LG Kiel, Urteil vom 17.06.2010, Az. 4 O 16/10
Tenor
Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin 58.436,96 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 55.000,00 € seit dem 07. November 2009 und auf weitere 3.436,96 € seit dem 12. März 2010 zu zahlen, Zug und Zug gegen Rückgabe der Segelyacht XXX mit der Motornummer XXX.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten mit der Rücknahme der genannten Segelyacht XXX in Annahmeverzug sind.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Berechtigung zum Rücktritt vom Kaufvertrag über eine gebrauchte Segelyacht.
Mit Kaufvertrag vom 08. August 2009 verkauften die Beklagten die im Tenor genannte Segelyacht zum Preis von 55.000,00 € an die Klägerin. Dabei brachten die Beklagten ein Kaufvertragsformular der Internetplattform XXXX mit, welches sie um verschiedene Klauseln ergänzt und welches sodann von den Parteien unterzeichnet wurde. In § 2 und in § 7 Nr. 3 hatten sie folgendes eingefügt:
„§ 2 …Etwaige Mängel sind Bestandteil des Kaufpreises und werden vom Käufer selbst behoben. Die Kosten für das Aufslippen und Unterwasseranstrich (Antifouling) in der XXXX werden vom Käufer bezahlt.…
§ 7 Nr. 3: Das Boot wird gekauft wie gesehen und geprüft. Da es sich um einen Privatverkauf handelt, sind Gewährleistungen jeder Art ausgeschlossen.“
Unter § 3 „technische Bootsdaten“ ist eine Segelfläche von ca. 85 m² und ein Alter der Segel von ca. 10 Jahren angegeben.
Wegen der Einzelheiten des Kaufvertrages wird auf die Anlage K 1 (Bl. 18 – 20 d. A.), wegen des im Internet erhältlichen Formulars – ohne die von den Beklagten gemachten Zusätze – wird auf die Anlage B 1 (Bl. 85 – 87 d. A.) Bezug genommen.
Die Segel der Yacht waren tatsächlich ca. 28 Jahre alt. Zudem war eines der beiden zur Standardbesegelung des Bootes gehörenden Vorsegel, die Fock, nicht vorhanden; stattdessen wurde ein Vorsegel übergeben, dass nicht als Fock, sondern als Klüver passte. Ohne Fock beträgt die Segelfläche nur ca. 75 m².
Das Deck der Yacht wies mindestens zwei Leckstellen auf, und zwar am Skylight und am Lüfter, der sich auf der Kajüte befindet.
Im Mai 2005, während die Yacht im Besitz der Beklagten war, war sie durch einen Riss im Fäkalientank sehr weit voll Wasser gelaufen, so dass der Motor mit der gesamten Elektrik sowie der untere Teil der Inneinrichtung bis zu einem Meter tief unter Wasser standen. Die Versicherung der Beklagten regulierte den Schaden in Höhe von rund 14.000,00 €. Ein von ihr beauftragter Gutachter fand nach der Reparatur keinen Anlass zur Beanstandung des Maschinenraums und keinen Grund, der Segelyacht die Weiterversicherung zu versagen. Wegen der Einzelheiten des Gutachtens wird auf die Anlage B 2 (Bl. 88 – 92 d. A.) Bezug genommen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 29. August 2009 rügte die Klägerin verschiedene Mängel, insbesondere mehre Undichtigkeiten des Decks, und forderte die Beklagte zur Nacherfüllung auf, die diese ablehnten. Mit anwaltlichem Schreiben vom 27. Oktober 2009 erklärte die Klägerin sodann den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Bootes auf. Das lehnten die Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 06. November 2009 ab.
Neben dem Kaufpreis wandte die Klägerin folgende Beträge (insgesamt 3.436,96 €) auf, die sie mit der Klage ersetzt verlangt:
Material für Kleinreparaturen | 482,08 € |
Material zum winterfest machen des Motors | 75,45 € |
Hafengeld für die Zeit vom 15.11.2009 – 13.12.2010 | 684,60 € |
Kreditkosten für 2009 | 332,67 € |
Aufslippen und Antifoulinganstrich am 28.08.2009 | 520,00 € |
Haftpflichtversicherung für 1 Jahr ab 04.09.2009 | 98,16 € |
Kaskoversicherung für 1 Jahr ab 04.09.2009 | 720,00 € |
Bahnfahrt nach Kiel und zurück zwecks einer Besprechung mit den Beklagten wegen der Mängel | 262,00 € |
Bahnfahrt nach Kiel und zurück zwecks Verbringung des Bootes zum Winterliegeplatz | 262,00 € |
Wegen der Einzelheiten dieser Kosten wird auf die Seiten 13 – 14 der Klagschrift (Bl. 13 – 14 d. A.) Bezug genommen.
Die Klägerin behauptet, dass Deck sei an erheblich mehr als an zwei Stellen undicht. Das hätten die Beklagten gewusst. Ihnen sei auch das tatsächliche Alter der Segel bekannt gewesen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, an sie Zug um Zug gegen Rückgabe der Segelyacht XXXXX mit der Motornummer XXXXX 58.436,96 € zu zahlen nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 13. September 2009,die Beklagten zu verurteilen, an sie 1.762,08 € vorgerichtliche Anwaltskosten nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. September 2009 zu zahlen,festzustellen, dass die Beklagten mit der Rücknahme der genannten Segelyacht XXXXX im Annahmeverzug sind.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie behaupten, die Klägerin habe das Boot vor dem Verkauf ausgiebig überprüft und sogar darauf übernachtet. Sie habe gewusst, dass keine passende Fock vorhanden gewesen sei. Sie sei sowohl auf die beiden Leckstellen am Deck als auch auf den Wassereinbruch von 2005 hingewiesen worden. Die Klauseln zum Gewährleistungsausschluss seien im Einzelnen verhandelt worden. Im übrigen habe die Klägerin nach Übergabe des Bootes das Deck aufreißen lassen, um das Boot zu einem Tauchboot umzubauen.
Das Gericht hat die Parteien gemäß § 141 ZPO persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 20. Mai 2010 (Bl. 103 – 110 d. A.) Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage ist – bis auf die Rechtsanwaltskosten und einen Teil des Zinsanspruchs – begründet.
1. Die Klägerin kann gemäß § 346 Absatz 2 BGB die Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 55.000,00 € verlangen, weil sie wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten ist. Der Rücktrittsgrund ergibt sich aus den §§ 437 Nr. 2, 323, 326 Absatz 5 BGB, denn die Segelyacht wies – nachdem sie 2005 einmal teilweise voll Wasser gelaufen war – einen Mangel auf, hinsichtlich dessen die Gewährleistung nicht ausgeschlossen ist.
Zwar enthält der Kaufvertrag in § 2, vorletzter Absatz, sowie in § 7 Nr. 3 einen Gewährleistungsausschluss. Insbesondere enthält § 7 Abs. 3 eine Regelung und nicht nur einen Hinweis auf eine vermeintlich bereits bestehende Rechtslage. Die dort enthaltene Formulierung: „Da es sich um einen Privatverkauf handelt, …“ nennt lediglich das Motiv für den Gewährleistungsausschluss, ist für den durchschnittlichen Käufer aber nicht so zu verstehen, dass bei einem Privatverkauf die Gewährleistung stets ausgeschlossen sein müsse. Der Klägerin musste aufgrund dieser Formulierung klar sein, dass die Beklagten für Mängel nicht haften. Hinzu kommt die Regelung in § 2 des Vertrages, die ausdrücklich erklärt, dass etwaige Mängel vom Käufer selbst behoben werden.
Es handelt sich auch um einen individuellvertraglichen Gewährleistungsausschluss und nicht um einen solchen durch allgemeine Geschäftsbedingungen. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind Vertragsbedingungen, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind (§ 305 Abs. 1 S. 1 BGB). Das ist hier nicht der Fall. Die genannten Klauseln sind nur in den Vertrag zwischen den Parteien eingefügt worden. Dass der Kaufvertrag auf ein Vertragsformular der Internetplattform XXXXX zurückgeht, ist unerheblich. Das Formular als solches enthält nämlich keinerlei Regelungen über einen Gewährleistungsausschluss. Diese sind vielmehr insgesamt individuell eingefügt worden.
Ist der Gewährleistungsausschluss damit grundsätzlich wirksam, so können die Beklagten sich gleichwohl nicht darauf berufen, soweit sie einen Mangel arglistig verschwiegen haben (§ 444 BGB). Das trifft jedenfalls auf die Havarie aus dem Jahre 2005 zu, bei der die Yacht so weit voll Wasser gelaufen ist, dass der Motor mit der gesamten Elektrik sowie der untere Teil der Inneneinrichtung bis zu einem Meter tief unter Wasser standen. Insoweit handelt es sich um einen Mangel gemäß § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB, denn die Segelyacht weist nicht die Beschaffenheit auf, die bei Segelyachten üblich ist und die Klägerin nach Art der Sache erwarten kann: Dass eine gebrauchte – auch eine 28 Jahre alte – Segelyacht derart voll Wasser gelaufen ist, dass Motor und Elektrik vollständig unter Wasser gestanden haben, ist nicht üblich und entspricht auch nicht den Erwartungen eines Käufers.
Diesen Mangel haben die Beklagten der Klägerin arglistig verschwiegen. Sie hätten ihn ungefragt offenbaren müssen, was sie aber nicht getan haben.
Bei Kaufvertragsverhandlungen besteht eine Offenbarungspflicht hinsichtlich solcher wesentlicher Umstände, die den Vertragszweck vereiteln können und daher für den Entschluss des Käufers von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten durfte (MüKo-Kramer, BGB, 5. Aufl. 2006, § 123 Rn 18 m.w.N.). Das trifft auf das Volllaufen des Bootes, so dass die gesamte Elektrik und der Motor unter Wasser gestanden haben, zu. Denn ein solches Ereignis birgt – auch wenn das Boot anschließend renoviert worden ist – die Gefahr verborgener Mängel, d. h. die Gefahr, dass Teile beschädigt worden sind, ohne dass dies sofort aufgefallen und repariert worden ist. Insbesondere die Elektrik kann unter Nässeeinwirkung Schaden nehmen. Insofern ist die Havarie des Schiffes vergleichbar mit Unfallschäden von Kraftfahrzeugen. Auch diese sind zu offenbaren, selbst wenn sie fachgerecht beseitigt worden sind (BGH NJW – RR 1987, 436; MüKo-Kramer, § 123 Rn 21). Gleiches gilt – wegen der von den Nässeeinwirkungen ausgehenden Gefahren, insbesondere im Hinblick auf die Elektrik – für den Fall, dass das verkaufte Fahrzeug in einen Fluss gestürzt ist (OLG Koblenz, NJW – RR 2002, 1579). Dass es sich bei der Havarie für das Schiff bedeutendes Ereignis gehandelt hat, ergibt sich letztlich auch aus der Höhe des Schadens (ca. 14.000,00 €) sowie aus der Tatsache, dass der Versicherer das Boot zunächst begutachten ließ, bevor er die Entscheidung über eine Weiterversicherung traf.
Die Beklagten haben die Klägerin bei Abschluss des Kaufvertrages nicht über die Havarie informiert. Sie sind beweispflichtig dafür, dass sie den offenbarungspflichtigen Mangel offenbart haben (Palandt-Weidenkaff, BGB, 69. Aufl. 2010, § 444 Rn 4). Das Gericht geht nach der persönlichen Anhörung der Parteien dagegen davon aus, dass sie das nicht getan haben. Ihre gegenteilige Einlassung ist nicht glaubhaft.
Die Beklagten haben erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass sie der Klägerin von der Havarie berichtet hätten. Nachdem bereits in der Klagschrift an zwei Stellen ausdrücklich darauf hingewiesen ist, dass es sich um einen offenbarungspflichtigen Mangel handele, den die Beklagten der Klägerin verschwiegen hätten (S. 2 unten, Bl. 2 d. A., sowie S. 13, Bl. 13 d. A.) haben die Beklagten sich zunächst in der Klagerwiderung (S. 3, Bl. 83 d. A.) auf den Standpunkt gestellt, dass die Tatsache, dass das Boot im Jahr 2005 einmal voll Wasser gelaufen war, keinen Mangel des Bootes darstelle. Wenn die Beklagten die Klägerin tatsächlich darauf hingewiesen hätten, dann hätte es sich aufgedrängt, dass an dieser Stelle in der Klagerwiderung auch zu erwähnen. Aber auch dem nochmaligem Vortrag der Klägerin in der Replik (S. 4, Bl. 98 R d. A.), es handele sich um eine zu offenbarende Tatsache, die die Beklagten verschwiegen hätten, sind sie im Schriftsatz vom 19. Mai 2010 mit keinem Wort entgegengetreten.
Auch das Aussageverhalten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung spricht gegen die Richtigkeit ihrer Aussage. Angesprochen auf die Tatsache, dass das Schiff einmal voll Wasser gelaufen ist, ist der Beklagte zu 2) zunächst wortreich auf die Ursache – nämlich den defekten Fäkalientank – eingegangen und hat mitgeteilt, dass er auf diesen defekten Fäkalientank hingewiesen habe. Auf Nachfrage, was im Einzelnen davon gesagt worden sei, hat er zunächst ebenfalls nur von dem Riss im Fäkalientank gesprochen und dann lediglich allgemein ausgeführt, er habe dann „diese Geschichte erzählt“. Erst auf nochmalige Nachfrage des Gerichts nach den Einzelheiten hat er schließlich geantwortet, dass er erklärt habe, „dass durch den Fäkalientank das Schiff vollgelaufen sei“ – um gleich darauf wieder abzuschweifen und zu erklären, wie die Beklagten die Havarie bemerkt hatten und welche Ursache sie hatte. Ein solch ausweichendes Aussageverhalten deutet darauf hin, dass die Aussage nur der Prozesstaktik geschuldet ist und nicht den Tatsachen entspricht. Denn dem Beklagten zu 2) war bewusst, dass es auf die Frage ankam, ob die Klägerin bei den Vertragsverhandlungen über die Havarie informiert worden war; dies war Gegenstand der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung.
Auch die Aussage der Beklagten zu 1) in der mündlichen Verhandlung lässt nicht den Schluss darauf zu, dass die Klägerin auf die Havarie hingewiesen worden wäre. Sie hat zwar geäußert, dass auch über das Ereignis über den Fäkalientank gesprochen worden sei. Eine konkretere Aussage zur Art und Weise der Aufklärung über die Havarie hat sie aber nicht getätigt.
Das Gericht kann auch nicht davon ausgehen, dass das für den Versicherer erstellte Gutachten (Anlage B 2, Bl. 88 – 92 d. A.) – welches ohnehin nicht erkennen lässt, dass das Schiff bis über den Motor und die gesamte Elektrik unter Wasser gestanden hat – tatsächlich Gegenstand der Verkaufsverhandlungen war. Denn auch auf die Frage, ob über das Gutachten gesprochen worden sei, hat der Beklagte zu 2) ausweichend geantwortet. Er hat lediglich ausgeführt, es sei darüber gesprochen worden, dass es „ein Gutachten gibt“. Das Gutachten habe sich bei den Schiffsunterlagen befunden, die ungefähr 1 ½ Leitzordner umfassten. Die weitergehenden Ausführungen des Prozessbevollmächtigten der Beklagten, die beiden Leitzordner seien gemeinsam durchgegangen worden und dabei sei auch das Gutachten in Augenschein genommen worden, lassen die Aussage des Beklagten zu 2) nicht glaubhafter erscheinen. Der Prozessbevollmächtigte ist bei den Verkaufsverhandlungen nicht zugegen gewesen.
Sind die Aussagen der Beklagten zur Aufklärung der Klägerin über die Havarie damit unglaubhaft, so ist das Gericht statt dessen davon überzeugt, dass die klägerische Aussage hierzu zutrifft. Sie hat glaubhaft erklärt, erst nach Vertragsschluss erfahren zu haben, dass die Feuerwehr das Boot einmal ausgepumpt habe, und erst dadurch auf die Sache mit dem Volllaufen gekommen. Sie war sichtlich bemüht, zu rekonstruieren, zu welchem Zeitpunkt sie das erfahren habe. Für die Richtigkeit ihrer Aussage spricht auch, dass sie eingeräumt hat, über den Defekt des Fäkalientanks aufgeklärt worden zu sein. Insofern handelt es sich eher um eine für sie ungünstige Tatsache, denn der Defekt des Fäkalientanks war der Auslöser der Havarie. Die Beklagte konnte auch nicht ausschließen, dass möglicherweise das Gutachten bei den Unterlagen im Boot befindet. Allerdings konnte sie sich nach eigenen Worten überhaupt nicht daran erinnern, irgendein Gutachten eingesehen zu haben. Das Gericht ist allerdings davon überzeugt, dass die Klägerin sich an das Gutachten erinnert hätte, wenn dies tatsächlich Gegenstand der Kaufvertragsverhandlungen gewesen wäre.
Haben die Beklagten die Havarie arglistig verschwiegen, so war die Klägerin gemäß § 326 Abs. 5 i. V. m. § 275 Abs. 1 BGB zum Rücktritt berechtigt. Eines Nacherfüllungsverlangens bedurfte es insoweit nicht, weil der Mangel, der dem Boot anhaftet, auch durch Nacherfüllung nicht beseitigt werden kann. Denn die Tatsache, dass das Schiff einmal voll gelaufen ist, kann nicht rückgängig gemacht werden. Insofern spielt es keine Rolle, ob der Wasserschaden fachgerecht beseitigt worden ist.
2. Neben dem Kaufpreis kann die Klägerin die weiteren geltend gemachten Kosten aus § 437 Nr. 3 i. V. m. § 284 BGB ersetzt verlangen. Insofern handelt es sich sämtlich um Aufwendungen, die die Klägerin im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung – also im Vertrauen darauf, dass sie das Schiff behalten werde – gemacht hat. Der Anspruch besteht statt eines Schadensersatzanspruchs aus § 281 Abs. 1 BGB. Ein solcher Anspruch steht der Klägerin zu, weil das arglistige Verschweigen des Mangels eine Pflichtverletzung der Beklagten ist und die Klägerin auch insoweit keine Frist zur Nacherfüllung setzen muss (§ 283 i. V. m. § 275 BGB).
3. Die Zahlungsansprüche sind, wie beantragt, gemäß § 348 BGB Zug um Zug gegen Rückgabe der Segelyacht zu erfüllen.
4. Der Feststellungsantrag, der im Hinblick auf den Nachweis in der Zwangsvollstreckung (§ 756 Abs. 1 ZPO) zulässig ist, ist auch begründet. Die Beklagten befinden sich gemäß § 293 BGB in Annahmeverzug, denn die Klägerin hat die Rückübereignung Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises wörtlich angeboten. Das wörtliche Angebot reicht gemäß den §§ 295, 298 BGB aus, weil die Beklagten den Rücktritt zurückgewiesen und damit die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rücknahme des Bootes abgelehnt haben.
5. Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 286, 288 Abs. 1 BGB. Hinsichtlich des Kaufpreises sind die Beklagten erst am 07. November 2009 in Verzug geraten, denn sie sind erst mit dem Rücktrittsschreiben vom 27. Oktober 2009 zur Zahlung aufgefordert worden und haben diese mit Schreiben vom 06. November 2009 abgelehnt. Hinsichtlich der weiteren Kosten ist Verzug erst durch die Zustellung der Klage (12. März 2010) eingetreten. Sie sind zuvor nicht verlangt worden.
Zur Erstattung der Anwaltskosten sind die Beklagten nicht verpflichtet. Ein Anspruch aus § 286 Abs. 1, 288 Abs. 4 BGB kommt nicht in Betracht, weil die Klägerin ihren Prozessbevollmächtigten bereits beauftragt hat, bevor die Beklagten in Verzug waren. Bereits zu diesem Zeitpunkt sind die Rechtsanwaltskosten entstanden.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
Worum geht es in dem Urteil?
Das Landgericht hatte über die Frage zu entscheiden, wie die Klausel “Gekauft wie gesehen” bei einem Kaufvertrag über eine Segelyacht zu verstehen ist. Nach Ansicht des Gerichts konnte sich der Käufer auf Gewährleistung berufen.
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