandenen Ausschluss der Gewährleistung berufen.
Der Käufer trägt die Beweislast für das Vorliegen einer vereinbarten Beschaffenheit.
Beim Immobilienkauf müssen Beschaffenheiten in der notariellen Urkunde stehen. Angaben im Exposé können keine vereinbarte Beschaffenheit darstellen.
Inhaltsverzeichnis (bitte anklicken)
Übersicht
1. Beschaffenheitsvereinbarung: Warum sie wichtig ist
a) Grund 1: Haftung des Verkäufers
b) Grund 2: Rücktritt vom Kaufvertrag
2. Beschaffenheitsvereinbarung: Voraussetzungen und Abgrenzung
a) Was ist eine „Beschaffenheit“?
b) Wann ist eine Beschaffenheit „vereinbart“?
3. Besonderheiten beim Immobilienkauf
Einleitung
Das Thema „Beschaffenheitsvereinbarung“ ist recht sperrig und nur schwer zu durchdringen. In diesem Beitrag soll es darum gehen, die Grundzüge dieses wichtigen Rechtsbegriffs zu erläutern.
Dazu wird unter 1.) zunächst aufgezeigt, weshalb sich überhaupt die Frage nach einer Beschaffenheitsvereinbarung stellt und warum das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit eine Sonderstellung gegenüber „normalen“ Sachmängeln hat.
Unter 2.) und 3.) wird die Rechtslage zur Beschaffenheitsvereinbarung näher erläutert und unter 4.) durch Beispiele verdeutlicht.
1. Beschaffenheitsvereinbarung: Warum sie wichtig ist
Im Praxisalltag sind es vor allem zwei Gründe, weshalb die Frage nach einer Beschaffenheitsvereinbarung rechtlich wichtig ist.
a) Grund 1: Haftung des Verkäufers
Viele Kaufverträge enthalten einen Ausschluss der Gewährleistung. Nach ständiger Rechtsprechung gilt ein allgemeiner Gewährleistungsausschluss jedoch nur für „normale“ Sachmängel, nicht aber für das Fehlen einer vereinbarten Beschaffenheit.
Ein Haftungsausschluss für Rechts- und Sachmängel wird von der Rechtsprechung also inhaltlich beschränkt, indem die Beschaffenheitsvereinbarung vom rechtlichen Anwendungsbereich des Haftungsausschlusses ausgeklammert wird. Gestützt wird dies darauf, dass die Beschaffenheitsvereinbarung für den Käufer andernfalls oft „ohne Sinn und Wert“ wäre.
- BGH, Urteil vom 27.09.2017, Az. VIII ZR 271/16.
- BGH, Urteil vom 10.04.2024, Az. VIII ZR 161/23.
Besonders wichtig ist die Frage nach einer Beschaffenheitsvereinbarung damit vor allem für Kaufverträge, bei denen typischerweise die Gewährleistung ausgeschlossen ist. Dies gilt vor allem bei Kaufverträgen über Bestandsimmobilien (Altbauten) und gebrauchte Sachen, vor allem beim Gebrauchtwagenkauf zwischen Privaten. Von diesen beiden Vertragsarten ist die Rechtsprechung stark geprägt.
Liegt eine Beschaffenheitsvereinbarung nicht vor, so haftet der Verkäufer nur sehr eingeschränkt. Im Falle eines Haftungsausschlusses ist der Käufer darauf angewiesen, eine arglistige Täuschung zu beweisen. Hierfür setzt das Gesetz hohe Anforderungen, die oft nicht bewiesen werden können.
Interessenlage in den Vertragsverhandlungen
Wegen dieser Rechtsfolgen der Beschaffenheitsvereinbarung haben die Vertragsparteien im Ansatz unterschiedliche Interessen.
Der Käufer hat ein Interesse daran, eine Vereinbarung über die Beschaffenheit möglichst großzügig zu verstehen, da dies für seine Gewährleistungsrechte nützlich ist.
Der Verkäufer will bei der Annahme einer Beschaffenheitsvereinbarung dagegen eher zurückhaltend sein, da sein Haftungsrisiko sonst stark erweitert wird.
b) Grund 2: Rücktritt vom Kaufvertrag
Eine weitere, etwas weniger starke Bedeutung hat die Beschaffenheitsvereinbarung für den Rücktritt vom Vertrag. Wegen eines Mangels darf der Käufer nur dann vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn der Sachmangel nicht unerheblich ist (§ 323 Abs. 5 S. 2 BGB).
Verfügt die Kaufsache nun nicht über die vereinbarte Beschaffenheit, so geht die Rechtsprechung davon aus, dass die Erheblichkeit indiziert wird. Die Erheblichkeit der Pflichtverletzung wird bei einer Beschaffenheitsvereinbarung also zum gesetzlichen Normalfall.
- BGH, Urteil vom 11.12.2019, Az. VIII ZR 361/18.
2. Beschaffenheitsvereinbarung: Voraussetzungen und Abgrenzung
Jede Beschaffenheitsvereinbarung besteht schon dem Begriff nach aus zwei Voraussetzungen: Erstens ist eine taugliche Beschaffenheit erforderlich und zweitens bedarf es einer Vereinbarung hierüber.
Beide Voraussetzungen klingen einfach, jedoch lauern hier teilweise große Schwierigkeiten.
a) Was ist eine „Beschaffenheit“?
Welche Eigenschaften als taugliche Beschaffenheit einer Sache anzusehen sind, ist vom Gesetz nicht vorgegeben. Das zum Jahr 2022 reformierte Kaufrecht nennt lediglich exemplarisch „Art, Menge, Qualität, Funktionalität, Kompatibilität, Interoperabilität und sonstige Merkmale der Sache, für die die Parteien Anforderungen vereinbart haben“ (§ 434 Abs. 2 S. 2 BGB).
Unproblematisch ist eine taugliche Beschaffenheit jedenfalls bei solchen Eigenschaften, die in der Sachsubstanz selbst wurzeln und mit dieser dauerhaft und unmittelbar verkörpert sind.
- So der enge Beschaffenheitsbegriff, z.B. OLG Hamm, Urteil vom 13.05.2003, Az. 28 U 150/02.
Vom Bundesgerichtshof wurde der Begriff der Beschaffenheit mit der Zeit mehr und mehr ausgedehnt. Nach dieser Rechtsprechung zählen zur tauglichen Beschaffenheit „alle Faktoren, die der Sache selbst anhaften, als auch alle Beziehungen der Sache zur Umwelt, die nach der Verkehrsauffassung Einfluss auf die Wertschätzung der Sache haben”.
- BGH, Urteil v. 15.6.2016, Az. VIII ZR 134/15.
Durch das Merkmal der Umweltbeziehungen können solche Eigenschaften zur Beschaffenheit einer Sache werden, die von der Sachsubstanz entkoppelt sind. Besonders deutlich zeigt sich dies an der Fallgruppe des bloßen Mangelverdachts. So kann nämlich schon der bloße Verdacht z.B. auf Altlasten einen Mangel darstellen, weil der Verdacht die Eigenschaft der Kaufsache betreffe (weitere Beispiele unter 4.)
Wichtig: Es ist weitgehend unklar, wo die Grenze zu ziehen ist, d.h. wo eine Eigenschaft keine hinreichende Beziehung zur Umwelt mehr hat und daher keine taugliche Beschaffenheit der Kaufsache sein kann. Die Rechtsprechung der letzten Jahre zeigt jedenfalls die Tendenz, einen weiten Begriff der Beschaffenheit anzunehmen. Es ist zu erwarten, dass sich dies fortsetzt und die Beschaffenheit einer Kaufsache „entmaterialisiert“ wird.
- Für ein weites Verständnis der Beschaffenheit spricht die Privatautonomie der Vertragsparteien. Was der Käufer und Verkäufer eigenverantwortlich als Eigenschaft ihrer Kaufsache ansehen wollen, sollte diesen überlassen bleiben.
Kritische Analyse der Rechtsprechung
Die unklaren Konturen des Beschaffenheitsbegriffs sorgen dafür, dass eine Zuordnung gerade in den Randbereichen schwierig ist. Die Folge ist eine erhebliche Rechtsunsicherheit durch kaum vorhersehbare Urteile.
Exemplarisch ist hier die uneinheitliche Rechtsprechung zur Vorgeschichte der Kaufsache:
Im Bereich des Kunsthandels zählt z.B. zur Eigenschaft eines Kunstwerks, dass dieses einer vorherigen Begutachtung durch einen Sachverständigen unterzogen wurde. Beim Verkauf einer Gewerbeimmobilie wurde einerseits der gute Ruf einer Gaststätte als taugliche Eigenschaft anerkannt. Eine anstößige Vornutzung eines Wohnhauses als bordellähnlichen Swinger-Club soll dagegen nicht die Eigenschaft der Immobilie betreffen können. Auch der Anschaffungspreis einer mitverkauften Küche im Rahmen eines Hauskaufs solle keine taugliche Eigenschaft sein.
- BGH, Urteil vom 28.06.1972, Az. VIII ZR 60/71 (Kunstwerk).
- BGH, Urteil vom 03.07.1992, Az. V ZR 97/91 (guter Ruf der Gaststätte).
- OLG Hamm, Urteil vom 20.01.2000, Az. 22 U 122/99 (Wohngebäude als ehemaliger Swinger-Club).
- OLG München, Urteil vom 09.10.2019, Az. 20 U 556/19 (Anschaffungspreis mitverkaufter Küche).
In allen vier Beispielen ist die jeweilige „Vorgeschichte“ ein wirtschaftlich bedeutender Faktor, der jedoch von der Sache selbst entkoppelt ist. Eine Gleichbehandlung – egal in welche Richtung – wäre aus Gründen der Rechtssicherheit wünschenswert.
Diese Unklarheiten ergeben sich auch deshalb, weil die Rechtsprechung das kaum greifbare Kriterium aufsetzt, dass die jeweilige Eigenschaft nach der Verkehrsauffassung Einfluss auf die Wertschätzung der Sache haben soll. Die subjektive Natur der Beschaffenheitsvereinbarung wird also durch eine objektive Schranke der Verkehrsauffassung flankiert.
In der Konsequenz ist der Ausgang eines Prozesses oft ungewiss, da es auf die Wertentscheidung der jeweiligen Richter ankommt. Dies erkennt auch der BGH, wenn er festhält: „Ob danach im Einzelfall eine Beschaffenheitsvereinbarung zu bejahen ist, ist eine Frage der in erster Linie dem Tatrichter obliegenden Vertragsauslegung.”
- BGH, Urteil vom 27.09.2017, Az. VIII ZR 271/16.
b) Wann ist eine Beschaffenheit „vereinbart“?
Wie das Wort Beschaffenheitsvereinbarung zeigt, ist zwingend eine Vereinbarung der Parteien über eine Beschaffenheit erforderlich.
Wegen der starken Ausweitung der Rechtsfolgen setzt die Rechtsprechung hier strenge Anforderungen und nimmt eine solche Vereinbarung nur in eindeutigen Fällen an.
- BGH, Urteil vom 10.11.2021, Az. VIII ZR 187/20.
Die Vereinbarung über eine Beschaffenheit setzt voraus,
„dass der Verkäufer in vertragsgemäß bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein einer Eigenschaft der Kaufsache übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Eigenschaft einzustehen“. BGH, Urteil vom 20.03.2019, Az. VIII ZR 213/18.
Für eine Beschaffenheitsvereinbarung ist es nicht erforderlich, dass sie ausdrücklich abgeschlossen wird. Vielmehr kann eine solche Vereinbarung auch konkludent zustande kommen (konkludent = stillschweigend), solange ein entsprechender Wille vorliegt.
Ohne den erforderlichen Rechtsbindungswillen des Verkäufers kann eine Beschaffenheitsvereinbarung nicht vorliegen. Die hierfür maßgeblichen Tatsachen muss der Käufer beweisen, da er die Beweislast trägt.
Wichtige Abgrenzungen
Oft scheitert die Annahme einer Beschaffenheitsvereinbarung an den strengen Voraussetzungen des Rechtsbindungswillens. Besonders praxisrelevant sind die folgenden Konstellationen:
1. Reine Wissenserklärung
In vielen Kaufverträgen gibt der Verkäufer bzgl. der Beschaffenheit keine Willenserklärung, sondern lediglich eine Wissenserklärung ab. Die Unterscheidung ist von enormer Bedeutung.
Jede Vereinbarung über eine Beschaffenheit setzt zwingend einen Rechtsbindungswillen voraus. Dieser fehlt aber, wenn der Verkäufer zu bestimmten Eigenschaften lediglich seinen aktuellen Wissensstand mitteilt.
Häufig anzutreffen ist dies etwa beim Autokauf, wenn das Auto als „unfallfrei laut Vorbesitzer“ veräußert wird. Der Verkäufer bringt mit solch distanzierenden Aussagen zum Ausdruck, dass er sich lediglich auf die Aussage eines Dritten bezieht und dass er für die Richtigkeit und das Vorliegen dieser Eigenschaft nicht einstehen will.
Auch beim Immobilienkauf liegt häufig eine reine Wissenserklärung vor, insbesondere wenn der Verkäufer erklärt, ihm seien „keine versteckten Mängel bekannt“. Der Verkäufer will hier nicht für die Einwandfreiheit einstehen, sondern teilt lediglich seinen aktuellen Kenntnisstand mit.
2. Werbende Floskeln und Leerformeln
In Vertragsverhandlungen und Verkaufsanzeigen wird die Kaufsache oft mit blumigen Worten beschrieben. Rein werbliche Anpreisungen („Top-Zustand”, „100% in Ordnung“, usw.) begründen keinen Rechtsbindungswillen. Es lässt sich hieraus also keine vereinbarte Beschaffenheit ableiten, wonach die Kaufsache frei von jeglichen Mängeln sein soll.
Dasselbe gilt, wenn eine Immobilie als „makellos“ beworben wird. Auch hier scheitert eine Beschaffenheitsvereinbarung daran, dass die Formulierung „deutlich zu allgemein und weit gefasst ist, um eine konkrete Beschaffenheit zu beschreiben und eine entsprechende Erwartung hervorzurufen“.
● OLG Frankfurt, Urteil vom 11.12.2024, Az. 16 U 133/22.
3. Besonderheiten beim Immobilienkauf
Wichtige Besonderheiten zur wirksamen Vereinbarung einer Beschaffenheit gelten beim Immobilienkauf. Der Abschluss eines Kaufvertrages über Immobilien bedarf der notariellen Beurkundung. Es handelt sich hierbei um eine zwingende Formvorschrift (§ 311b BGB).
Dies hat Auswirkungen auf das Zustandekommen einer Beschaffenheitsvereinbarung. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass eine Beschaffenheitsvereinbarung regelmäßig nur dann vorliegen kann, wenn die jeweilige Beschaffenheit in der Vertragsurkunde selbst vereinbart ist.
- BGH, Urteil vom 21.06.2024, Az. V ZR 79/23.
- BGH, Urteil vom 23.06.2023, Az. V ZR 89/22.
- BGH, Urteil vom 09.02.2018, Az. V ZR 274/16 („Zäsurwirkung“ der notariellen Beurkundung).
Bei Aussagen über Beschaffenheiten, die vor Abschluss des Kaufvertrages erfolgt sind, fehlt es nach der Rechtsprechung am erforderlichen Rechtsbindungswillen. Erklärungen über Eigenschaften, z.B. in einem Exposé, können also nur dann eine Beschaffenheitsvereinbarung begründen, wenn sie in den späteren Kaufvertrag aufgenommen werden.
Diese strengen Anforderungen an eine Beschaffenheitsvereinbarung bei Verträgen über Immobilien sind keineswegs selbstverständlich. Ältere Urteile haben einen Rechtsbindungswillen durchaus bejaht. Dem ist aber der Bundesgerichtshof mit einem Grundsatzurteil aus dem Jahr 2015 entgegengetreten:
Urteil
„Der Senat entscheidet die Rechtsfrage dahin, dass eine Beschreibung von Eigenschaften eines Grundstücks oder Gebäudes durch den Verkäufer vor Vertragsschluss, die in der notariellen Urkunde keinen Niederschlag findet, in aller Regel nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 I 1 BGB führt. Informationen über Eigenschaften der Kaufsache sind auch nach neuem Kaufrecht von den beurkundungsbedürftigen Vereinbarungen der Parteien zu unterscheiden […].
Diese Abgrenzung ist deshalb geboten, weil die Parteien bei einem beurkundungsbedürftigen Rechtsgeschäft alle Erklärungen in den Vertrag aufnehmen müssen, die eine Regelung enthalten, das heißt Rechtswirkungen erzeugen sollen […]. Dazu gehören die Vereinbarungen über die Beschaffenheit nach § 434 I 1 BGB. Sie konkretisieren die Verpflichtung des Verkäufers nach § 433 I 2 BGB, dem Käufer die Sache frei von Sachmängeln zu verschaffen, dahingehend, dass dieser – abweichend von den in § 434 I 2 BGB bestimmten allgemeinen Anforderungen – dem Käufer eine der individuell vereinbarten Beschaffenheit gemäße Sache schuldet […]. Dass die Parteien eine solche Bindung gewollt haben – selbst wenn in der Urkunde zu der Vereinbarung einer Beschaffenheit nichts aufgenommen wurde – ist vor dem Hintergrund des ihnen bekannten Beurkundungserfordernisses in aller Regel nicht anzunehmen.“
BGH, Urteil vom 06.11.2015, Az. V ZR 78/14.
4. Beispiele zu Kaufverträgen über Immobilien
In diesem Abschnitt werden einige Beispiele aufgezeigt, bei denen Gerichte jeweils über das Bestehen einer Beschaffenheitsvereinbarung zu entscheiden hatten.
Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden die Urteile grob nach ihren Themenfeldern sortiert.
Eigenschaften bzgl. der Sachsubstanz
Die Bezeichnung einer Immobilie als „asbestfrei“ kann eine Beschaffenheitsvereinbarung mit dem Inhalt darstellen, dass in dem veräußerten Wohnhaus kein Asbest enthalten sein darf.
- OLG Koblenz, Urteil vom 04.03.2015, Az. 5 U 1216/14.
Bei einem als „kernsaniert“ bezeichneten Haus soll als Beschaffenheit vereinbart sein, dass die „nach dem Stand der anerkannten Technik tauglichen Maßnahmen zum Feuchtigkeitsschutz“ ergriffen wurden.
- OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.10.2016, Az. 21 U 120/15 (Kernsanierung).
Baujahr eines Hauses oder einer Wohnung
Die Angabe des Baujahres im Kaufvertrag kann eine Beschaffenheitsvereinbarung darstellen. Eine Abweichung um zwei Jahre wurde als erheblicher Mangel angesehen.
- OLG Hamm, Urteil vom 2.3.2017, Az. 22 U 82/16 (Fertigstellung des Hauses 1995 statt 1997).
Wohnfläche und Grundstücksfläche
Die Angabe der Grundstücksgröße unter dem Abschnitt „Grundbuchstand“ im Kaufvertrag sei keine Beschaffenheitsvereinbarung. Die Angabe sei keine Vereinbarung über die tatsächliche Fläche, sondern beruhe auf § 28 S. 1 GBO und diene ausschließlich der Bestimmbarkeit der Immobilie.
- LG München I, Urteil vom 24.03.2023, Az. 31 O 9367/22.
- OLG Dresden, Urteil vom 25.10.2016, Az. 4 U 453/16.
Eine im Exposé genannte Wohnfläche, die sich nicht auch im notariellen Kaufvertrag findet, stellt in der Regel keine Vereinbarung über die Beschaffenheit der Immobilie dar.
- BGH, Urteil vom 06.11.2015, Az. V ZR 78/14.
Die Übergabe der Wohnflächenberechnung einer Eigentumswohnung wurde als bloße Wissenserklärung bewertet, nicht aber als Beschaffenheitsvereinbarung, wenn keine weiteren Umstände bzw. Erklärungen hinzukommen.
- OLG Saarbrücken, Urteil vom 28.08.2013, 1 U 377/12.
Eigenschaften bzgl. der Bewohnbarkeit
Wird die verkaufte Immobilie im Kaufvertrag als „Wohnung“ bezeichnet, soll damit nicht vereinbart sein, dass für die Eigentumswohnung eine wirksame Baugenehmigung besteht. Es handele sich „nur um eine übliche Bezeichnung für den Kaufgegenstand“.
- OLG Frankfurt a.M., Hinweisbeschluss vom 19.10.2023, Az. 6 U 210/22.
Als taugliche Eigenschaft eines Grundstücks kann konkludent vereinbart werden, „dass das Grundstück nicht in besonderem Maße von Fluglärm betroffen ist“. Dies wurde hier aber aus Beweisgründen verneint.
- OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.03.2015, Az. I-21 U 93/14 (Lage eines Grundstücks in der Einflugschneise eines Flughafens).
Die Veräußerung eines vermieteten Mehrfamilienhauses begründet die Vereinbarung, dass die Immobilie einen baulichen Zustand aufweist, der auch tatsächlich die Wohnnutzung ermöglicht. Hier war die Wohnnutzung wegen starker Durchfeuchtung unmöglich.
- OLG Saarbrücken, Urteil vom 22.06.2017, Az. 4 U 30/16.
Vermietung und Verpachtung
Bei einer als Mietobjekt verkauften Immobilie sollen die erzielten Mieterträge und die aufzuwendenden Betriebskosten zu den vereinbarten Eigenschaften gehören.
- BGH, Urteil vom 05.11.2010, Az. V ZR 228/09.
Eine Beschaffenheitsvereinbarung über die Höhe der Mieterträge wurde angenommen, wenn der notarielle Kaufvertrag als Anlage eine Mieterliste enthält, in welcher Angaben zur Miethöhe enthalten sind. Der Verkäufer wurde zur Haftung verurteilt, da die Nettomiete geringer war als angegeben.
- OLG Köln, Urteil vom 29.11.2018, Az. 3 U 24/18.
Nutzbarkeit der Immobilie
Die im Kaufvertrag enthaltene Vereinbarung, dass „alle Genehmigungen für den Hotelbetrieb vorliegen“, stellt eine Beschaffenheitsvereinbarung dar. Es muss daher eine wirksame Baugenehmigung vorliegen.
- OLG Dresden, Urteil vom 25.10.2016, Az. 4 U 453/16.
Bezeichnet der Kaufvertrag das verkaufte Grundstück als „Bauplatz“, soll dies keine Vereinbarung über die tatsächliche Bodenbeschaffenheit des Grundstücks enthalten.
- BGH, Urteil vom 18.12.1987, Az. V ZR 223/85.
Spricht das Exposé davon, dass das verkaufte Grundstück mit Pferdeboxen bebaut werden darf, so ist dies noch keine vereinbarte Beschaffenheit darüber, dass eine Baugenehmigung vorliegt. Erforderlich wäre, dass dies auch im Kaufvertrag selbst Erwähnung findet. Im vorliegenden Fall haftete der Verkäufer jedoch, weil er über die baurechtliche Zulässigkeit vorsätzlich getäuscht hat.
- BGH, Urteil vom 25.01.2019, Az. V ZR 38/18.
5. Fazit
Rechtsfragen rund um die Beschaffenheitsvereinbarung beim Kaufvertrag können überaus kompliziert werden. In vielen Bereichen ist die rechtliche Einschätzung von der Rechtsprechung und weniger vom Gesetzgeber geprägt.
Jedenfalls bei wirtschaftlich bedeutenden Angelegenheiten erscheint es daher ratsam, Beratung durch einen Rechtsanwalt einzuholen.
Besonders kostspielige Fallstricke lauern bei Kaufverträgen über Immobilien. Für Käufer und Verkäufer bedeutet dies, dass bei den Vertragsverhandlungen große Vorsicht geboten ist. Vor Unterzeichnung ist der notarielle Vertragsentwurf kritisch zu überprüfen.
- Käufer sollten darauf achten, dass alle wichtigen Informationen in den notariellen Vertrag aufgenommen werden. Insbesondere sollte man sich nicht allein auf die Angaben im Exposé verlassen.
- Verkäufer wiederum sollten beachten, dass sie durch unbedarfte Angaben im Kaufvertrag nicht ungewollt eine Beschaffenheit vereinbaren, für die der allgemeine Haftungsausschluss nicht greift.
© Rechtsanwalt C.D. Franz
Dieser Beitrag enthält keine Rechtsberatung und dient lediglich der allgemeinen Information.
Über den Autor
Rechtsanwalt Christian D. Franz ist Gründer und Inhaber der Kanzlei Franz. Die Kanzlei hat ihren Sitz zentral in Frankfurt am Main und damit im Herzen Deutschlands. Durch die verkehrsgünstige Anbindung an Autobahnen, den Zugverkehr und den Frankfurter Flughafen ist es der Kanzlei möglich, Mandanten im gesamten Bundesgebiet zu vertreten.
Das Immobilienrecht, Vertragsrecht sowie das Maklerrecht gehören seit der Gründung der Kanzlei im Jahr 2014 zu den wichtigsten Rechtsgebieten.
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