OLG Stuttgart, Urteil vom 31.07.2008, Az. 19 U 54/08
Leitsatz:
Die ausschließliche Vorbenutzung eines Pkw als Mietfahrzeug beim Voreigentümer stellt beim Kauf aus erster Hand für einen durchschnittlichen Privatkunden, auf den abzustellen ist, (immer noch) eine atypische Vorbenutzung dar und ist ein die Wertbildung negativ beeinflussender Faktor, der in der Regel einen merkantilen Minderwert des Fahrzeugs auslöst und üblicherweise zu einem Abschlag auf den Normalpreis des Fahrzeugs führt. Diese Umstände begründen vorliegend die Aufklärungspflicht des gewerblichen Gebrauchtwagenverkäufers.
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 13.03.2008 (Az. 3 O 340/07) abgeändert und neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 24.834,08 EUR nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 27.09.2007 zu bezahlen, Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs VW Passat 1.9 TDI Kombi Trendline, Fahrgestellnummer WWW….
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug befindet.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 598,21 EUR vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 20.11.2007 zu bezahlen.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen; außerdem verbleibt es bei der Abweisung der Widerklage.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Die Beklagte/Widerklägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit i. H. v. 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
VI. Streitwert in beiden Instanzen: 25.000,01 EUR bis 30.000,– EUR.
Gründe
I.
Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche aus Anfechtung, hilfsweise aus Rücktritt aus dem Kaufvertrag über einen Gebrauchtwagen geltend, wobei ein Teil des Kaufpreises durch Inzahlungnahme von zwei Gebrauchtwagen der Klägerin getilgt worden ist. Wegen Einzelheiten wird auf die Feststellungen im Urteil des Landgerichts Heilbronn Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage und die Widerklage, wobei letztere nicht Gegenstand des Berufungsverfahren ist, abgewiesen, und zur Begründung ausgeführt, dass die Vorbenutzung des Pkw als Mietwagen keinen Sachmangel darstelle und auch eine Aufklärungspflicht über die Vorbenutzung als Mietwagen nicht bestanden habe. Zumindest wären Mängelansprüche aber deswegen ausgeschlossen, da der Klägerin die Mietwageneigenschaft, die die Beklagte auch nicht arglistig verschwiegen habe, nur infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben sei.
Gegen dieses Urteil, der Klägerin zugestellt am 18.03.2008, hat sie am 14.04.2008 Berufung eingelegt und die Berufung am 30.04.2008 begründet.
Sie trägt vor, dass eine Aufklärung über eine Vorbenutzung des Fahrzeugs als Mietwagen durch die Beklagte nicht erfolgt sei. Über eine solche atypische Vorbenutzung bestehe eine Aufklärungspflicht; die atypische Vorbenutzung stelle auch einen Sachmangel des Fahrzeugs dar. Die Mietwageneigenschaft sei ihr auch nicht infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben.
Die Klägerin beantragt,
1. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Heilbronn die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 29.125,– EUR nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 27.09.2007 Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs VW Passat 1.9 TDI Kombi Trendline mit der Fahrgestellnummer WWW… abzüglich gezogener Nutzungen zu bezahlen.
2. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Heilbronn festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 27.09.2007 in Annahmeverzug befindet.
3. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren i. H. v. 1.196,43 EUR nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 20.11.2007 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil, wonach eine Aufklärungspflicht über die Vorbenutzung des Pkws als Mietwagen nicht bestanden habe. Im Übrigen sei die Klägerin über die Vorbenutzung des Fahrzeugs als Mietwagen aufgeklärt worden.
Der Senat hat Beweis erhoben zu der Frage, ob eine Aufklärung der Klägerin im Rahmen der Verkaufsverhandlungen über die Nutzung des Fahrzeugs beim Voreigentümer als Mietwagen erfolgt ist, durch Vernehmung der Zeugen R.G., M.L. und D.H.. Wegen Einzelheiten der Zeugenaussagen wird auf das Sitzungsprotokoll vom 16.07.2008 (Bl. 118 – 128 d. A.) Bezug genommen.
Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze, die vorgelegten Urkunden und die Sitzungsprotokolle verwiesen.
II.
Die Berufung ist zulässig und weitgehend begründet.
1. Der Klägerin steht aus Arglistanfechtung gem. §§ 123, 124, 143, 142, 812 Abs. 1 S. 1, 818, 816 BGB, die zu einem Ausschluss der vertraglichen Sachmängelansprüche führt (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl., Rn. 1714 i. V. m. Rn. 1535), ein Anspruch i. H. v. 24.834,08 EUR nebst Zinsen zzgl. der Feststellung des Annahmeverzugs (§§ 256, 756 ZPO) zu.
a) Für die Beklagte bestand eine Aufklärungspflicht über die Vorbenutzung des Fahrzeugs als Mietwagen.
Die ausschließliche Vorbenutzung eines Pkw als Mietfahrzeug beim Voreigentümer stellt beim Kauf aus erster Hand für einen durchschnittlichen Privatkunden, auf den abzustellen ist, (immer noch) eine atypische Vorbenutzung dar und ist ein die Wertbildung negativ beeinflussender Faktor, der in der Regel einen merkantilen Minderwert des Fahrzeugs auslöst und üblicherweise zu einem Abschlag auf den Normalpreis des Fahrzeugs führt. Diese Umstände begründen vorliegend die Aufklärungspflicht des gewerblichen Gebrauchtwagenverkäufers.
Die Rechtsauffassung des Senats steht nicht im Widerspruch zu den Entscheidungen des OLG Köln vom 29.05.1996, abgedruckt NZV 1997, 312, und des OLG Düsseldorf vom 26.07.2000, abgedruckt in OLGR Düsseldorf, 2001, 19, wo eine Aufklärungspflicht verneint worden ist, da den Entscheidungen anders gelagerte Sachverhalte zu Grunde gelegen haben, nämlich dass die verkauften Fahrzeuge zwei Voreigentümer hatten und dass nur der kürzere Teil des Zulassungszeitraumes auf die Nutzung als Mietwagen entfallen ist.
Soweit in der Literatur (Reinking/Eggert, a.a.O., Rn. 1261 – 1264 unter Bezugnahme auf Otting Zur Offenbarungspflicht der Ex-Mietwageneigenschaft des Gebrauchtwagens, ZGS 2004, 12) die Rechtsauffassung vertreten wird, die Nutzung eines Fahrzeugs beim Ersteigentümer als Mietwagen stelle heute keine atypische Vorbenutzung mehr dar, folgt dem der Senat nicht. Das Marktgeschehen kann nicht allein durch statistische Betrachtungsweisen erfasst werden, sondern wird maßgeblich durch die Käuferseite, deren Kenntnisse und deren Wertvorstellungen, geprägt.
b) Der Senat ist auch davon überzeugt, dass die Beklagte die Klägerin im Rahmen der Verkaufsverhandlungen nicht über die Nutzung als Mietwagen beim Vorbesitzer aufgeklärt hat.
Der Zeuge G. hat ausgesagt, dass bei den Verkaufsverhandlungen der Mitarbeiter der Beklagten, der Zeuge H., auf eine Vorbenutzung des Fahrzeugs als Mietwagen nicht hingewiesen habe, sondern die Nachfrage nach dem Grund für die relativ hohe Laufleistung des Pkw mit Erstzulassung 2006 und einem Vorbesitzer mit den offenbar vielen Langstreckenfahrten des Vorbesitzers erklärt habe. Es liegt nahe, dass ein Kaufinteressent die auffällig hohe Laufleistung des Pkws (35.658 km innerhalb von ca. 7,5 Monaten, d. h. über 4.700 km pro Monat) hinterfragt und dass eine Auskunft, der Pkw sei bislang als Mietfahrzeug benutzt worden, vom Kaufinteressenten nicht als unwichtiges Detail eingeordnet wird, sondern von ihm zumindest als Forderung für eine Preisherabsetzung genommen wird. Schon von daher überzeugt den Senat die Aussage des Zeugen H., die Klägerin und ihr Lebensgefährte (nunmehriger Ehemann R.G.) hätten auf die Mitteilung bei den Verkaufsverhandlungen, dass die Vorbesitzerin ein Mietwagenservice gewesen sei, keine Reaktion gezeigt, nicht.
Hinzu kommt, dass die Klägerin bei den Verkaufsverhandlungen auch nach den Angaben des Zeugen H. nicht über den Zeitpunkt der nächsten Hauptuntersuchung aufgeklärt worden ist. Der Zeuge G. hat deshalb angegeben, von einer Frist von 36 Monaten für die erste Hauptuntersuchung (vgl. Anlage VIII. zu § 29 StVZO Ziff. 2.1.2.1.1) ausgegangen zu sein. Dies wird dadurch bestätigt, dass die Klägerin mit dem Fahrzeug monatelang, d.h. von Juni 2007 bis 19.9.2007 ohne TÜV-Zulassung gefahren ist (vgl. Fahrzeugbrief Anl. K 18 = Bl. 60 d. A. i. V. m. dem Bericht über die Hauptuntersuchung vom 19.09.2007 Anl. K 16 = Bl. 58 d. A.). Wäre auf die Vorbenutzung des Fahrzeugs als Mietwagen hingewiesen worden, so hätte es nahe gelegen, auch auf die rechtlichen Folgen, wie die Frist für die Hauptuntersuchung nach 12 Monaten (Anlage VIII. zu § 29 StVZO Ziff. 2.2), hinzuweisen; andererseits konnte bei einem Verschweigen dieses Umstandes bei den Kaufverhandlungen auch die atypische Vorbenutzung verheimlicht werden.
Der unterlassenen Aufklärung steht zur Überzeugung des Senats auch nicht der Vermerk auf der von der Klägerin unterschriebenen schriftlichen Bestellung vom 03.01.2007 (Anlage K 1 = Bl. 8 sowie Bl. 130 d. A.), von der der Klägerin sogleich eine Mehrfertigung ausgehändigt worden war (unstreitig), sowie der Vermerk auf der von der Klägerin nachträglich unterschriebenen Bestellung, datierend auf den 05.01.2007 (Anlage K 20 = Bl. 67 d. A.), die von der Beklagten ausgestellt worden war, da sie in der ersten Bestellung nur den Endpreis, nicht aber den Nettopreis und die Umsatzsteuer ausgewiesen hatte, und die jeweils lauten: Das Fahrzeug wurde lt. Vorbesitzer als Enterprise genutzt, entgegen. Nach den Angaben des Zeugen H. sind ihm die einschließlich der Vermerke bereits ausgefüllten Bestellformulare von einem anderen Mitarbeiter der Beklagten jeweils übergeben worden. Sie dokumentieren bereits von daher nicht den Inhalt der Verhandlungen und eine dabei erfolgte Aufklärung. Auch aus dem Wortlaut der Vermerke selbst heraus ergibt sich aufgrund ihrer Unverständlichkeit kein entsprechender Hinweis. Insoweit hätte für die Klägerin lediglich Anlass bestehen können, nachzufragen, was diese unverständlichen Vermerke inhaltlich eigentlich bedeuten sollen. Jedoch ergibt sich aus der Aussage der Zeugin L., die bei der Unterzeichnung der Bestellung vom 03.01.2007 mit anwesend gewesen ist, nicht hinreichend sicher, dass die Klägerin dieses Detail, das gegenüber dem vorgedruckten Vertragstext nicht besonders hervorgehoben ist, beim Durchlesen vor ihrer Unterschrift tatsächlich wahrgenommen hat.
c) Die Verletzung der Aufklärungspflicht beruht auch auf einem arglistigen Verhalten des Mitarbeiters der Beklagten, des Zeugen H., das der Beklagten zuzurechnen ist, da der Zeuge H. von der Vorbenutzung des Fahrzeugs als Mietwagen Kenntnis hatte und es zumindest für möglich hielt, dass dieser nicht offenbarte Umstand für die Willensbildung der Klägerin von Bedeutung sein kann und sie bei Aufklärung den Vertrag nicht oder nur zu anderen Bedingungen abgeschlossen hätte (Palandt/Heinrichs/Ellenberger, BGB, 67. Aufl., § 123 Rn. 11).
d) Die Täuschung ist auch für die Willenserklärung der Klägerin ursächlich geworden, nachdem sie schlüssig dargelegt hat, dass sie ein Fahrzeug, das vom Voreigentümer als Mietwagen eingesetzt worden ist, nicht erworben hätte.
e) Die Anfechtung ist form- und fristgerecht erklärt worden (§§ 124, 143 BGB).
f) Hingegen ergibt sich aus der – bestrittenen – Behauptung der Klägerin, der Pkw sei laut dem am Fahrzeug angebrachten Auszeichnungsschild als Halb- bzw. Dreiviertel-Jahreswagen angeboten worden, wobei bereits der Begriff des Jahreswagens eine Nutzung als Mietwagen ausschließen würde (vgl. dazu BGH NJW 2006, 2694), kein Anfechtungsrecht, nachdem der Zeuge G. eine solche Ausschilderung nicht bestätigt hat.
g) Rechtsfolge der Arglistanfechtung ist die Rückabwicklung gem. §§ 812 ff. BGB.
aa) Die Klägerin hat Anspruch auf Rückzahlung des geleisteten Geldbetrags i. H. v. 12.100,– EUR gemäß §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 818 Abs. 2 BGB (Reinking/Eggert, a.a.O., Rn. 1716).
bb) Die beiden für zusammen 10.800,– EUR in Zahlung genommenen Altwagen der Klägerin (vgl. dazu übereinstimmende Erklärung der Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 14.02.2008 [Bl. 61 d. A.] in Abweichung von den vertraglich vereinbarten Kaufpreisen laut den schriftlichen Vereinbarungen vom 10.01.2007 [Anlage K 4 und K 5 = Bl. 13 u. 14 d. A.] wo Preise i. H. v. 6.300,– EUR und 4.155,– EUR ausgewiesen sind) kann die Beklagte nicht mehr herausgeben, da die Fahrzeuge von ihr weiterverkauft worden sind. Nach § 818 Abs. 2 BGB schuldet die Beklagte damit Wertersatz. Maßgebend ist der objektive Verkehrswert, nicht der bei der Veräußerung erzielte Gewinn (Palandt/Sprau, a.a.O., § 818 Rn. 18; Reinking/Eggert, a.a.O., Rn. 1718). Mangels anderweitigem Sachvortrag der Parteien ist der Verkehrswert mit 10.800,– EUR anzusetzen.
cc) Allerdings hat die Beklagte – unstreitig – die beiden in Zahlung genommenen Fahrzeuge jeweils mit Gewinn weiterveräußert, den Pkw VW Golf zum Preise von 9.990,– EUR und den Pkw Mitsubishi Colt zum Preise von 6.690,– EUR, insgesamt also 16.680,– EUR erlöst. Der Verkaufserlös, also auch der Gewinn von 5.880,– EUR, unterfällt zwar nicht der Herausgabepflicht des § 818 Abs. 1 Hs. 2 BGB, da insoweit § 818 Abs. 2 BGB eine Sonderregelung enthält (BGH NJW 2004, 1314; Palandt/Sprau, a.a.O., § 818 Rn. 14; Reinking/Eggert, a.a.O., Rn. 1718); er kann jedoch nach § 816 BGB herausverlangt werden (Palandt/Sprau, a.a.O., § 816 Rn. 23/24; Reinking/Eggert, a.a.O., Rn. 1718), nachdem bei der Anfechtung nach § 123 BGB von einer Gesamtnichtigkeit des angefochtenen Geschäfts unter Einschluss der dinglichen Seite auszugehen ist (Reinking/Eggert, a.a.O., Rn. 1718 i. V. m. Rn. 1714).
dd) Die Klägerin ist im Gegenzug zur Herausgabe der gezogenen Nutzungen verpflichtet, die sie sich, wie sich auch aus ihrer Antragstellung ergibt, in Abzug bringen lassen will, deren Höhe sie aber der Schätzung des Senats unterstellt (§ 287 ZPO). Bei einem Kaufpreis von 22.900,– EUR und einer zu erwartenden Restlaufleistung im Zeitpunkt der Auslieferung des Fahrzeugs von geschätzten weiteren 214.342 km ergibt sich eine Nutzungsvergütung von (aufgerundet) 11 Cent/km (vgl. dazu Reinking/Eggert, a.a.O., Rn. 1454 – 1457). Bei gefahrenen Kilometern von 35.872 (71.530 km abzgl. 35.658 km) ergibt sich eine Nutzungsentschädigung von 3.945,92 EUR.
ee) Aus den vorstehend aufgeführten Positionen aa) bis dd) ergibt sich damit ein Saldo von 24.834,08 EUR.
h) Der Klägerin stehen Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.09.2007 zu (§§ 286, 288 Abs. 1 BGB). Dass gemäß §§ 346, 348 BGB die Rückgewähr des Kaufpreises nur Zug um Zug gegen Rückgewähr des verkauften Fahrzeugs zu erfolgen hat, steht dem nicht entgegen. Die Beklagte ist dadurch in Schuldnerverzug geraten, dass die Klägerin ihr das Fahrzeug in Annahmeverzug begründender Weise angeboten hat. Ein wörtliches Angebot der Rückgabe des Fahrzeugs war aufgrund der Weigerung der Beklagten, das Fahrzeug entgegenzunehmen, ausreichend (§ 295 S. 1 BGB).
i) Die Klägerin hat auch ein rechtliches Interesse an der Feststellung (§ 256 ZPO), dass sich die Beklagte in Annahmeverzug befindet (§ 756 ZPO).
j) Die zeitweise Sicherungsübereignung des Fahrzeugs auf die Volkswagen Bank GmbH zur Sicherung von deren Darlehens-Rückzahlungsanspruch (vgl. Ziff. 1 des Darlehensvertrages, Anlage K 2 = Bl. 9 – 11 d. A.) steht den schuldrechtlichen Ansprüchen der Klägerin nicht entgegen. Im Übrigen ist nach Zahlung der letzten Darlehensrate i. H. v. 5.000,– EUR durch die Klägerin am 21.01.2008 (Anlage K 10 = Bl. 50 d. A.) eine Rückübereignung unter Aushändigung des Fahrzeugbriefs erfolgt (vgl. Ziff. 4 der Darlehensbedingungen, Anlage K 2 = Bl. 9 – 11 d. A.).
k) Auch besteht als Schadensersatz neben der Leistung (§§ 437 Nr. 3, 325, 280 Abs. 1 BGB [vgl. dazu BGHZ 170, 86, 98]) grundsätzlich ein Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten. Wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat durch den Klägervertreter zugestanden, hat die Rechtsschutzversicherung der Klägerin aufgrund der Aufforderungsschreiben vom 19.10.2007 und 26.10.2007 (Bl. 134 u. 135 d. A.) eine Zahlung von 1.196,43 EUR auf die Verfahrensgebühr gem. § 13, Nr. 3100 VV RVG geleistet, so dass nach § 67 VVG der Schadensersatzanspruch insoweit auf die Rechtsschutzversicherung übergegangen ist. Allerdings macht die Klägerin klageweise die Geschäftsgebühr nach §§ 13, 14, Nr. 2300 VV RVG in Höhe von 1,3 geltend. Damit wird die Verfahrensgebühr, da es sich um denselben Gegenstand handelt und die vorgerichtliche Geschäftsgebühr selbst unangetastet bleibt, um die Hälfte vermindert (BGH MDR 2007, 984). Soweit die Geschäftsgebühr die Verfahrensgebühr verringert hat, ist die Versicherungsleistung nunmehr auf sie anzurechnen, mit der Folge eines entsprechenden Forderungsübergangs. Eine andere Rechtsauslegung hätte zur Folge, dass der Klägerin drei Gebühren zufließen würden. Damit besteht lediglich noch ein Anspruch in Höhe des hälftigen Betrags der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr zuzüglich der geltend gemachten Prozesszinsen.
2. Der Klägerin stünden, falls (vorrangige) Ansprüche wegen Arglistanfechtung ausscheiden sollten (vgl. Ziff. 1), zumindest Rückgewähransprüche infolge des Rücktritts vom Kaufvertrag mit Ersetzungsbefugnis (vgl. dazu Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 364 Rn. 3 i. V. m. Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 480 Rn. 6) nach §§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 437 Nr. 3 Alt. 1, 326 Abs. 5, 323, 346 ff. BGB zu.
a) Da es hinsichtlich der atypischen Vorbenutzung an einer Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB) fehlt und die in Rede stehende Sollbeschaffenheit sich auch nicht aus der nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwendung (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB) ergibt, ist das Fahrzeug nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB frei von Sachmängeln, wenn es sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (vgl. BGH NJW 2008, 53). Welche Beschaffenheit üblich ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Beim Kauf eines Gebrauchtwagens mit einem Alter von weniger als einem Jahr aus erster Hand kann der Käufer erwarten, dass keine atypische Vorbenutzung des Fahrzeugs vorgelegen hat, das Fahrzeug also nicht zuvor als Mietwagen benutzt worden ist. Auf die Ausführungen unter Ziff. 1 a) wird Bezug genommen.
b) Da der Gebrauchtwagen bei Gefahrübergang einen Sachmangel aufgewiesen hat, konnte die Klägerin gem. §§ 437 Nr. 2 Alt. 1, 326 Abs. 5, 323 BGB vom Vertrag zurücktreten. Einer vorangehenden Fristsetzung zur Nacherfüllung durch Nachbesserung bedurfte es nicht, weil der Mangel nicht behebbar ist (§ 326 Abs. 5 BGB). Durch Nachbesserung lässt sich der Charakter des Fahrzeugs als früheres Mietfahrzeug nicht korrigieren. Eine Ersatzlieferung ist bei dem hier vorliegenden Gebrauchtwagenkauf unmöglich (vgl. BGHZ 168, 64, 71; BGH NJW 2008, 53). Die in der Lieferung des mangelhaften Fahrzeugs liegende Pflichtverletzung ist nicht unerheblich, so dass dem Rücktritt auch nicht § 323 Abs. 5 S. 2 BGB entgegensteht (vgl. BGH NJW 2008, 53).
c) Spezielle, diese gesetzlichen Regeln abändernde Bestimmungen sind in den von der Beklagten verwendeten Verkaufsbedingungen für gebrauchte Fahrzeuge und Anhänger (Bl. 131 – 132 d. A.) nicht enthalten (vgl. Ziff. VI. Sachmangel).
d) Ein Ausschluss der Sachmängelansprüche infolge grob fahrlässiger Unkenntnis liegt nicht vor (§ 442 BGB). Auf die Ausführungen unter Ziff. 1. b) und c) wird Bezug genommen.
Im übrigen sind eine hohe Laufleistung und eine kurze Zulassungszeit beim Vorbesitzer auch nicht bereits selbsterklärend für eine Vorbenutzung des Fahrzeugs als Mietwagen (a. A. Reinking/Eggert, a.a.O., Rn. 1264).
e) Rechtsfolge des Rücktritts ist eine Rückabwicklung des Kaufvertrages.
aa) Die Klägerin hat Anspruch auf Wertersatz i. H. d. bezahlten Kaufpreises von 12.100,– EUR gem. § 346 Abs. 1 BGB (vgl. Reinking/Eggert, a.a.O., Rn. 1451 i. V. m. Rn. 438).
bb) Der Anspruch auf Wertersatz für die in Zahlung gegebenen, aber zwischenzeitlich von der Beklagten weiterveräußerten beiden Fahrzeuge der Klägerin ergibt sich aus § 346 Abs. 2 BGB. Der Wertersatz richtet sich nach der vertraglichen Bewertung der Altfahrzeuge (Reinking/Eggert, a.a.O., Rn. 658 i. V. m. Rn. 665). Nach dem übereinstimmenden Parteivortrag in der mündlichen Verhandlung vom 14.02.2008 (Bl. 61 d. A.) waren dies 10.800,– EUR.
cc) Die Klägerin hat gem. § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 u. 3 auch Anspruch auf das stellvertretende commodum nach § 285 BGB. Durch den Anspruch auf das Surrogat nach § 285 BGB wird ihr nicht nur der Zugriff auf Schadensersatzansprüche gegen Dritte ermöglicht, vielmehr kann sie auch das durch Rechtsgeschäfte erlangte Entgelt verlangen (BGHZ 75, 203, 205). Daher steht ihr der durch den Weiterverkauf der Fahrzeuge durch die Beklagte erzielte Verkaufserlös i. H. v. 5.880,– EUR zu (MünchKomm/Gaier, BGB, 5. Aufl., § 346 Rn. 47).
dd) Andererseits besteht eine Verpflichtung zur Herausgabe der Gebrauchsvorteile gemäß § 346 Abs. 1 BGB. Diese errechnen sich auf 3.945,92 EUR (vgl. Ziff. 1. g) dd).
ee) Nach den vorstehenden Positionen würde sich auch im Falle des Rücktritts ein Anspruch der Klägerin i. H. v. 24.834,08 EUR ergeben.
f) Im Übrigen wird auf die Ausführungen unter Ziff. 1 h) – k), da sich insoweit keine Unterschiede zur Arglistanfechtung ergeben, Bezug genommen.
3. Nebenentscheidungen:
a) Bei der Bemessung des Streitwerts war zu berücksichtigen, dass die Klägerin eine Nutzungsentschädigung von 6 Cent/km für begründet erachtet hat, so dass sich der Streitwert in beiden Instanzen auf 25.000,01 EUR bis 30.000,– EUR beläuft.
b) Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.
c) Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 i. V. m. § 711 ZPO.
d) Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO n. F.).
Worum geht es in dem Urteil?
Im vorliegenden Urteil hatte das Oberlandesgericht über die Frage zu entscheiden, welche Aufklärungspflichten der Verkäufer hat, wenn das Auto “aus erster Hand” verkauft wird. Nach Auffassung des OLG muss der Verkäufer darüber aufklären, wenn das Fahrzeug zuvor als Mietwagen benutzt wurde.
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