Widerrufsrecht beim Maklervertrag:
Was müssen Käufer, Verkäufer und Makler beachten?
Inhaltsverzeichnis (bitte anklicken)
Übersicht
1. Maklerverträge sind widerrufbar!
2. Persönliche Voraussetzungen: Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher
3. Sachliche Voraussetzung: Maklervertrag als „Fernabsatzvertrag” oder „Haustürgeschäft”
a) Maklervertrag als “Fernabsatzvertrag” (§ 312c BGB)
b) Maklervertrag als „Haustürgeschäft” (§ 312b BGB)
4. Zeitliche Voraussetzung: Einhaltung der Widerrufsfrist
a) Bei korrekter Belehrung: Widerrufsfrist von 14 Tagen
b) Bei falscher oder fehlender Belehrung: Widerrufsfrist von 1 Jahr und 14 Tagen
5. Kein Erlöschen des Widerrufsrechts
6. Unwirksamkeit des Widerrufs wegen Treuwidrigkeit?
7. Welche Formvorschriften gelten für den Widerruf?
8. Muss ein Widerruf begründet werden?
9. Welche Rechtsfolgen hat der Widerruf?
a) Unwirksamkeit des Maklervertrages
b) Anspruch des Maklers auf Wertersatz?
10. Checkliste: Widerruf des Maklervertrags
1. Maklerverträge sind widerrufbar!
Bereits seit dem 13. Juni 2014 gelten europaweit einheitlche Vorschriften zum Widerrufsrecht.
Die bis dahin geltenden Regeln hat der Gesetzgeber umfassend erneuert. Nach alter Rechtslage war es in der Rechtsprechung überaus umstritten, ob Käufer und Verkäufer einen Maklervertrag widerrufen können.
Einige Gerichte haben das Widerrufsrecht bejaht, andere haben es verneint.
» Bejahend: Landgericht Bochum, Urteil vom 09.03.2012, Az. I-2 0 498/11.
» Ablehnend: Landgericht Hamburg, Urteil vom 03.05.2012, Az. 307 0 42/12.
Durch die Gesetzesänderung wurde diese Rechtsunsicherheit beseitigt. Maklerverträge können widerrufen werden!
Beim deutschen Verbraucherrecht handelt es sich um die Umsetzung der europäischen Verbraucherrechterichtlinie (2011/83/EU). In deren Begründung heißt es:
„Dienstleistungsverträge (…) wie auch Verträge über Dienstleistungen von Immobilienmaklern (…) sollten unter diese Richtlinie fallen.“
Das Widerrufsrecht besteht allerdings nicht bei jedem Maklervertrag.
Wann ein Maklervertrag durch Käufer und Verkäufer widerrufen werden kann und welche Voraussetzungen für den Widerruf vorliegen müssen, erfahren Sie in diesem Beitrag.
2. Persönliche Voraussetzungen: Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher
Das gesetzliche Widerrufsrecht setzt zwingend voraus, dass der Makler als Unternehmer handelt und den Maklervertrag mit einem Verbraucher abschließt. Ist der Auftraggeber dagegen ebenfalls Unternehmer, so ist das Widerrufsrecht von vornherein ausgeschlossen.
Ob eine Person Verbraucher oder Unternehmer ist, hängt vor allem vom Zweck des beabsichtigten Kaufs bzw. Verkaufs ab.
» Nach der gesetzlichen Regelung ist eine Person dann Verbraucher, wenn mit dem Vertrag überwiegend private Zwecke verfolgt werden (§ 13 BGB). Dagegen ist man Unternehmer, wenn der Vertrag zur gewerblichen Tätigkeit gehört (§ 14 BGB).
Die Abgrenzung zwischen Verbraucher und Unternehmer kann teilweise etwas schwieriger sein. Vor allem wenn der Käufer eine Immobilie zum Vermieten erwerben möchte, muss die Verbrauchereigenschaft gründlich überprüft werden.
» Wichtig: Es ist keinswegs von vornherein ausgeschlossen, dass ein Käufer auch dann Verbraucher ist, wenn die zu vermittelnde Immobilie als Geldanlage bzw. Altersvorsorge dienen soll.
» Hinweis: Mehr Informationen zur Unterscheidung zwischen Unternehmer und Verbraucher erhalten Sie im Beitrag „Verbraucher oder Unternehmer: Wann ist man was?“.
Keine Rolle spielt es, ob es sich bei dem Kunden des Maklers um einen Käufer oder Verkäufer handelt. Sowohl Käufer als auch Verkäufer können einen Maklervertrag widerrufen, wenn sie als Verbraucher handeln.
3. Sachliche Voraussetzung: Maklervertrag als „Fernabsatzvertrag” oder „Haustürgeschäft”
Nicht jeder Maklervertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher löst das gesetzliche Widerrufsrecht aus. Erforderlich ist vielmehr, dass der Maklervertrag auf eine spezielle Art zustande kommt.
Zu unterscheiden ist hier zwischen „Fernabsatzverträgen” und „Haustürgeschäften”.
a) Maklervertrag als “Fernabsatzvertrag” (§ 312c BGB)
Bei sog. Fernabsatzgeschäften räumt der Gesetzgeber dem Verbraucher ein Widerrufsrecht ein. Was ein Fernabsatzgeschäft ist, verrät § 312c BGB.
Danach liegt ein Fernabsatzgeschäft vor, wenn für die Verhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwendet werden.
Entscheidend ist, dass zwischen dem Makler und dem Auftraggeber kein unmittelbarer Kontakt besteht („Kein Handschlag“). Ein Fernabsatzvertrag liegt daher insbesondere vor, wenn der Maklervertrag durch folgende Kommunikationsmittel zustande kommt:
- Email.
- Kontaktformular im Internet.
- Telefon.
- Postalischer Briefverkehr.
- WhatsApp.
- SMS.
- Fax.
Wird nach einem Kontakt per Email oder Telefon ein persönliches Treffen in den Geschäftsräumen des Maklers vereinbart und erst dort der Maklervertrag geschlossen, so liegt kein Fernabsatzvertrag vor.
Sehr wichtig: Für Maklerverträge über Eigentumswohnungen oder Einfamilienhäuser sieht das Gesetz vor, dass der Vertrag in Textform abgeschlossen werden muss (§ 656a BGB). Mündliche Verträge können seit dem 23.12.2020 daher nicht mehr wirksam abgeschlossen werden!
b) Maklervertrag als „Haustürgeschäft” (§ 312b BGB)
Auch bei „Haustürgeschäften” haben Verbraucher das Recht, den Maklervertrag zu widerrufen. Die Voraussetzungen des Haustürgeschäfts sind in § 312b BGB geregelt.
Ein Haustürgeschäft liegt insbesondere dann vor, wenn der Maklervertrag an einem Ort geschlossen wird, der kein Geschäftsraum des Maklers ist.
- Abschluss des Maklervertrages durch den Käufer bei einer Wohnungsbesichtigung.
- Abschluss des Maklervertrages durch den Verkäufer bei diesem daheim.
4. Zeitliche Voraussetzung: Einhaltung der Widerrufsfrist
Der Widerruf des Maklervertrages ist nur dann wirksam, wenn er fristgerecht erklärt wurde. Im Rechtsalltag ist dies eine der wichtigsten Fragen zum Widerrufsrecht.
Das Gesetz unterscheidet zwei unterschiedlich lange Fristen für den Widerruf.
a) Bei korrekter Belehrung: Widerrufsfrist von 14 Tagen
Falls hinsichtlich des Maklervertrages ein Widerrufsrecht besteht, beträgt die Widerrufsfrist in der Regel zwei Wochen. Die Frist beginnt mit dem Vertragsschluss (§ 356 Abs. 2 Nr. 2 BGB).
Wurde der Kunde dagegen erst nach Vertragsschluss über das Widrerufsrecht informiert, so beginnt die Widerrufsfrist zum Zeitpunkt der Belehrung (§ 356 Abs. 3 BGB).
» Tipp: Für die Fristwahrung ist die Abgabe der Widerrufserklärung entscheidend. Daher liegt ein fristgerechter Widerruf auch dann vor, wenn die Widerrufserklärung innerhalb der Frist erfolgt ist, aber erst nach deren Ablauf zugeht.
b) Bei falscher oder fehlender Belehrung: Widerrufsfrist von 1 Jahr und 14 Tagen
Die kurze Widerrufsfrist von 14 Tagen gilt nur dann, wenn der Verbraucher über sein Widerrufsrecht ordnungsgemäß belehrt worden ist. Verletzt der Makler seine Informationspflichten, so hat dies gravierende Folgen:
Ohne korrekte Belehrung und Aufklärung über das Widerrufsrecht beträgt die Widerrufsfrist insgesamt 12 Monate und 14 Tage (§ 356 Abs. 3 BGB). Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
Wichtig: Der Rechtsalltag zeigt, dass die von Maklern verwendeten Widerrufsbelehrungen sehr häufig fehlerhaft sind. Besonders verbreitet sind Fehler bezüglich der Art und Weise wie der Widerruf zu erfolgen hat sowie Belehrungen zum Wertersatz. Immer wieder fehlt eine Widerrufsbelehrung sogar komplett.
Für den Inhalt der Widerrufsbelehrung stellt das Bundesministerium für Verbraucherschutz Musterbelehrungen zur Verfügung. Zwar besteht keine Pflicht, diese Belehrungen zu benutzen. Bei Abweichungen von der Musterbelehrung besteht für den Makler jedoch die Gefahr, dass die Widerrufsbelehrung fehlerhaft und daher ungültig ist.
5. Kein Erlöschen des Widerrufsrechts
Weitere Voraussetzung für einen wirksamen Widerruf des Maklervertrages ist, dass das Widerrufsrecht nicht erloschen ist.
Für das Erlöschen des Widerrufsrecht hat der Gesetzgeber eine sprachlich wenig geglückte Regelung gefunden:
„Das Widerrufsrecht erlischt bei einem Vertrag zur Erbringung von Dienstleistungen auch dann, wenn der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht hat und mit der Ausführung der Dienstleistung erst begonnen hat, nachdem der Verbraucher dazu seine ausdrückliche Zustimmung gegeben hat und gleichzeitig seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert. Bei einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag muss die Zustimmung des Verbrauchers auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt werden.“ (§ 356 Abs. 4 BGB)
In chronologischer Ordnung ist ein Verlust des Widerrufsrechts danach an folgende Voraussetzungen geknüpft:
1. Ausdrückliche Zustimmung des Maklerkunden zur Leistung des Maklers.
2. Bestätigung des Maklerkunden, dass er sein Widerrufsrecht verliert.
3. Beginn der Tätigkeit des Maklers.
4. Vollständige Leistungserbringung durch den Makler.
Sehr wichtig: Der Verlust des Widerrufsrecht hat eine weitere, uneingeschriebene Voraussetzung. Notwendig ist immer, dass eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung vorliegt. Ohne korrekte Widerrufsbelehrung ist ein Erlöschen des Widerrufsrechts nicht möglich!
6. Unwirksamkeit des Widerrufs wegen Treuwidrigkeit?
Sofern alle Voraussetzungen für den Widerruf eines Maklervertrages vorliegen, ist ein erklärter Widerruf in aller Regel wirksam.
Als letzter Rettungsanker wird von Maklern gelegentlich behauptet, der Widerruf sei treuwidrig und daher unwirksam.
Tatsächlich kann ein Widerruf in wenigen Sonderfällen unwirksam sein, wenn ein Verstoß gegen Treu und Glauben vorliegt. Die Rechtsprechung nimmt dies beispielsweise an, falls der Widerruf mit einer schikanösen Absicht erklärt wurde.
Wichtig: Wenn sich ein Makler auf eine Treuwidrigkeit des Widerrufs beruft, muss er dies auch beweisen! Die bloße Behauptung genügt hierfür nicht. In der Praxis liegt ein Verstoß gegen Treu und Glauben daher kaum jemals vor.
7. Welche Formvorschriften gelten für den Widerruf?
Bis Juni 2014 war vorgesehen, dass ein Widerruf zwingend in Textform erklärt werden musste.
Seit der Gesetzesänderung aus dem Jahr 2014 kann die Widerrufserklärung dagegen formlos erfolgen. Ein Maklervertrag kann also auch telefonisch widerrufen werden.
Aus Beweisgründen ist jedoch dringend zu empfehlen, den Widerruf per Einschreiben zu erklären.
8. Muss ein Widerruf begründet werden?
Eine häufige Frage von Maklern und Maklerkunden bezieht sich darauf, ob der Widerruf begründet werden muss.
Die Antwort ist ganz klar: Nein! Der Widerruf eines Maklervertrages muss nicht begründet werden.
9. Welche Rechtsfolgen hat der Widerruf?
a) Unwirksamkeit des Maklervertrages
Durch eine wirksame Widerrufserklärung wird der Maklervertrag aufgehoben und damit unwirksam. Der Käufer bzw. Verkäufer schuldet daher keine Provision, auch wenn es durch die Tätigkeit des Immobilienmaklers zum Abschluss eines Kaufvertrages gekommen ist.
b) Anspruch des Maklers auf Wertersatz?
Der Wegfall des Provisionsanspruchs bedeutet aber nicht, dass der Immobilienmakler mit leeren Händen dasteht. Anstelle der Provision schuldet der Auftraggeber jetzt vielmehr einen Wertersatz für die erbrachten Maklerdienste.
» Der Wertersatz kann dabei genau so hoch sein wie die Provision. Bei der Höhe des Wertersatzes ist nämlich auf die vereinbarte Vergütung abzustellen (§ 357 Abs. 8 BGB).
Sehr wichtig: Der Anspruch auf Wertersatz besteht allerdings nur dann, wenn der Makler seinen Auftraggeber ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrt hat. Ohne ordnungsgemäße Belehrung kann der Verbraucher den Maklervertrag ohne Wertersatz widerrufen.
Bei fehlerhafter Belehrung über das Widerrufsrecht schuldet der Auftraggeber sogar dann keinen Wertersatz, wenn der Maklervertrag erst nach Abschluss des Kaufvertrages widerrufen wird. Ob eine wirksame Widerrufsbelehrung vorliegt, sollte daher sowohl vom Immobilienmakler als auch vom Kunden sehr genau überprüft werden.
10. Checkliste: Widerruf des Maklervertrags
Bei Fragen zum Widerrufsrecht sollten Makler und Auftraggeber folgende Checkliste abarbeiten:
Checkliste: Widerruf eines Maklervertrages
☑ Persönliche Voraussetzungen: Ist der Makler Unternehmer und der Kunde Verbraucher?
☑ Sachliche Voraussetzungen: Ist der Maklervertrag ein „Fernabsatzvertrag” oder ein „Haustürgeschäft”?
☑ Zeitliche Voraussetzungen: Wie lang ist die Widerrufsfrist und wann beginnt sie?
☑ Ist das Recht zum Widerruf des Maklervertrages erloschen?
☑ Ist der Widerruf des Maklervertrages ausnahmsweise unwirksam wegen Treuwidrigkeit?
☑ Besteht eine Pflicht zum Wertersatz?
© Rechtsanwalt C.D. Franz
Der Beitrag dient lediglich der allg. Information, ist nicht abschließend und wird nicht fortlaufend aktualisiert. Eine Rechtsberatung findet hierdurch nicht statt.
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Über den Autor
Rechtsanwalt Christian D. Franz ist Gründer und Inhaber der Kanzlei Franz. Die Kanzlei hat ihren Sitz in Frankfurt am Main und damit im Herzen Deutschlands. Durch die günstige Anbindung an Autobahnen, den Schienenverkehr und den Frankfurter Flughafen ist es der Kanzlei möglich, Mandanten im gesamten Bundesgebiet zu vertreten. Das Immobilienrecht und das Maklerrecht gehören dabei zu den wichtigsten Rechtsgebieten.
Ich würde mich freuen, von Ihnen zu hören!
Christian D. Franz, Rechtsanwalt