„Gekauft wie gesehen“ beim Autokauf:
Was bedeutet die Vereinbarung?

Alleinauftrag Makler

Einleitung

Die Vereinbarung „gekauft wie gesehen“ ist die am häufigsten verwendete Klausel beim Kauf eines Gebrauchtwagens. Die Bedeutung dieser Vereinbarung wird jedoch häufig missverstanden. Sehr oft führen diese Missverständnisse dann zu einem Verfahren vor Gericht.

Üblich sind auch die Formulierungen „gekauft wie besichtigt“, „gekauft wie besehen“, „gekauft wie probegefahren“ oder ähnliche Alternativen. Rechtlich gibt es hier keinen Unterschied!

1. „Gekauft wie gesehen“ unzulässig bei Kauf vom Händler

Bei Kaufverträgen zwischen einem Verbraucher und einem gewerblichen Verkäufer ist die Klausel „gekauft wie gesehen“ schon seit langem unüblich. Durch eine Gesetzesänderung im Jahr 2022 werden solche Klauseln bei gewerblichen Verkäufern in Zukunft kaum noch zum Einsatz kommen.

⚠ Wichtig: Das Gesetz sieht in § 476 Abs. 1 BGB ein weitgehendes Verbot abweichender Vereinbarungen vor. Gewerbliche Verkäufer dürfen keine Vereinbarungen treffen, durch die die Rechte des Verbrauchers bei Sachmängeln ausgeschlossen oder beschränkt werden.

Die Klausel „Gekauft wie gesehen“ darf daher allenfalls dann verwendet werden, wenn kein Verbrauchsgüterkauf vorliegt, d.h. kein Verkauf vom Händler an einen Verbraucher. Dies betrifft insbesondere folgende Konstellationen des Autokaufs:

  • Am wichtigsten ist der reine Privatverkauf, also ein Kaufvertrag zwischen zwei Verbrauchern.
  • Denkbar ist die Anwendung der Klausel „gekauft wie besichtigt“ daneben aber auch beim Verkauf zwischen Unternehmen sowie beim Verkauf an Händler.

2. Bedeutung der Klausel „gekauft wie gesehen“

a) Regelfall: Kein genereller Ausschluss der Gewährleistung

Der mit Abstand wichtigste Anwendungsfall der Klausel „gekauft wie gesehen“ besteht beim Fahrzeugkauf zwischen zwei Privatpersonen.

⚠ Wichtig: Bei der Klausel „gekauft wie gesehen“ handelt es sich in aller Regel nicht um einen vollständigen Ausschluss der Gewährleistung!

Wird ein Fahrzeug „gekauft wie gesehen“, so ist lediglich die Gewährleistung für offensichtliche Mängel ausgeschlossen. Der Verkäufer haftet also nicht für Mängel, die ein durchschnittlicher Käufer bei einer ordnungsgemäßen Untersuchung des Fahrzeugs ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen erkennen kann. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Käufer das Fahrzeug tatsächlich auf offensichtliche Mängel untersucht hat.

Versteckte Mängel werden dagegen von der Vereinbarung „gekauft wie gesehen“ nicht erfasst. Ein versteckter Mangel liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn ein durchschnittlicher Käufer den Mangel bei eigener Untersuchung nicht erkennen kann.

Rechtsfolge: Bei einem versteckten Mangel am Auto kann sich der Käufer auf sämtliche Gewährleistungsrechte berufen, da ein genereller Gewährleistungsausschluss nicht ausdrücklich vereinbart wurde!

b) Ausnahme: Genereller Haftungsausschluss

Ob die Klausel „gekauft wie gesehen“ tatsächlich nur die Haftung für offensichtliche Mängel ausschließen soll, ist durch Auslegung des Vertrages zu ermitteln. Dabei sind der übrige Vertragsinhalt und der Wille der Parteien zu berücksichtigen.

Eine solche Auslegung führt nicht immer zu eindeutigen Ergebnissen. Die Gerichte vertreten hier teilweise unterschiedliche Auffassungen oder ändern ihre Rechtsprechung im Laufe der Jahre. Die folgenden Beispiele sollen dies verdeutlichen:

1. Handschriftlicher Zusatz im ADAC-Formular:

Immer wieder kommt es vor, dass die Vertragsparteien Musterverträge verwenden, z.B. das ADAC-Vertragsformular oder Formulare von „mobile.de“. In diesen Musterverträgen für den reinen Privatkauf ist in der Regel standardmäßig ein vollständiger Gewährleistungsausschluss vorgesehen.

Wird nun aber handschriftlich „gekauft wie gesehen“ in den Vertrag eingetragen, stellt sich die Frage, was gelten soll: Ein vollständiger Haftungsausschluss und nur eine Beschränkung auf offensichtliche Mängel?

Das OLG Karlsruhe hat den handschriftlichen Zusatz „gekauft wie gesehen und wie probegefahren“ nicht als vollständigen Haftungsausschluss gewertet. Ausgeschlossen sei die Gewährleistung nur für offensichtliche Mängel, die bei einer Besichtigung und bei einer Probefahrt für den Käufer erkennbar seien.

Der Bundesgerichtshof hat dem widersprochen. Nach Auffassung des BGH ist der gesamte Vertrag so zu verstehen, dass trotz der Klausel „gekauft wie gesehen“ ein vollständiger Haftungsausschluss von den Parteien gewollt war.

2. „Gekauft wie besichtigt und unter Ausschluss jeder Gewährleistung“:

Die Klausel „gekauft wie besichtigt und unter Ausschluss jeder Gewährleistung“ erscheint schon auf den ersten Blick widersprüchlich. Die Formulierung „gekauft wie gesehen“ deutet auf einen nur eingeschränkten Haftungsausschluss hin. Die weitere Formulierung „unter Ausschluss jeder Gewährleistung“ spricht dagegen für einen umfassenden Haftungsausschluss.

Wie also ist diese Klausel zu verstehen?

Die ältere Rechtsprechung ist teilweise davon ausgegangen, dass die Klausel wegen der aufgezeigten Widersprüchlichkeit unwirksam sei.

Auch hier sieht der BGH die Sache anders. Danach ist die Klausel „gekauft wie besichtigt und unter Ausschluss jeder Gewährleistung“ als umfassender Haftungsausschluss für alle Mängel zu verstehen. Von den Beteiligten im Gebrauchtwagenhandel werde die Klausel nämlich in diesem Sinne verstanden.

● BGH, Urteil vom 06.07.2005, Az. VIII ZR 136/04.

2. Beispiele für offensichtliche und verdeckte Mängel am Fahrzeug

Wenn durch die Klausel „gekauft wie gesehen“ eine Haftungsbeschränkung für offensichtliche vorliegt, muss eine Abgrenzung zu versteckten Mängeln erfolgen.

Offensichtliche Mängel liegen beispielsweise in folgenden Fällen vor:

  • Kratzer, Schrammen, Beulen, Dellen am Blech oder an der Stoßstange.
  • Sprünge und Risse in der Windschutzscheibe oder den Fenstern.
  • Defekte Klimaanlage oder Heizung bei Gebrauchtwagen.
  • Von außen sichtbarer Rost.
  • etc.

Versteckte Mängel, die nicht unter die Klausel „gekauft wie gesehen“ fallen, sind dagegen in folgenden Beispielen gegeben:

  • Falscher Kilometerstand auf dem Tacho.
  • Das Auto erweist sich erst bei einer Untersuchung durch einen Sachverständigen als Unfallfahrzeug.
  • Defekte Zylinderkopfdichtung, die bei Abschluss des Kaufvertrages nicht erkennabar war.
  • Zu hoher Ölverbrauch oder Benzinverbrauch.
  • usw.

3. Welche Gewährleistungsrechte hat der Käufer?

a) Ansprüche bei versteckten Mängeln

Ist die Haftung des Verkäufers auf versteckte Mängel des Fahrzeugs beschränkt, so sind die Gewährleistungsrechte des Käufers an zwei Voraussetzungen geknüpft.

Zum einen muss tatsächlich ein versteckter Mangel vorliegen. Zum anderen muss dieser Mangel bereits bei Übergabe des Fahrzeugs vorhanden gewesen sein.

Liegt ein versteckter Mangel am Fahrzeug vor und lässt sich dieser beweisen, kann der Käufer folgende Gewährleistungsrechte gegen den Verkäufer geltend machen:

» Nachbesserung oder Neulieferung („Nacherfüllung“): Das Gesetz gibt dem Käufer die freie Wahl. Zum einen kann er vom Verkäufer verlangen, dass der Mangel am Auto beseitigt wird. Voraussetzung ist natürlich, dass eine Reparatur auch tatsächlich möglich ist. Zum anderen kann der Käufer aber auch verlangen, dass ihm der Verkäufer ein vergleichbares Fahrzeug als Ersatz liefert. Gerade bei Gebrauchtwagen kommt eine Ersatzlieferung in der Regel aber nur in Betracht, wenn das Baujahr nicht zu alt ist und das Fahrzeug von einem Händler gekauft wurde.

» Rücktritt: Durch den Rücktritt wird der gesamte Kaufvertrag rückabgewickelt. Der Verkäufer muss den Kaufpreis zurückzahlen und der Käufer das Auto zurückgeben

» Minderung: Der Käufer kann den Kaufpreis angemessen herabsetzen. Der Minderungsbetrag muss dann vom Verkäufer an den Käufer zurückgezahlt werden.

» Schadensersatz: Der Käufer kann mangelbedingte Schäden vom Verkäufer erstattet verlangen. Je nach Berechnung kann Schadenersatz alternativ oder zusätzlich mit den zuvor genannten Ansprüchen geltend gemacht werden.

Weitere Infos: Sie möchten genauer wissen, welche Voraussetzungen die Gewährleistungsrechte haben? Mehr erfahren Sie im Beitrag zur Gewährleistung beim Kaufvertrag.

b) Rechte bei offensichtlichen Mängeln

Bei offensichtlichen Mängeln sind Ansprüche des Käufers dagegen ausgeschlossen. Die Verwendung der Klausel „gekauft wie gesehen“ hat hier zur Folge, dass der Verkäufer keine Haftung für solche Mängel am Fahrzeug übernehmen muss.

4. Wer muss was beweisen?

Der Käufer trägt die Beweislast für das Bestehen eines Mangels an seinem Auto. Die Beweislast erstreckt sich sowohl auf den Mangel selbst als auch darauf, dass der Mangel bereits zum Zeitpunkt der Übergabe vorhanden war.

Im Streitfall muss der Käufer also mögliche Beweise vorlegen. Dies kann zum Beispiel durch ein Sachverständigengutachten geschehen.

Ausnahmen von dieser Beweisregel gelten, wenn ein Verbraucher von einem Händler kauft (Verbrauchsgüterkauf). Diese Ausnahmen können hier aber vernachlässigt werden, da die Klausel „gekauft wie gesehen“ in solchen Fällen unzulässig und unwirksam ist.

5. Fazit

Käufer und Verkäufer sollten idealerweise schon vor Abschluss des Kaufvertrages genau überlegen, wie sie die Haftungsfrage regeln wollen. Die Klausel „gekauft wie gesehen“ wird bei Verträgen unter Laien zwar häufig verwendet, führt aber leider immer wieder zu Missverständnissen und Konflikten.

Gerade bei Verträgen mit hohen Kaufpreisen ist es daher sinnvoll, den Kaufvertrag von einem Rechtsanwalt überprüfen zu lassen.

© Rechtsanwalt C.D. Franz

Der Beitrag dient lediglich der allg. Information, ist nicht abschließend und wird nicht fortlaufend aktualisiert. Eine Rechtsberatung findet hierdurch nicht statt.

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Rechtsanwalt Christian D. Franz ist Gründer und Inhaber der Kanzlei Franz. Die Kanzlei hat ihren Sitz in Frankfurt am Main und damit im Herzen Deutschlands. Durch die günstige Anbindung an Autobahnen, den Schienenverkehr und den Frankfurter Flughafen ist es der Kanzlei möglich, Mandanten im gesamten Bundesgebiet zu vertreten. Das Vertragsrecht gehört dabei zu den wichtigsten Rechtsgebieten.

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Christian D. Franz, Rechtsanwalt

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