Arztbesuch während der Arbeitszeit: Welche Rechte und Pflichten haben Arbeitnehmer?

Rechtsanwalt für Arbeitsrecht, Arztbesuch während der Arbeitszeit

1. Das Problem

Mit dem Arbeitgeber nicht abgesprochene Arztbesuche können für den Arbeitnehmer fatale Folgen haben. Wer unentschuldigt nicht zur Arbeit erscheint, verstößt gegen den Arbeitsvertrag.

Bereits bei einem einmaligen Vorfall kann eine Abmahnung ausgesprochen werden. Im Wiederholungsfall kann sogar eine verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt sein.

Wer so stark erkrankt ist, dass er arbeitsunfähig ist und deshalb nicht arbeiten kann, ist selbstverständlich vom Dienst befreit! Dies gilt etwa für eine akute Zahnwurzelerkrankung, hämmernde Kopfschmerzen, eine Grippe oder ähnlich schwere Erkrankungen.

Schwierige Fragen stellen sich erst in anderen Fällen: Was ist etwa mit einem Arbeitnehmer, der zwar krank ist, aber nicht arbeitsunfähig? Was ist mit Arbeitnehmern, die zwar gesund sind, aber eine Vorsorgebehandlung unternehmen wollen? Und was ist mit einem Arbeitnehmer, dessen krankes Kind oder sonstiger Angehöriger einen Arzttermin hat?

» Beispiel 1: Herr Müller arbeitet im Callcenter und hat sich vor drei Wochen den Fuß gebrochen. Am Dienstag soll der Gips um 14.00 Uhr entfernt werden. Darf Herr Müller während dieser Zeit zum Arzt gehen und der Arbeit fernbleiben?

» Beispiel 2: Frau Schmidt ist schwanger und arbeitet für einen Reiseveranstalter. Am Freitag soll um 10.00 Uhr eine Schwangerschaftskontrolle erfolgen. Darf Frau Schmidt diesen Termin wahrnehmen?

» Beispiel 3: Frau Maier ist alleinerziehend und arbeitet für ein städtisches Unternehmen. Am Montag hat ihr fünf Jahre alter Sohn um 12.00 Uhr einen wichtigen Arzttermin. Darf Frau Maier ihren Sohn zum Arzt begleiten?

2. Arztbesuch während der Arbeitszeit nur im Ausnahmefall!

Arztbesuche sind eine Privatsache des Arbeitnehmers. Der Arztbesuch während der Arbeitszeit wird vom Gesetz daher nur im Ausnahmefall gestattet.

Sofern keine akute Erkrankung vorliegt, muss der Arbeitnehmer in zumutbarer Weise versuchen, den Arztbesuch in seine Freizeit zu legen. Hierzu kann es erforderlich sein, dass sich der Arbeitnehmer bei mehreren Ärzten um einen Termin erkundigt.

Wie der Alltag zeigt, ist es jedoch oft unmöglich, einen Arzttermin in der eigenen Freizeit zu erlangen. Insbesondere bei Fachärzten besteht häufig eine Vorlaufzeit von mehreren Wochen oder sogar Monaten.

Oft müssen sich Arbeitnehmer glücklich schätzen, überhaupt einen der wenigen freien Termine zu ergattern. Den angebotenen Termin darf der Arbeitnehmer dann selbstverständlich annehmen. Weitere Wochen oder Monate zu warten, bis ein Termin in der Freizeit vorhanden ist, wäre für den Arbeitnehmer unzumutbar.

» In einem solchen Fall hat der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber einen Freistellungsanspruch. Der Arbeitnehmer ist also von seiner Arbeitspflicht befreit.

» Für den Freistellungsanspruch spielt es keine Rolle, ob der Arbeitnehmer krank ist und deshalb einen Arzt aufsuchen muss oder ob er gesund ist und einen Vorsorgetermin wahrnehmen möchte.

Tipp: Um Probleme mit dem Arbeitgeber zu vermeiden, sollte der Arbeitnehmer vorab genau mitteilen, weshalb der Arzttermin nur während der Arbeitszeit stattfinden kann.

3. Arztbesuch des Kindes oder eines Angehörigen

Nach denselben Grundsätzen ist die Frage zu beantworten, ob der Arbeitnehmer sein Kind oder einen pflegebedürftigen Angehörigen zum Arzt begleiten darf. Wie beim eigenen Arztbesuch muss der Arbeitnehmer in zumutbarer Weise versuchen, den Termin in die eigene Freizeit zu legen.

Erforderlich ist darüber hinaus, dass die pflegebedürftige Person gerade auf die Begleitung durch den Arbeitnehmer angewiesen ist.

» Beispiel: Frau Müller ist Mutter eines 6 Jahre alten Sohnes, der über Nacht an hohem Fieber erkrankt ist. Da ihr Ehemann auf Dienstreise ist, gibt es keine weitere Person, die sich um den Sohn kümmern kann.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so hat der Arbeitnehmer einen Freistellungsanspruch. Für die Dauer des Arztbesuches darf er der Arbeit fernbleiben.

Tipp: Der Arbeitnehmer sollte seinen Arbeitgeber vorab darüber informieren, weshalb das Kind oder der Verwandte zum Arzt begleitet werden muss. Insbesondere sollte mitgeteilt werden, dass keine andere Person für die Begleitung zur Verfügung steht.

4. Welche Folgen hat ein berechtigter bzw. unberechtiger Arztbesuch?

a) Unberechtigter Arztbesuch

Wer während der Arbeitszeit unberechtigt einen Arztbesuch wahrnimmt, begeht eine Pflichtverletzung. Der Arbeitnehmer riskiert daher eine Abmahnung und schlimmstenfalls eine verhaltensbedingte Kündigung.

b) Berechtigter Arztbesuch

Ist der Arztbesuch hingegen berechtigt, so ist das Fernbleiben von der Arbeit entschuldigt. Der Arbeitnehmer muss insbesondere keine Nacharbeit für die versäumte Arbeitszeit leisten.

Darüber hinaus hat der Arbeitnehmer gemäß § 616 BGB einen Anspruch auf den vollen Arbeitslohn. Der Arbeitgeber darf die versäumte Arbeitszeit also nicht vom Lohn abziehen.

» Zu beachten ist jedoch, dass von der Vorschrift des § 616 BGB abgewichen werden darf. Entscheidend sind hier vor allem die Regelungen im Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag.

Wichtig: Bei einem berechtigten Arztbesuch hat der Arbeitnehmer Informationspflichten gegenüber dem Arbeitgeber! Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, den Arbeitgeber über den Grund und die Dauer seiner Abwesenheit vorab zu informieren. Falls es der Arbeitgeber fordert, ist der Arztbesuch durch eine Bescheinigung zu belegen.

» Verletzt der Arbeitnehmer seine Informationspflichten, kann er hierfür abgemahnt werden. Im Wiederholungsfall ist auch hier eine verhaltensbedingte Kündigung möglich!

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Über den Autor

Rechtsanwalt für Arbeitsrecht, FrankfurtRechtsanwalt Christian D. Franz ist Gründer und Inhaber der Kanzlei Franz. Die Kanzlei hat ihren Sitz in Frankfurt am Main und damit im Herzen Deutschlands. Durch die günstige Anbindung an Autobahnen, den Schienenverkehr und den Frankfurter Flughafen ist es der Kanzlei möglich, Mandanten im gesamten Bundesgebiet zu vertreten. Das Arbeitsrecht gehört dabei zu den wichtigsten Rechtsgebieten.

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Christian D. Franz, Rechtsanwalt

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