Verwirkung der Maklerprovision:
Voraussetzungen, Folgen, Beispiele
Themen: Provision & Courtage | Pflichtverletzung | Verwirkung | § 654 BGB

Verwirkung von Provision und Courtage
Kernpunkte auf einen Blick
Eine Verwirkung der Maklerprovision führt dazu, dass der Makler seinen Anspruch auf Vergütung verliert. Bereits erhaltene Zahlungen müssen erstattet werden.
Im Bereich der Immobilienvermittlung ist eine Doppeltätigkeit des Maklers allgemein üblich und nur ausnahmsweise unzulässig.
Der Maklerkunde trägt die Beweislast für alle Tatsachen, die eine Verwirkung begründen können. Ein Schaden muss dagegen nicht vorliegen.
Pflichtverletzungen des Maklers führen nur dann zu einer Verwirkung der Provision, wenn ein schwerwiegender Verstoß vorliegt.
Inhaltsverzeichnis (bitte anklicken)
Einleitung
Makler sind regelmäßig an Entscheidungen von erheblicher finanzieller Tragweite beteiligt. Vertrauen, Unabhängigkeit und Transparenz bilden hierfür das maßgebliche Fundament.
Das Gesetz knüpft mit § 654 BGB an dieses Vertrauensverhältnis an: Begeht der Makler ein treuwidriges Verhalten, verwirkt er seinen Anspruch auf Provision.
Die Norm schützt damit das Leitbild des „unparteiischen, neutralen und ehrlichen Maklers“. Zugleich hat § 654 BGB einen Strafcharakter. Der Makler soll bei schwerwiegenden Pflichtverstößen mit dem Verlust seiner Provision bestraft werden.
In diesem Beitrag werden die wichtigsten Punkte zur Verwirkung zusammengefasst.
1. Verwirkung bei verbotener Doppeltätigkeit
Der unmittelbare Anwendungsbereich von § 654 BGB beschränkt sich auf Fälle der unzulässigen Doppeltätigkeit des Maklers. Im Wortlaut heißt es:
„Der Anspruch auf den Maklerlohn und den Ersatz von Aufwendungen ist ausgeschlossen, wenn der Makler dem Inhalt des Vertrags zuwider auch für den anderen Teil tätig gewesen ist.“ (§ 654 BGB)
Wichtig: Im Immobilienbereich ist die Doppeltätigkeit des Maklers gängige Praxis. Das Gesetz verbietet eine gleichzeitige Tätigkeit für die Käufer- und Verkäuferseite nicht schlechthin, sondern nur die vertragswidrige Doppelbindung. Dies ist seit langem gefestigte Rechtsprechung.
- BGH, Urteil vom 25.10.1967, Az. VIII ZR 215/66.
- VerfGH München, Entscheidung vom 13.03.2024, Az. Vf. 37-VI-20.
Zulässig ist die Doppeltätigkeit des Immobilienmaklers, wenn die Beteiligten über die Doppelbeziehung informiert sind. Die Offenlegung dient dem Schutz des berechtigten Vertrauens beider Parteien und ist Grundlage der Pflichten zur Sachlichkeit und Fairness.
Problematisch ist eine Doppeltätigkeit allerdings dort, wo der Makler für beide Seiten als Vermittlungsmakler tätig wird. „Vermittlung“ bedeutet nicht nur das Herstellen des Kontakts, sondern das aktive Einwirken auf die Willensentschließung der Parteien. Dies geschieht durch Verhandlungen, Beratungen oder sonstige gezielte Förderungen der Abschlussbereitschaft des Käufers oder Verkäufers.
In dieser Rolle entsteht eine verschärfte Interessenkollision, weil der Vermittlungsmakler typischerweise die Lage einer Partei einseitig fördert. Der Makler kann hier sachlogisch kaum neutral sein.
Verletzt der Makler hier seine Pflichten, weil er nicht als „ehrlicher Makler“ agiert, besteht für ihn das ernste Risiko einer Verwirkung der Provision.
- BGH, Urteil vom 11. 11. 1999, Az. III ZR 160/98.
Zusammenfassung
Auf den Gebrauchtwagenkauf lassen sich die nachfolgenden Ausführungen nur eingeschränkt übertragen. Dies liegt insbesondere daran, dass beim Erwerb gebrauchter Fahrzeuge andere Lieferbedingungen vereinbart werden und Besonderheiten des Neuwagengeschäfts regelmäßig keine Rolle spielen.
2. Verwirkung bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen
Die Rechtsprechung hat früh erkannt, dass § 654 BGB über seinen unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus einen allgemeinen Rechtsgedanken zum Ausdruck bringt: Schwerwiegende, schuldhafte Pflichtverletzungen machen den Makler „lohnunwürdig“.
Seine größte praktische Bedeutung hat § 654 BGB heute in diesem erweiterten Anwendungsbereich.
Da § 654 einen Strafcharakter hat, kommt eine analoge Anwendung aber nicht schon bei jeder Pflichtverletzung des Maklers in Betracht. Erforderlich ist ein gesteigertes Verschulden.
In den Worten der Rechtsprechung:
OLG Hamm, Urteil vom 11.01.2024, Az. 18 U 123/21.
Urteil
„Eine Verwirkung des Provisionsanspruchs entsprechend § 654 BGB kommt in Betracht, wenn der Makler unter Verletzung wesentlicher Vertragspflichten den Interessen seines Auftraggebers in erheblicher Weise zuwidergehandelt hat. Da die Verwirkung Strafcharakter hat, lässt nicht jede objektiv erhebliche Pflichtverletzung des Maklers und damit auch nicht jedes Informations- und Beratungsverschulden den Provisionsanspruch entfallen, vielmehr ist in erster Linie subjektiv eine schwerwiegende Treuepflichtverletzung zu fordern; der Makler muss sich seines Lohnes „unwürdig“ erwiesen haben. Das ist erst dann der Fall, wenn er seine Treuepflicht vorsätzlich, wenn nicht gar arglistig, mindestens aber in einer dem Vorsatz nahekommenden grob leichtfertigen Weise verletzt hat (…).“
OLG Hamm, Urteil vom 11.01.2024, Az. 18 U 123/21.
3. Rechtsfolgen und Beweislast
Liegt eine verbotene Doppeltätigkeit des Maklers vor oder begeht er eine schwerwiegende Pflichtverletzung, verwirkt er seinen Anspruch auf Provision (Courtage) und Aufwendungsersatz.
- Wurde die Provision bzw. der Aufwendungsersatz noch nicht gezahlt, kann der Maklerkunde die Zahlung verweigern.
- Sofern eine Zahlung bereits erfolgt ist, besteht ein Anspruch auf Rückzahlung.
Eine Verwirkung setzt dabei nicht voraus, dass dem Maklerkunden ein Schaden entstanden ist.
- OLG München, Beschluss vom 29.08.2019, Az. 5 U 3296/19.
Wichtig: Wer sich auf die Verwirkung der Maklerprovision beruft, trägt die Beweislast. Dies wird in aller Regel der Verkäufer oder Käufer sein, der die Provision abwehren oder zurückverlangen will.
4. Beispiele aus der Rechtsprechung
In diesem Abschnitt finden Sie eine kurze Übersicht von Gerichtsurteilen zur Frage der Verwirkung.
a) Verwirkung bejaht
Verwirkung wegen verschwiegener Feuchtigkeit
Der Käufer verklagte den Makler erfolgreich auf Rückzahlung der Provision. Der Anspruch auf Provision war verwirkt, weil der Makler vorsätzlich Feuchtigkeitsmängel verschwiegen hatte.
LG Oldenburg, Urteil vom 23.05.2025, Az. 13 O 2561/24.
Eingriff in die Preisverhandlungen
Bei Doppeltätigkeit gilt eine strenge Unparteilichkeit. Der für den Käufer und Verkäufer tätige Makler darf in die Preisverhandlungen nicht eingreifen und nicht einseitig zum Preis beraten.
OLG Hamm, Urteil vom 09.08.2021, Az. 18 U 42/20.
Gutachten mit Mängelliste zurückgehalten
Grund der Verwirkung: Der Makler leitete ein ihm bekanntes Wertgutachten, das zahlreiche Mängel des Objekts dokumentiert, vorsätzlich nicht an seinen Vertragspartner weiter.
OLG Naumburg, Urteil vom 21.08.2011, Az. 9 U 84/01.
Fehlende Baugenehmigung verschwiegen
Verschweigt der Makler bewusst das Fehlen einer Baugenehmigung zu Wohnzwecken, geht dies mit einer Verwirkung der Vergütung einher.
LG Berlin, Urteil vom 23.09.2004, Az. 5 O 412/03.
Informationen über Sanierungsbedarf vorenthalten
Sachverhalt: Der Makler übernimmt die Informationen des Verkäufers über ein angeblich saniertes Dach in sein Exposé, obwohl ihm selbst auffällt, dass es nur notdürftig repariert wurde und weiterer Sanierungsbedarf besteht. Nach Auffassung des Gerichts war dies eine schwerwiegende Pflichtverletzung, die zur Verwirkung der Courtage führte.
OLG Celle, Urteil vom 06.02.2003, Az. 11 U 170/02.
Falsche Angaben zur Bebaubarkeit
Der Makler hat den Käufern die Bebaubarkeit im vereinfachten Bauanzeigeverfahren mitgeteilt, ohne die dafür vorausgesetzte Erschließung zu prüfen und dies trotz späterer Kenntnis nicht korrigiert. Hieraus folgt eine schwerwiegende Treuepflichtverletzung.
AG Neukölln, Urteil vom 10.01.2007, Az. 19 C 289/06.
Makler setzt Käufer unter Druck
Ein Makler hat seinen Kunden (Käufer) während des Fluges zum Notartermin unter Druck gesetzt. Obwohl der Kunde sich bereits zum Kauf der Immobilie entschlossen hatte, forderte der Makler von ihm eine deutlich höhere Provision. Der Makler drohte, die Immobilie selbst zu kaufen, falls der Kunde nicht auf die Forderung eingehen sollte.
BGH, Urteil vom 13.03.1985, Az. IVa ZR 222/83.
b) Verwirkung verneint
Falsche Angaben zum Mieterlös
Der Käufer hat ein Mietobjekt erworben. Zuvor hatte der Makler im Exposé fehlerhafte Angaben zum Mieterlös gemacht: „ca. 30.000 € netto“ statt korrekt nur 25.200,00 €.
Ein subjektiv gravierendes Fehlverhalten wurde jedoch nicht bewiesen. Zudem erhielt der Käufer vor der Beurkundung Kopien der Mietverträge und ein Hausverwalter-Stammdatenblatt, aus denen die maßgeblichen Mieten hervorgingen. Der Käufer hätte diese vor Vertragsschluss prüfen können.
KG Berlin, 01.03.2012, Az. 10 U 144/11.
Falsches Baujahr angeführt
Nicht jede Falschinformation führt zur Verwirkung. Hier hatte der Makler im Exposé fehlerhaft über das Baujahr informiert. Anhaltspunkte für eine vorsätzliche oder zumindest grob leichtfertige Pflichtverletzung bestanden hier aber nicht.
OLG München, Endurteil vom 14.04.2021, Az. 27 U 6526/20.
Exposé mit Fehlern zur Baugenehmigung
Der Makler hat im Verkaufsexposé die rechtliche Lage zur Baugenehmigung falsch dargestellt. Insbesondere bestand tatsächlich keine Genehmigung, den ausgebauten Spitzboden zu Wohnzwecken zu nutzen.
Das Gericht verneinte aber eine vorsätzliche oder grob leichtfertige Pflichtverletzung. Damit sei die hohe Schwelle des § 654 BGB für eine Verwirkung und „Lohnunwürdigkeit“ nicht erreicht.
OLG Hamm, Urteil vom 24.09.2020, Az. 18 U 18/19.
Unterlassener Hinweis auf Hochwassergebiet
Der Käufer hat dem Makler vorgeworfen, nicht darüber aufgeklärt worden zu sein, dass das erworbene Haus in einem Gebiet mit Hochwasserrisiko liegt.
Das Landgericht sieht allerdings den Provisionsanspruch als gegeben und verneint Verwirkung eine Verwirkung, da keine Pflichtverletzung vorlag. „Wer ein Grundstück in einer bestimmten Lage erwirbt, hat selbst dafür zu sorgen, dass er über die Eigenarten der Lage informiert ist.“
LG München II, Urteil vom 29.03.2022, Az. 12 O 2538/21.
Absichtliche Verzögerung nicht bewiesen
Das Landgericht verneint eine Verwirkung des Provisionsanspruchs, weil keine schwerwiegende Treuepflichtverletzung festgestellt werden konnte. Der auf Zahlung verklagte Käufer scheiterte an der Beweislast: „Die Annahme der Beklagten, der Mitarbeiter der Klägerin habe den Kaufvertragsschluss ‘hintertreiben’ wollen, um seine Provision zu retten, ist bloße Spekulation und durch nichts belegt.“
LG Wuppertal, Urteil vom 15.08.2023, Az. 4 O 376/22.
Fazit
Für Makler, Käufer und Verkäufer ist die Verwirkung des Provisionsanspruchs ein schwieriges Thema. Die Rechtsprechung ist hier maßgeblich durch Einzelfälle geprägt, sodass der Ausgang eines Verfahrens meist nicht sicher eingeschätzt werden kann.
Klar ist aber: Wer als Makler sauber informiert, neutral bleibt und gesicherte Fakten kommuniziert, wird seine Provision behalten. Wer hingegen täuscht, verschweigt oder sich einseitig positioniert, riskiert den Totalverlust der Provision.
© Rechtsanwalt C.D. Franz
Dieser Beitrag enthält keine Rechtsberatung und dient lediglich der allgemeinen Information.
Über den Autor
Rechtsanwalt Christian D. Franz ist Gründer und Inhaber der Kanzlei Franz. Die Kanzlei hat ihren Sitz zentral in Frankfurt am Main und damit im Herzen Deutschlands. Durch die verkehrsgünstige Anbindung an Autobahnen, den Zugverkehr und den Frankfurter Flughafen ist es der Kanzlei möglich, Mandanten im gesamten Bundesgebiet zu vertreten.
Das Immobilienrecht, Vertragsrecht sowie das Maklerrecht gehören seit der Gründung der Kanzlei im Jahr 2014 zu den wichtigsten Rechtsgebieten.
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