Altlasten: Welche Rechte haben Käufer, Verkäufer und Eigentümer?

Von Christian Franz, Rechtsanwalt für Immobilienrecht. Aktualisiert am

Themen: Altlasten | Schädliche Bodenverunreinigungen | Sanierung | Haftung und Gewährleistung

Altlasten und Bodenveränderungen - Rechte von Käufern und Verkäufern

Notarieller Kaufvertrag und Altlasten

Kernpunkte auf einen Blick

„Altlasten“ und „schädliche Bodenveränderungen“ haben eine unterschiedliche Bedeutung.

Die Behörde hat ein Auswahlermessen. Eine Sanierung muss nicht zwingend allein dem Verursacher auferlegt werden.

Ein vereinbarter Haftungsausschluss gilt nicht bei arglistiger Täuschung oder vereinbarter Beschaffenheit.

Der gesetzliche Ausgleichsanspruch zwischen mehreren Verantwortlichen ist vom Haftungsausschluss im Kaufvertrag nicht automatisch umfasst.

Einleitung

Altlasten und schädliche Bodenveränderungen können bei Kaufverträgen über Immobilien eine wichtige Rolle spielen. Maßnahmen zur Erkundung und Beseitigung von Altlasten verursachen schnell hohe Kosten.

Je nachdem, ob eine Altlast bei Vertragsabschluss bekannt oder unbekannt war, ergeben sich für die Vertragsparteien unterschiedliche Fragen.

  • Ist eine Altlast oder Bodenveränderung erst nach Abschluss des Kaufvertrages bekannt geworden, wird vor allem der Käufer an möglichen Ansprüchen gegen den Verkäufer interessiert sein. Mehr dazu unter IV.
  • Häufig kommt es aber natürlich vor, dass die Altlastenproblematik bereits vor Abschluss des Kaufvertrages bekannt war. In solchen Fällen wird es für Verkäufer und Käufer darum gehen, einen angemessenen Interessenausgleich im Kaufvertrag zu regeln. Mehr dazu unter V.

Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über die wichtigsten Rechte und Pflichten von Käufern, Verkäufern sowie aktuellen und ehemaligen Eigentümern. Dabei wird zunächst erläutert, was Altlasten überhaupt sind und wen sie betreffen.

I. Was sind Altlasten?

1. Begriff der Altlast

Unter einer „Altlast“ wird im allgemeinen Sprachgebrauch jede Art von Verunreinigung des Grundstücks und Erdreichs mit Schadstoffen verstanden. Dieses Verständnis ist jedoch unrichtig!

Im Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG) unterscheidet der Gesetzgeber zwischen schädlichen Bodenveränderungen und Altlasten.

Eine schädliche Bodenveränderung definiert § 2 Abs. 3 BBodSchG wie folgt:

„Schädliche Bodenveränderungen im Sinne dieses Gesetzes sind Beeinträchtigungen der Bodenfunktionen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit herbeizuführen.“

Und auch Altlasten werden vom Gesetzgeber in § 2 Abs. 4 BBodSchG definiert:

„Altlasten im Sinne dieses Gesetzes sind
1. stillgelegte Abfallbeseitigungsanlagen sowie sonstige Grundstücke, auf denen Abfälle behandelt, gelagert oder abgelagert worden sind (Altablagerungen), und
2. Grundstücke stillgelegter Anlagen und sonstige Grundstücke, auf denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen worden ist, ausgenommen Anlagen, deren Stillegung einer Genehmigung nach dem Atomgesetz bedarf (Altstandorte),
durch die schädliche Bodenveränderungen oder sonstige Gefahren für den einzelnen oder die Allgemeinheit hervorgerufen werden.“

Der Begriff der Altlast hat somit einen ganz bestimmten, nämlich den vom Gesetzgeber definierten Inhalt.

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Hinweis zur Vertragsgestaltung

Das Interesse der Vertragsparteien wird oft darin bestehen, nicht lediglich die Haftung für Altlasten zu regeln, sondern für alle Schadstoffe auf dem Grundstück, in Gebäuden und mitverkauften beweglichen Sachen. Dazu können auch schädliche Bodenverunreinigungen gehören, die nicht unter den Begriff der Altlasten fallen, und natürlich auch Belastungen, die vom BBodSchG überhaupt nicht erfasst werden (z.B. Grundwasser, Kampfmittel usw.).

Zu beachten ist insoweit vor allem § 3 BBodSchG. Darin findet sich ein ausführlicher Katalog für Fälle, in denen das BBodSchG auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten keine Anwendung findet.

Im Rahmen der Vertragsgestaltung sollte daher unbedingt darauf geachtet werden, den Begriff der Altlast im Kaufvertrag genau zu definieren, wenn die Parteien ein „weites Verständnis“ zugrunde legen. Es sollte also ausdrücklich geregelt werden, dass Altlasten – abweichend vom Gesetzgeber – gerade auch schädliche Bodenveränderungen, Grundwasserverunreinigungen, Umweltschäden, Kampfmittel etc. umfassen, sofern dies dem Willen der Parteien entspricht.

Wird im Kaufvertrag dagegen nur von Altlasten gesprochen, ist Streit vorprogrammiert, wenn später andere Belastungen auftreten, die keine Altlasten im engeren Sinne des BBodSchG sind.

2. Beispiele zu Altlasten und schädlichen Bodenveränderungen

Der Begriff der Altlasten wird hier in einem weiteren Sinne gebraucht und erfasst auch schädliche Bodenveränderungen und sonstige Belastungen des Grundstücks und vorhandener Gebäude.

Belastungen des Bodens sind beispielsweise bei folgenden Stoffen gegeben:

  • Anorganische Stoffe: Schwermetalle, Halbmetalle, Salze (Chlorid, Nitrat), Cyanide, Schwefeldioxid, usw.
  • Organische Stoffe: Kohlenwasserstoffe verschiedenster Art, Trichlorethen, Benzole, PAK, Teeröl, PCB, FCKW, Chlorphenole, Dioxine, Pestizide, etc.

Hinsichtlich der Bausubstanz von Gebäuden sind u.a. folgende Stoffe zu beachten:

  • Asbest, gewisse Holzschutzmittel (PCB, Lindan, PAK, usw.), Quecksilber (z.B. in Leuchtstoffröhren), Blei (z.B. in alten Wasserleitungen und Rohren), etc.

3. Statistik zu Altlasten

Nach der offiziellen Statistik des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2023 gab es bundesweit allein mehr als 350.000 Flächen mit einem Verdacht auf Altlasten.

Altlasten nach Bundesländern 2023

Quelle: Umweltbundesamt.

Rechnet man die Flächen und Grundstücke hinzu, die nach dem engen Verständnis des Gesetzgebers nicht als Altlast gelten, wäre die Zahl betroffener Grundstücke noch wesentlich größer.

Wie man der Statistik entnehmen kann, sind Flächen mit Altlasten bzw. Altlastenverdacht nicht gleichmäßig über Deutschland verteilt. Es stechen vor allem Bundesländer mit starker industrieller Bodennutzung hervor.

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Hinweis für Käufer und Verkäufer

Gerade in besonders betroffenen Bundesländern sollten Käufer und Verkäufer gründlich überlegen, ob und wie sie die Frage von Altlasten (im weiten Sinne) im Kaufvertrag regeln wollen. Ein „Schweigen“ des Kaufvertrages könnte andernfalls später sehr teuer werden.

II. Wer haftet für die Sanierung von Altlasten?

1. Grundlage der Sanierungspflicht

Der Gesetzgeber ordnet bei Altlasten und schädlichen Bodenveränderungen eine umfassende Pflicht zur Sanierung des Grundstücks an. Geregelt ist dies im Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG).

Die zuständige Behörde kann Anordnungen treffen, um die Sanierungspflicht zwangsweise durchzusetzen. Sofern die Anordnung nicht befolgt wird, darf die Behörde alle erforderlichen Maßnahmen selbst ausführen. Die Kosten hat dabei der jeweilige Verantwortliche zu tragen.

Nach den allgemeinen Grundsätzen des Ordnungsrechts wäre zunächst derjenige für Sanierungsmaßnahmen verantwortlich, der die Altlast bzw. Bodenveränderung verursacht hat. Das Gesetz geht über eine reine Haftung des Verursachers aber weit hinaus! Neben dem Verursacher haften nämlich auch dessen Gesamtrechtsnachfolger (z.B. Erben), der Eigentümer sowie der bloße Besitzer.

Geregelt ist dies in § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG:

„Der Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast sowie dessen Gesamtrechtsnachfolger, der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück sind verpflichtet, den Boden und Altlasten sowie durch schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten verursachte Verunreinigungen von Gewässern so zu sanieren, daß dauerhaft keine Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen.“

2. Verursacher und sein Gesamtrechtsnachfolger

Dass der Verursacher einer Altlast oder Bodenveränderungen auch für deren Sanierung und Beseitigung verantwortlich ist, ist selbsterklärend. Eine solche Verantwortlichkeit beruht auf dem allgemeinen Verursacherprinzip.

Ebenfalls recht unproblematisch ist die Verantwortlichkeit des Gesamtrechtsnachfolgers des Verursachers (z.B. Erben oder Erbengemeinschaft). Die Zuständigkeit für eine Sanierung von Altlasten beruht auf dem allgemein anerkannten Prinzip, dass öffentlich-rechtliche Pflichten auf den Gesamtrechtsnachfolger übergehen.

Die Rechtsprechung beschränkt die Haftung von Erben jedoch auf die erste Erbengeneration. Die Erben des Erben haften demnach nicht mehr.

» OLG München, Urteil vom 01.04.2021, Az. 24 U 7001/19.

3. Aktueller Eigentümer

Auch der aktuelle Eigentümer des Grundstücks ist zur Sanierung von Altlasten verpflichtet. Erfasst sind damit insbesondere Käufer.

Sobald der Käufer wirksam Eigentum an dem Grundstück erworben hat, ist er zur Sanierung verpflichtet. Maßgeblich ist hierbei meist der Zeitpunkt der Eintragung in das Grundbuch.

Der Eigentümer ist sog. „Zustandsstörer“. Die Verantwortlichkeit des Eigentümers ist deshalb unabhängig von der Frage der Verursachung. Auch wenn der Eigentümer die Altlast bzw. Bodenveränderung überhaupt nicht verursacht hat, haftet er allein aufgrund seiner rechtlichen Beziehung zur Sache.

4. Inhaber der tatsächlichen Gewalt

Als Zustandsstörer sieht das Gesetz auch den Inhaber der tatsächlichen Gewalt über das Grundstück an. Dies sind z.B. Mieter, Pächter oder Inhaber eines Nießbrauchs, daneben aber auch Käufer zwischen Übergabe und Eintragung in das Grundbuch.

5. Ehemaliger Eigentümer

Im oben zitierten § 4 Abs. 3 BBodSchG ist nur die Haftung des aktuellen Eigentümers genannt. Dies richtet sich vor allem nach dem Grundbuch.

Seit der Gesetzesänderung aus dem Jahr 1999 haftet daneben aber auch der frühere Eigentümer für Sanierungen (§ 4 Abs. 6 BBodSchG). Es besteht damit insbesondere eine Verantwortlichkeit für alle Eigentümer, die ihr Grundstück wirksam verkauft haben.

Wichtig: Die Haftung des ehemaligen Eigentümers ist allerdings eingeschränkt. Erforderlich ist es, dass der Verkauf nach dem 01.03.1999 erfolgte und dass dem früheren Eigentümer die Altlast bekannt war bzw. wegen grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist. Bei Gutgläubigkeit kann eine Haftung sogar ausgeschlossen sein.

Hierzu bestimmt § 4 Abs. 6 BBodSchG:

„Der frühere Eigentümer eines Grundstücks ist zur Sanierung verpflichtet, wenn er sein Eigentum nach dem 1. März 1999 übertragen hat und die schädliche Bodenveränderung oder Altlast hierbei kannte oder kennen mußte. Dies gilt für denjenigen nicht, der beim Erwerb des Grundstücks darauf vertraut hat, daß schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten nicht vorhanden sind, und sein Vertrauen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles schutzwürdig ist.“

Da diese Haftung theoretisch unendlich weit in die Zukunft reicht, spricht man hier von einer „Ewigkeitshaftung“.

Tipp für Verkäufer: Schutzwürdiges Vertrauen schaffen!

Um in den Genuss der Haftungsfreistellung nach § 4 Abs. 6 Satz 2 BBodSchG zu kommen, kann es für den Verkäufer sinnvoll sein, vor dem Verkauf Aufklärungsmaßnahmen durchzuführen. Zu denken ist insbesondere an ein (entlastendes) Gutachten.

Sollten später dennoch Altlasten bekannt werden, könnte sich der Verkäufer als früherer Eigentümer darauf berufen, diese gutgläubig nicht gekannt zu haben.

III. Wozu und wen darf die Behörde verpflichten?

Der Umfang der notwendigen Sanierungsmaßnahmen ist von der Nutzung des Grundstücks abhängig. So kann ein mit Wohnhäusern bebautes Grundstück andere Maßnahmen erfordern als eine unbebaute Gewerbefläche. Entscheidend sind insbesondere auch die Art der Belastung sowie die Lage des Grundstücks.

Bei der Auswahl des Sanierungspflichtigen hat die Behörde ein weitgehend freies Ermessen.

Die Behörde ist insbesondere nicht an die oben zitierte Reihenfolge gebunden, in welcher der Gesetzgeber die Verantwortlichen nennt. Es besteht also keine Verpflichtung der Behörde, vorrangig den Verursacher und erst nachrangig die bloßen Zustandsstörer in Anspruch zu nehmen.

Maßgeblich für die Behörde ist der Gesichtspunkt der Effizienz und Effektivität. Wer nach Einschätzung der Behörde am ehesten in der Lage ist, Untersuchungen und Sanierungen durchzuführen, darf dazu verpflichtet werden.

Diese ständige Rechtsprechung fasst das Verwaltungsgericht Weimar wie folgt zusammen:

Urteil

„Auch wenn in der Gesetzesbegründung des Regierungsentwurfs zu § 4 Abs. 3 BBodSchG ausgeführt wird, dass die dort festgelegte Reihenfolge der Störer zugleich eine Rangfolge für die behördliche Inanspruchnahme bestimme (BT-Drs. 13/6701, S. 35), ist in der Rechtsprechung bereits geklärt, dass ein gesetzlich angeordnetes Rangverhältnis nicht besteht. Maßgeblich für die behördliche Auswahlentscheidung ist allein die Effektivität der Maßnahme zur Beseitigung der schädlichen Bodenveränderung. Die Behörde hat daher grundsätzlich den heranzuziehen, der am ehesten in der Lage ist, die Gefahr schnell und wirkungsvoll zu bekämpfen […]. Entgegen des beklagtenseitigen Vorbringens kann daher nicht ohne Ausübung eines Auswahlermessens von einer alleinigen Inanspruchnahme des Verursachers ausgegangen werden.“

VG Weimar, Urteil vom 06.01.2022, Az. 7 K 578/17 We.

Ausgleich unter mehreren Verantwortlichen im Innenverhältnis

Die „Abwälzung“ der Kosten auf den tatsächlichen Verursacher erfolgt dann im Innenverhältnis zwischen dem Verursacher und dem von der Behörde verpflichteten Zustandsstörer.

Näheres zu diesem Innenverhältnis erfahren Sie sogleich.

IV. Welche Rechte haben Käufer und Eigentümer?

Bei Altlasten und sonstigen schädlichen Bodenveränderungen können dem Käufer eine Reihe möglicher zivilrechtlicher Ansprüche gegen den Verkäufer zustehen.

1. Anfechtung des Kaufvertrages

Ein wichtiges Recht im Zusammenhang mit Altlasten ist das Anfechtungsrecht. Nach der Rechtsprechung trifft den Verkäufer eine umfassende Offenbarungs- und Aufklärungspflicht über das Vorhandensein von Altlasten. Eine Aufklärungspflicht des Verkäufers besteht bereits dann, wenn ein bloßer Altlastenverdacht besteht.

Über Altlasten und einen Altlastenverdacht muss der Verkäufer den Käufer ungefragt aufklären. Unterlässt er dies, liegt arglistige Täuschung vor (§ 123 BGB).

Die arglistige Täuschung berechtigt den Käufer zur Anfechtung des Kaufvertrages. Die Anfechtungsfrist beträgt ein Jahr ab Kenntnis der Täuschung (§ 124 BGB). Im Streitfall muss der Käufer jedoch beweisen, dass der Verkäufer die Altlast arglistig verschwiegen hat.

Rechtsfolge: Durch die Anfechtung wird der Kaufvertrag rückabgewickelt. Der Käufer kann daher den Kaufpreis nebst Zinsen zurückverlangen. Im Gegenzug ist der Käufer verpflichtet, das Grundstück zurückzugeben und die Auflassung zu erklären.

Urteil

„Verschweigt der Verkäufer eine ihm bekannte frühere Nutzung des Grundstücks, die einen Altlastenverdacht begründet, so handelt er objektiv arglistig i.S.v. § 444 BGB. Bezogen auf den subjektiven Tatbestand der Arglist hält der Verkäufer einen Sachmangel mindestens für möglich, wenn er die frühere Nutzung des Grundstücks kannte und es zumindest für möglich hielt, dass diese einen Altlastenverdacht begründet. Auch insoweit müssen keine konkreten – dem Verkäufer bekannten – Tatsachen hinzutreten, die den Altlastenverdacht erhärten. So kommt es etwa bei einer früheren Nutzung als Deponie oder wilde Müllkippe nicht darauf an, ob der Verkäufer Kenntnis von den konkret dort hingelangten Materialien und Schadstoffen hatte […].“

BGH, Urteil vom 14.11.2017, Az. V ZR 250/15.

2. Gewährleistung

Altlasten und schädliche Bodenveränderungen stellen einen Sachmangel dar. Hierfür gilt das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht, so wie für andere Mängel auch.

Zu beachten ist allerdings, dass in Kaufverträgen über Immobilien nahezu immer ein Ausschluss der Gewährleistung vereinbart wird. Bei den meisten Altlasten kann daher der Käufer im Normalfall keine Gewährleistungsrechte geltend machen.

  • Der Haftungsausschluss im Kaufvertrag wird sich in aller Regel auch auf Altlasten und schädliche Bodenveränderungen beziehen, auch wenn diese nicht ausdrücklich genannt sind.

Wichtige Ausnahme (1): Der Käufer kann seine Gewährleistungsrechte geltend machen, wenn der Verkäufer über die Altlast oder den Altlastenverdacht arglistig getäuscht hat. Der Gewährleistungsausschluss spielt dann keine Rolle! Bei arglistiger Täuschung kann sich der Verkäufer niemals auf einen Ausschluss der Gewährleistung berufen (§ 444 BGB).

  • Bei einer arglistigen Täuschung stehen das Anfechtungsrecht und die Gewährleistungsrechte eigenständig nebeneinander.

Wichtige Ausnahme (2): Dasselbe gilt, falls im Kaufvertrag eine Beschaffenheitsvereinbarung enthalten ist. Auch diese geht dem Haftungsausschluss vor.

Ist der vertragliche Haftungsausschluss nicht anwendbar (wegen Arglist oder einer einschlägigen Beschaffenheitsvereinbarung), stehen dem Käufer die gesetzlichen Gewährleistungsrechte offen:

  • Mängelbeseitigung (sog. Nachbesserung), d.h. Sanierung des Grundstücks durch Beseitigung der Bodenverunreinigungen.
  • Minderung des Kaufpreises.
  • Rücktritt vom Kaufvertrag.
  • Schadensersatz.

3. Gesetzlicher Ausgleichsanspruch

Oft wird der Käufer als aktueller Eigentümer von der zuständigen Behörde zur Sanierung des Grundstücks verpflichtet. In diesem Fall besteht die Möglichkeit, gegen den Verkäufer einen Ausgleichsanspruch geltend zu machen.

Dieser gesetzliche Ausgleichsanspruch ist in § 24 Abs. 2 BBodSchG geregelt. Darin heißt es:

„Mehrere Verpflichtete haben unabhängig von ihrer Heranziehung untereinander einen Ausgleichsanspruch. Soweit nichts anderes vereinbart wird, hängt die Verpflichtung zum Ausgleich sowie der Umfang des zu leistenden Ausgleichs davon ab, inwieweit die Gefahr oder der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist“.

Wie oben dargestellt, gehört grundsätzlich auch der Verkäufer als ehemaliger Eigentümer zum Kreis der Verantwortlichen für eine Altlast. Ist der Verkäufer sogar Verursacher der Altlast, gilt dies erst recht.

Die Höhe des Ausgleichsanspruchs ist stets vom Einzelfall abhängig. Entscheidend ist vor allem, ob im Kaufvertrag vorrangige Regelungen getroffen wurden.

Der Ausgleichsanspruch verjährt innerhalb von 3 Jahren (§ 24 II BBodSchG). Die Verjährung beginnt jedoch erst mit Abschluss der Sanierungsmaßnahmen. Wurde die Sanierung durch die Behörde durchgeführt, beginnt die Verjährung mit dem Zugang des Kostenbescheides.

Tipp: Aufgrund dieser Verjährungsregel kann ein Ausgleichsanspruch auch dann noch bestehen, wenn der Kaufvertrag schon viele Jahre zurückliegt!

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Achtung beim Haftungsausschluss

Der Kaufvertrag wird regelmäßig einen Gewährleistungsausschluss enthalten. Hierdurch wird der gesetzliche Ausgleichsanspruch nicht automatisch ausgeschlossen!

Vielmehr ist eine „ergänzende Vertragsauslegung“ vorzunehmen, wenn der Kaufvertrag den gesetzlichen Ausgleichsanspruch nicht ausdrücklich regelt.

Nach einer „ergänzenden Vertragsauslegung“ ist der Ausgleichsanspruch zum Beispiel ausgeschlossen, wenn dem Käufer wegen der Altlast ein Preisnachlass gewährt wurde.

V. Vorgehen vor dem Vertragsschluss

1. Informieren, informieren, informieren!

Vor allem dem Käufer ist dringend anzuraten, sich vor Abschluss des Kaufvertrages über das Vorhandensein von Altlasten zu informieren.

Zunächst sollte hierzu die Historie des Grundstücks in Erfahrung gebracht werden. Je nach Nutzung des Grundstücks in der Vergangenheit kann sich hieraus bereits ein Altlastenverdacht ergeben. Die Rechtsprechung geht daher zu Recht davon aus, dass der Verkäufer hierüber ungefragt aufklären muss.

Sinnvoll ist daneben ein Blick in das Bodenschutz- und Altlastenkataster. Geführt wird dieses Kataster bei den Umweltämtern der Länder oder auch bei den Kommunen.

  • Bei der zuständigen Behörde ist dazu eine Auskunft für das konkrete Flurstück oder Grundstück zu beantragen.

Denkbar ist auch, bereits vor Abschluss des Kaufvertrages konkrete Bodenuntersuchungen durch einen Sachverständigen in Auftrag zu geben. Über die Kosten des Gutachtens sollten sich Verkäufer und Käufer vorab einigen (z.B. hälftige Teilung).

  • Wichtig: Auch für den Verkäufer kann die Untersuchung des Grundstücks von großem Vorteil sein, da er dadurch ggf. von seiner Ewigkeitshaftung nach § 4 Abs. 6 BBodSchG befreit wird (siehe oben).

2. Vertragsgestaltung

Bei einem völlig unverdächtigen Grundstück ist es in der Regel nicht erforderlich, spezielle Altlastenklauseln in den Kaufvertrag aufzunehmen. Hier genügt meist der übliche Ausschluss der Gewährleistung.

Besteht dagegen ein Altlastenverdacht oder sind konkrete Altlasten bekannt, muss zwischen dem Verkäufer und Käufer ein Interessenausgleich ausgehandelt werden.

Denkbar ist zum Beispiel, dass der Verkäufer gegenüber dem Käufer eine vertragliche Sanierungspflicht übernimmt. Hierfür gibt es eine Vielzahl von vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten, die auch miteinander kombiniert werden können.

» Der Verkäufer kann sich z.B. zu ganz konkreten Maßnahmen oder zur Einhaltung bestimmter Ziele verpflichten.

» Die Zahlung des Kaufpreises wird dann idealerweise von der Durchführung der Sanierung abhängig gemacht. Dazu ist die Fälligkeit im Kaufvertrag entsprechend zu regeln.

Alternativ oder ergänzend können die Parteien auch ein vertragliches Rücktrittsrecht vereinbaren, welches zeitlich befristet und an konkrete Tatbestände geknüpft ist.

  • Möglich ist es z.B., dass dem Käufer ein Recht zur Untersuchung des Grundstücks eingeräumt wird. Je nach Ergebnis kann der Käufer dann sein Rücktrittsrecht ausüben und vom Kaufvertrag zurücktreten.

Besonders wichtig ist daneben eine Regelung zum gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 24 BBodSchG. Während die Pflichten gegenüber der zuständigen Behörde nicht abdingbar sind, kann der Ausgleichsanspruch zwischen den Vertragsparteien ausgeschlossen werden.

» Im Kaufvertrag sollten Käufer und Verkäufer ausdrücklich regeln, ob und in welcher Höhe ein Ausgleich möglich sein soll.

» Denkbar ist z.B. ein vollständiger Ausschluss oder eine betragsmäßige Begrenzung des Anspruchs.

VI. Fazit

Altlasten und schädliche Bodenveränderungen sind eine sehr komplexe Materie. Insbesondere das Zusammenspiel von Zivilrecht und öffentlichem Recht erfordert eine sorgfältige Prüfung der Rechtslage.

Befinden sich die Parteien noch in Vertragsverhandlungen, ist der Vertragsgestaltung besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Im Zweifelsfall sollte ein auf Immobilienrecht spezialisierter Rechtsanwalt hinzugezogen werden. Falls Sie einen Kaufvertrag prüfen lassen wollen, helfen wir Ihnen gerne.

FAQ
Häufige Fragen zu Altlasten und schädlichen Bodenveränderungen

Altlasten und schädliche Bodenverunreinigungen: Was ist was?

Beide Begriffe haben eine unterschiedliche Bedeutung:

Nach der gesetzlichen Legaldefinition ist der Begriff „Altlasten“ relativ eng: Erfasst werden vor allem stillgelegte Abfallbeseitigungsanlagen sowie Grundstücke, auf denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen wurde und von denen Gefahren für den Boden ausgehen oder ausgehen können.

„Schädliche Bodenveränderungen“ sind Beeinträchtigungen der Bodenfunktionen, die Gefahren oder erhebliche Nachteile verursachen können. Dieser Begriff ist damit deutlich weiter.

Im Kaufvertrag sollte klar und abschließend geregelt werden, welche Belastungen erfasst sind (z. B. Altlasten i. S. d. Gesetzes, schädliche Bodenveränderungen, ggf. auch Gebäudeschadstoffe wie Asbest oder Grundwasserverunreinigungen) und wer Untersuchungs-, Sanierungs- und Kostentragungspflichten übernimmt.

Wer muss für die Sanierung des Grundstücks aufkommen?

Verantwortlich sein können u.a. der Verursacher (und sein Gesamtrechtsnachfolger), der aktuelle Eigentümer (Zustandsstörer), der Inhaber der tatsächlichen Gewalt (z.B. Mieter oder Pächter) und unter Bedingungen auch frühere Eigentümer.

Muss die Behörde zuerst den Verursacher verpflichten?

Die Behörde hat Auswahlermessen und kann denjenigen verpflichten, der die Gefahr am effektivsten beseitigen kann. Dies kann insbesondere auch der aktuelle Eigentümer sein, der die Altlast nicht verursacht hat.

Was ist der „gesetzliche Ausgleichsanspruch“ nach § 24 BBodSchG?

Mehrere Verpflichtete (z.B. Verursacher, Eigentümer, Voreigentümer) gleichen untereinander die Kosten nach Verursachungsanteilen aus.

Hat der Käufer Rechte gegen den Verkäufer?

Liegt aufgrund von Altlasten ein Sachmangel vor, können die gesetzlichen Gewährleistungsrechte geltend gemacht werden:

  • Nacherfüllung (z. B. Sanierung oder Kostenübernahme);
  • Rücktritt vom Kaufvertrag;
  • Minderung des Kaufpreises;
  • Schadensersatz und ggf. Aufwendungsersatz.

In Immobilienkaufverträgen wird die Haftung für Sachmängel jedoch häufig ausgeschlossen. Ansprüche gegen den Verkäufer bestehen in diesem Fall nur, wenn er den Mangel arglistig verschwiegen hat oder eine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen wurde.

Neben den Gewährleistungsrechten kommt eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung in Betracht. Die Frist zur Erklärung beträgt ein Jahr ab Kenntnis.

Wird der Käufer als neuer Eigentümer zur Sanierung herangezogen, können Ausgleichsansprüche nach § 24 BBodSchG gegen weitere Verantwortliche (z.B. Verursacher, Voreigentümer) bestehen.

© Rechtsanwalt C.D. Franz

Dieser Beitrag enthält keine Rechtsberatung und dient lediglich der allgemeinen Information.

Über den Autor

Anwalt für Immobilienrecht in Frankfurt

Rechtsanwalt Christian D. Franz ist Gründer und Inhaber der Kanzlei Franz. Die Kanzlei hat ihren Sitz zentral in Frankfurt am Main und damit im Herzen Deutschlands. Durch die verkehrsgünstige Anbindung an Autobahnen, den Zugverkehr und den Frankfurter Flughafen ist es der Kanzlei möglich, Mandanten im gesamten Bundesgebiet zu vertreten.

Das Immobilienrecht, Vertragsrecht sowie das Maklerrecht gehören seit der Gründung der Kanzlei im Jahr 2014 zu den wichtigsten Rechtsgebieten.

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