Mobbing am Arbeitsplatz: Die 10 wichtigsten Fakten für Arbeitnehmer & Arbeitgeber

1. Mobbing ist ein gesellschaftliches Problem!

Jedes Jahr werden etwa 1,5 Millionen Menschen zum Opfer von Mobbing am Arbeitsplatz. Mobbing ist damit nicht nur ein Massenphänomen, sondern ein gesellschaftliches Problem!

Viele Mobbingopfer werden durch den langjährigen Psychoterror körperlich oder seelisch krank, oft sogar arbeitsunfähig. Neben dem persönlichen Leid entstehen hierdurch hohe gesellschaftliche Kosten, insbesondere für Psychotherapien, Kuren, Dauerarbeitslosigkeit oder Frühverrentung.

Wird ein Mobbingproblem nicht möglichst frühzeitig angegangen, führt dies in den meisten Fällen zum Ausschluss des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsleben. Entweder kündigen die betroffenen Mobbingopfer selbst oder sie werden vom Arbeitgeber entlassen (oft unter einem Vorwand). Nicht selten willigen Betroffene unter großem seelischen Druck auch darin ein, einen Aufhebungsvertrag abzuschließen.

2. Was ist Mobbing?

Unter „Mobbing“ versteht die Rechtsprechung ein systematisches Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern. Mobbing kann dabei sowohl durch Arbeitskollegen als auch durch Vorgesetzte und den Arbeitgeber selbst ausgehen.

Kein Mobbing liegt vor, wenn bloße Unstimmigkeiten gegeben sind, die ein typisches und normales Ausmaß von Konflikten am Arbeitsplatz nicht überschreiten.

Nach dem Bundesarbeitsgericht zeichnet sich Mobbing gerade dadurch aus, dass eine Person systematisch durch fortdauernde Handlungen eingeschüchtert, angefeindet, erniedrigt, entwürdigt oder beleidigt wird.

» Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.10.2010, Az. 8 AZR 546/09

Mobbing kann durch eine Vielzahl von Handlungen begangen werden. In Betracht kommen zum Beispiel körperliche Übergriffe, Beleidigungen und Demütigungen, Isolierung (“Aus dem Weg gehen”, “Wie Luft behandeln”), schikanöse Arbeitsanweisungen, Diskriminierung, Verweigerung von Informationen, usw.

3. Ist Mobbing strafbar?

Das Strafgesetzbuch kennt keine Straftat namens “Mobbing”. Dennoch sind natürlich viele Mobbinghandlungen strafbar!

Zu den häufigsten Straftaten, die bei systematischem Mobbing begangen werden, gehören vor allem folgende Delikte:

» Diebstahl.

» Sachbeschädigung.

» Beleidigung.

» Üble Nachrede und Verleumdung.

» Körperverletzung.

» Sexuelle Nötigung.

» Freiheitsberaubung (Beispiel: Einsperren im Kopierraum).

Ob Betroffene Strafanzeige erstatten sollten, ist immer eine Frage des Einzelfalls. Vor allem in frühen Stadien kann eine Anzeige gegenüber der Polizei und Staatsanwaltschaft sinnvoll sein. Zugleich besteht natürlich immer die Gefahr, den Konflikt noch weiter zu verschärfen und Gegenanzeigen wegen falscher Verdächtigung zu erhalten.

4. Rechte gegen mobbende Arbeitskollegen und Vorgesetzte

Mobbing ist rechtswidrig! Dies gilt keineswegs nur für strafbare Handlungen. Auch wenn eine Mobbinghandlung selbst nicht strafbar ist, liegt eine rechtswidrige Tat vor. Jede Art von Mobbing verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht des betroffenen Arbeitnehmers!

a) Anspruch auf Unterlassen

Kein Betroffener muss Mobbing dulden. Vielmehr hat jedes Mobbingopfer gegenüber den mobbenden Arbeitskollegen und Vorgesetzten einen Anspruch auf Unterlassung.

Der Unterlassungsanspruch kann vor Gericht eingeklagt werden. Zuständig sind gemäß § 2 I Nr. 9 ArbGG die Arbeitsgerichte.

b) Anspruch auf Widerruf

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht wird verletzt, wenn falsche Tatsachen über eine Person behauptet werden. Das Mobbingopfer hat gegenüber den Tätern daher einen Anspruch auf Widerruf der falschen Tatsachenbehauptung.

Der Anspruch kann ebenfalls vor den Arbeitsgerichten eingeklagt werden.

c) Anspruch auf Schadensersatz

Sofern der gemobbte Arbeitnehmer durch das Mobbing einen finanziellen Schaden erlitten hat, haften sämtliche Mobbingtäter auf Schadensersatz.

Zu ersetzen sind beispielsweise folgende Schäden:

» Kosten für ärztliche Behandlungen.

» Kosten für eine Erholungskur.

» Kosten für die Reparatur einer beschädigten Sache.

Zuständig für die Schadensersatzklage sind die Arbeitsgerichte.

d) Schmerzensgeld

Überaus wichtig ist schließlich der Anspruch auf Schmerzensgeld. Jedes Mobbingopfer hat einen solchen Anspruch gegen die Täter!

Wichtig: Die Höhe des Schmerzensgeldes bestimmt sich nicht nach dem Einkommen des Geschädigten oder des Täters. Entscheidend ist vielmehr, wie gravierend und schwerwiegend das Mobbing ist und welche Folgen der Arbeitnehmer hierdurch erlitten hat!

» Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.08.2001, Az. 6 Sa 415/01

 Zuständig für die Klage auf Schmerzensgeld sind auch hier die Arbeitsgerichte.

5. Rechte gegen den Arbeitgeber

Mobbing am Arbeitsplatz kann selbstverständlich auch eine ganze Reihe von Ansprüchen gegen den Arbeitgeber auslösen. Allerdings ist hier genau danach zu unterscheiden, von wem das Mobbing ausgeht.

a) Ansprüche bei Mobbing durch Arbeitskollegen

Bei Mobbinghandlungen durch Arbeitskollegen kann der Betroffene vom Arbeitgeber zunächst verlangen, gegen das Mobbing einzuschreiten. Dieser Anspruch ergibt sich aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers.

Darüber hinaus kann dem Arbeitnehmer auch ein Anspruch auf Umsetzung bzw. Versetzung zustehen. Voraussetzung für diesen Anspruch ist allerdings, dass im Unternehmen des Arbeitgebers auch tatsächlich ein vergleichbarer Arbeitsplatz vorhanden ist.

Ein Anspruch auf Kündigung der Mobbingtäter besteht allerdings nicht.

b) Ansprüche bei Mobbing durch Vorgesetzte

Arbeitgeber haften für die Mobbinghandlungen von Vorgesetzten! Betroffene Arbeitnehmer können neben dem Vorgesetzten daher auch den Arbeitgeber auf Schadensersatz und Schmerzensgeld verklagen.

» Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.10.2007, Az. 8 AZR 593/06

c) Ansprüche bei Mobbing durch den Arbeitgeber selbst

Immer wieder kommt es vor, dass das Mobbing vom Arbeitgeber selbst ausgeht. In diesem Fall kann der betroffene Arbeitnehmer selbstverständlich alle Rechte geltend machen, die ihm auch gegen mobbende Kollegen und Vorgesetzten zustehen.

6. Dürfen Opfer die Arbeit verweigern? Was ist zu tun?

Der Arbeitnehmer hat keine Arbeitspflicht, wenn der Arbeitgeber seine Fürsorgepflichten schuldhaft verletzt. In diesem Fall steht dem Arbeitnehmer ein „Zurückbehaltungsrecht“ zu (§ 273 BGB, § 14 AGG).

» Der Arbeitnehmer darf seine Arbeit also einstellen und behält dennoch seinen Anspruch auf Zahlung von Arbeitslohn!

Der Arbeitgeber verletzt seine Fürsorgepflicht jedenfalls immer dann, wenn er selbst Mobbinghandlungen begeht. Die Fürsorgepflicht wird darüber hinaus aber auch dann verletzt, wenn der Arbeitgeber gegen das Mobbing nicht einschreitet oder offensichtlich ungeeignete Maßnahmen ergreift.

Sehr wichtig: Im Streitfall muss der Arbeitnehmer beweisen, dass er am Arbeitsplatz gemobbt wird. Ohne Beweis kann der Arbeitnehmer wegen unberechtigter Arbeitsverweigerung abgemahnt und sogar verhaltensbedingt gekündigt werden. Möglich ist hier sogar eine fristlose, also außerordentliche Kündigung. Durch eine Arbeitsverweigerung geht der Arbeitnehmer daher ein hohes Risiko ein.

» Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.01.2007, Az. 9 AZR 557/06

7. Dürfen Opfer fristlos kündigen?

Bei andauerndem und systematischem Mobbing hat der Arbeitnehmer nach § 626 BGB ein Recht zur außerordentlichen Kündigung. Falls der Arbeitgeber seine Fürsorgepflichten verletzt hat, steht dem Arbeitnehmer wegen der Kündigung darüber hinaus ein Anspruch auf Schadensersatz zu (§ 628 II BGB).

» Der Arbeitnehmer kann insbesondere seinen entgangenen Lohn (Verdienstausfall) als Schaden geltend machen.

Tipp: Bei einer Eigenkündigung durch den Arbeitnehmer besteht immer die Gefahr, dass das Arbeitsamt eine Sperrfrist von 12 Wochen beim Arbeitslosengeld I verhängt. Um diese Sperrfrist zu vermeiden, sollte der Arbeitnehmer sämtliche Mobbingtaten genau festhalten.

» Arbeitnehmern ist vor allem zu empfehlen, eine spezielles Tagebuch über die Mobbinghandlungen zu führen. Im Tagebuch sind insbesondere der Ort, die Zeit, das genaue Datum und die Art des Mobbings sowie die beteiligten Personen zu dokumentieren.

8. Hilfe durch den Betriebsrat

In Unternehmen mit einem Betriebsrat haben gemobbte Arbeitnehmer das Recht, sich förmlich beim Betriebsrat zu beschweren (§ 85 BetrVG).

Wichtig: Die Beschwerde beim Betriebsrat bietet Opfern einen starken Schutz! Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber nämlich die Versetzung oder Kündigung der Mobbingtäter verlangen! In § 104 BetrVG heißt es hierzu:

„Hat ein Arbeitnehmer durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigungen, den Betriebsfrieden wiederholt ernstlich gestört, so kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber die Entlassung oder Versetzung verlangen. Gibt das Arbeitsgericht einem Antrag des Betriebsrats statt, dem Arbeitgeber aufzugeben, die Entlassung oder Versetzung durchzuführen, und führt der Arbeitgeber die Entlassung oder Versetzung einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung zuwider nicht durch, so ist auf Antrag des Betriebsrats vom Arbeitsgericht zu erkennen, dass er zur Vornahme der Entlassung oder Versetzung durch Zwangsgeld anzuhalten sei. Das Höchstmaß des Zwangsgeldes beträgt für jeden Tag der Zuwiderhandlung 250 Euro.“

9. Beweislast: Wer muss was beweisen?

Viele Mobbingopfer erleiden vor Gericht eine Niederlage. In aller Regel werden die Klagen abgewiesen, weil die erhobenen Mobbingvorwürfe nicht bewiesen werden können oder „zu schwammig“ geschildert werden.

Der Kläger muss die jeweiligen Handlungen so konkret darlegen und beweisen werden, dass genau beurteilt werden kann, ob tatsächlich ein systematisches Mobbing vorliegt.

» Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil von 19.01.2012, Az. 11 Sa 722/10

Da viele Opfer kein Mobbingtagebuch führen, können die einzelnen Mobbinghandlungen im Nachhinein nicht mehr genau wiedergegeben werden. Darüber hinaus gibt es wegen Gruppenzwangs und aus Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes oft kaum einen Zeugen, der vor Gericht für das Opfer aussagt.

» Für eine Klage haben Mobbingtagebücher oder ähnliche Dokumentationen durch das Opfer daher große Bedeutung.

10. Wie können Anwälte helfen?

Viele Mobbingopfer denken früher oder später darüber nach, einen Rechtsanwalt einzuschalten. Ein im Arbeitsrecht erfahrener Rechtsanwalt kann Ihnen insbesondere durch folgende Leistungen weiterhelfen:

Führen von Vergleichsverhandlungen und Mediation zwischen allen Beteiligten.

 Erheben von Klagen auf Schadensersatz, Schmerzensgeld, Unterlassen, usw.

Erstellen einer Strafanzeige und eines Strafantrags gegen die Mobbingtäter.

Opfervertretung im strafrechtlichen Verfahren der Nebenklage und Privatklage.

 Vermittlung geeigneter Hilfsorganisationen und Selbsthilfegruppen.

KONTAKT

» Rechtsanwalt Christian D. Franz

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Über den Autor

Rechtsanwalt Christian D. Franz ist Gründer und Inhaber der Kanzlei Franz. Die Kanzlei hat ihren Sitz in Frankfurt am Main und damit im Herzen Deutschlands. Durch die günstige Anbindung an Autobahnen, den Schienenverkehr und den Frankfurter Flughafen ist es der Kanzlei möglich, Mandanten im gesamten Bundesgebiet zu vertreten. Das Arbeitsrecht gehört dabei zu den wichtigsten Rechtsgebieten.

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Christian D. Franz, Rechtsanwalt