BGH, Urteil vom 22.10.2014, Az. VIII ZR 195/13
Leitsätze:
a) § 24 LFGB ist eine Ausnahmeregelung, die auf der Grundlage von § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB abweichend vom Verschuldenserfordernis als Regelform des Vertretenmüssens eine strengere Haftung bestimmt.
b) Danach haftet der Verkäufer von Futtermitteln, sofern er keine Angaben über die Beschaffenheit des Futters gemacht hat und dieses nicht der handelsüblichen Reinheit und Unverdorbenheit entspricht, dem Käufer gemäß § 280 Abs. 1 BGB, § 24 LFGB verschuldensunabhängig auf Schadensersatz.
c) Im Hinblick auf den Ausnahmecharakter des § 24 LFGB erstreckt sich die verschuldensunabhängige Haftung des Futtermittelverkäufers nicht auf Fälle, in denen lediglich der Verdacht besteht, dass das gelieferte Futtermittel nicht der handelsüblichen Reinheit und Unverdorbenheit entspricht.
d) Der auf konkreten Tatsachen beruhende, nicht auszuräumende Verdacht einer erheblichen Kontamination des gelieferten Futtermittels, welches zur Verfütterung an der Lebensmittelgewinnung dienende Tiere bestimmt ist, ist als Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB anzusehen. Insoweit kommt eine Verschuldenshaftung des Verkäufers nach § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 BGB in Betracht.
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 18. Juni 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die Klägerin, die Mischfuttermittel herstellt, belieferte den Beklagten, der eine Legehennenanlage betreibt, am 23. und 26. November 2010 mit Futtermittel. Bei einer zwischenzeitlich, am 24. November 2010, von der Klägerin durchgeführten Eigenuntersuchung in ihrem Betrieb wurde festgestellt, dass die Dioxinkonzentration des dabei untersuchten Futtermittels den gesetzlichen Grenzwert überschritt. Ursache waren verunreinigte Fette, die die Klägerin von der H. & J. GmbH bezogen hatte. Das Untersuchungsergebnis lag der Klägerin am 22. Dezember 2010 vor. Das für die Legehennenanlage des Beklagten gelieferte Futtermittel war zu dieser Zeit bereits verfüttert.
Über den Jahreswechsel 2010/2011 sperrte der Landrat des Kreises C. zwei Ställe des Beklagten. Die Klägerin erstattete dem Beklagten den Schaden, der durch die Entsorgung der Eier entstand, nicht jedoch Umsatzeinbußen in Höhe von 43.438,29 €, zu denen es kam, weil auch nach Aufhebung der Handelssperre produzierte Eier nicht oder nur zu einem geringeren Preis vermarktet werden konnten.
Mit der Klage verlangt die Klägerin Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 20.067,68 € für andere, nicht streitige Futtermittellieferungen. Der Beklagte macht geltend, dass die Kaufpreisforderung durch Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe von 43.438,29 € erloschen sei, und erhebt im weitergehenden Umfang Widerklage.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Widerklage hat es die Klägerin unter Abweisung der weitergehenden Widerklage zur Zahlung von 23.370,61 € und Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren und ihren Antrag auf Abweisung der Widerklage weiter.
Gründe
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht (OLG Oldenburg, RdL 2013, 272) hat im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klage abzuweisen und der Widerklage stattzugeben sei, weil dem Beklagten ein Schadensersatzanspruch gemäß § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 BGB in Höhe von 43.438,29 € zustehe.
Das von der Klägerin im November 2010 gelieferte Futter sei mangelhaft gewesen (§ 434 Abs. 1 BGB). Es sei schon deshalb nicht zur gewöhnlichen Verwendung geeignet gewesen, weil der auf konkreten Tatsachen beruhende Verdacht einer Dioxinbelastung bestanden habe. Bei Lebensmitteln könne eine Qualitätsminderung darin liegen, dass der Verdacht fehlender Eignung den Weiterverkauf hindere. Nichts anderes gelte bei einem in der Lebensmittelkette verwendeten Futtermittel. Zu dessen Eignung zum gewöhnlichen Gebrauch gehöre auch, dass es verwendet werden könne, ohne die Weiterveräußerung des produzierten Lebensmittels zu behindern. Es mache keinen Unterschied, ob der Verdacht zur Unverkäuflichkeit der Kaufsache oder der damit produzierten Lebensmittel führe. Es sei unerheblich, inwieweit tatsächlich eine Gefährdung für den Endverbraucher bestehe.
Die Haftung der Klägerin entfalle nicht dadurch, dass sie die Pflichtverletzung nicht zu vertreten habe (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). § 24 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB) begründe eine verschuldensunabhängige Haftung des Verkäufers. Nach der zur Zeit der Futtermittellieferungen geltenden Fassung der Vorschrift übernehme der Verkäufer die Gewähr für die handelsübliche Reinheit und Unverdorbenheit, wenn er bei der Abgabe von Futtermitteln keine Angaben über deren Beschaffenheit mache. Mangels derartiger Angaben müsse die Klägerin sich so behandeln lassen, als hätte sie eine Garantie für die Mangelfreiheit der Futtermittel abgegeben. Bereits für die Vorgängerregelung des § 6 Futtermittelgesetz (FMG) habe der Bundesgerichtshof in solchen Fällen eine Zusicherung im Sinne von § 459 Abs. 2 BGB aF angenommen (BGHZ 57, 292).
Der vom Gesetzgeber gewollte Schutz des Tierhalters sei nur dann gegeben, wenn der Verkäufer nicht nur im Rahmen der allgemeinen Mängelhaftung für die handelsübliche Reinheit und Unverdorbenheit des Futtermittels einzustehen habe. Würde § 24 LFGB aF ein Verschulden voraussetzen, hätte die Regelung praktisch keinen Anwendungsbereich, weil sich Gewährleistungsansprüche des Käufers bei Lieferung von nicht der handelsüblichen Reinheit und Unverdorbenheit entsprechendem Futtermittel bereits aus den §§ 434 ff. BGB ergäben. Es könne nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber eine Norm lediglich aus deklaratorischen Gründen übernehme, ohne ihr eine eigenständige Bedeutung zu geben. Das Bedürfnis für eine verschuldensunabhängige Haftung bestehe auch nach der Schuldrechtsreform fort. Zwar setze ein Anspruch auf Ersatz von Mangelfolgeschäden keine Zusicherung des Verkäufers mehr voraus, erfordere aber, dass er den Mangel zu vertreten habe, § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB. Der vom Gesetzgeber von jeher gewollte Schutz des Käufers werde nur durch eine Auslegung des § 24 LFGB aF erreicht, die ein Verschulden nicht voraussetze.
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Bundesratsinitiative des Landes Niedersachsen (BR-Drucks. 151/2/13). Selbst wenn man die Bundesratsinitiative als Indiz gegen eine verschuldensunabhängige Haftung verstünde, handele es sich nur um eine politische Absichtserklärung. Es bedürfe keiner neuen gesetzlichen Regelung für Vermarktungsverluste aufgrund von Verdachtsfällen.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Annahme einer verschuldensunabhängigen Garantiehaftung bestünden nicht. Der erforderliche Schutz des Käufers rechtfertige die Einstandspflicht des Verkäufers, ohne dass dieser unangemessen benachteiligt werde. Das Risiko der Mangelhaftigkeit des Futtermittels aufgrund von Umständen in der Sphäre seines Lieferanten habe der Verkäufer zu tragen.
Der geltend gemachte Schaden sei der Klägerin als adäquat verursacht zuzurechnen. Die Nichtabnahme der produzierten Eier zum ursprünglich vereinbarten Preis liege auch nach Aufhebung der Handelssperre nicht außerhalb der Erwartung. Selbst wenn die Grenzwerte wieder unterschritten seien, sei ein zögerliches Kaufverhalten der Verbraucher sowie ein Markt- und Preiseinbruch naheliegend.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
Das Berufungsgericht hat verkannt, dass sich die in § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem in zeitlicher Hinsicht auf den Streitfall anzuwendenden § 24 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs in der seit dem 4. Juli 2009 geltenden und am 24. Juli 2009 bekannt gemachten Neufassung des Gesetzes (BGBl. I S. 2205), welche bis zum 3. August 2011 gültig war (nachfolgend: § 24 LFGB aF), angeordnete verschuldensunabhängige Haftung des Futtermittelverkäufers auf die handelsübliche Reinheit und Unverdorbenheit der gelieferten Futtermittel beschränkt und es deshalb insoweit entscheidend auf die – vom Berufungsgericht offen gelassene – Frage ankommt, ob das von der Klägerin an den Beklagten gelieferte Futtermittel tatsächlich in einem die einschlägigen Grenzwerte überschreitenden Umfang mit Dioxin belastet war (1.).
Im Hinblick auf eine – nur außerhalb der verschuldensunabhängigen Haftung nach § 24 LFGB aF – in Betracht kommende Sachmängelhaftung der Klägerin nach §§ 434, 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt eines Verdachts der Dioxinbelastung des gelieferten Futters fehlt es an Feststellungen des Berufungsgerichts zu einem Verschulden der Klägerin bzw. zur Widerlegung der sich aus § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB ergebenden Verschuldungsvermutung (2.).
1. Dem Berufungsgericht ist allerdings darin beizupflichten, dass der Futtermittelverkäufer gemäß § 24 LFGB aF dem Käufer verschuldensunabhängig auf Schadensersatz haftet, wenn er keine Angaben über die Beschaffenheit des Futters gemacht hat und dieses nicht der handelsüblichen Reinheit und Unverdorbenheit entspricht. Die Vorschrift bestimmt unter der Überschrift “Gewähr für die handelsübliche Reinheit und Unverdorbenheit”:
“Macht der Veräußerer bei der Abgabe von Futtermitteln keine Angaben über die Beschaffenheit, so übernimmt er damit die Gewähr für die handelsübliche Reinheit und Unverdorbenheit. Futtermittel gelten insbesondere nicht als von handelsüblicher Reinheit, wenn sie einer nach § 23 Nr. 1 Buchstabe a erlassenen Rechtsverordnung nicht entsprechen.”
Nach dieser Regelung gilt die handelsübliche Reinheit des Futtermittels als vereinbart, sofern der Veräußerer keine Angaben über die Beschaffenheit macht. Nicht handelsüblich sind Futtermittel, bei denen festgesetzte Höchstmengen an unerwünschten Stoffen überschritten sind (vgl. BT-Drucks. 15/3170, S. 13).
a) Gemäß § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB hat der Schuldner Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos zu entnehmen ist. § 24 LFGB aF ist eine gesetzliche Bestimmung, die eine strengere Haftung des Futtermittelunternehmers anordnet (ebenso Boch, ZLR 2013, 111, 114 f.), weswegen es der Annahme einer Garantiehaftung im Sinne von § 443 BGB entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (Döring in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 157. Ergänzungslieferung, 2014, § 24 LFGB Rn. 18) nicht bedarf, weil diese lediglich als ergänzende Fallgruppe einer verschuldensunabhängigen Einstandspflicht aufgeführt ist (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 14. Mai 2001, BT-Drucks. 14/6040, S. 132, zu § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB).
§ 24 LFGB aF begründet eine verschuldensunabhängige Haftung des Futtermittelunternehmers. Bereits die Vorläuferregelungen sahen eine verschuldensunabhängige Haftung des Futtermittelverkäufers vor, die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BGBl. I S. 3138) aus dem Fehlen kraft Gesetzes zugesicherter Eigenschaften gemäß § 463 Satz 1, § 459 Abs. 2 BGB aF hergeleitet wurde (aa). Zwar ist der Schadensersatzanspruch des Käufers wegen des Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft der verkauften Sache mit der Schuldrechtsmodernisierung in dem allgemeinen Schadensersatzanspruch wegen einer vom Verkäufer zu vertretenden Pflichtverletzung aufgegangen (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 132). Der Gesetzgeber des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs wollte die Rechtsstellung des Futtermittelkäufers jedoch erklärtermaßen nicht schwächen (bb, cc).
aa) (1) § 24 LFGB aF geht auf § 6 des Futtermittelgesetzes vom 22. Dezember 1926 (RGBl. I S.525) zurück. § 6 FMG 1926 lautete:
“Macht der Veräußerer bei der Veräußerung von Futtermitteln keine Angaben über die Beschaffenheit, so übernimmt er damit die Gewähr für die handelsübliche Reinheit und Unverdorbenheit.”
Die Bedeutung der Norm lag namentlich darin, dass der Veräußerer, wenn er bei der Abgabe des Futtermittels keine Beschaffenheitsangaben macht, damit die Eigenschaften “handelsübliche Reinheit und Unverdorbenheit” im Sinne von § 459 Abs. 2 BGB aF zusicherte. Fehlte dem veräußerten Futtermittel die handelsübliche Reinheit und Unverdorbenheit, so haftete der Veräußerer gemäß § 463 Satz 1 BGB aF verschuldensunabhängig auf Schadensersatz (Senatsurteil vom 24. November 1971 – VIII ZR 81/70, BGHZ 57, 292, 296 ff.). Der Senat hat zur Begründung darauf abgestellt, dass der Veräußerer gesetzlich verpflichtet ist, wenn die handelsübliche Reinheit und Unverdorbenheit nicht gegeben ist, über diese Mängel bei der Veräußerung Angaben zu machen (Senatsurteil vom 24. November 1971 – VIII ZR 81/70, aaO 294). Hätte § 6 FMG 1926 lediglich zum Ausdruck bringen wollen, dass der Verkäufer gegenüber dem Tierhalter zur Lieferung handelsüblicher Ware verpflichtet sei, wäre die Vorschrift von geringer Bedeutung, denn nach § 243 BGB habe der Verkäufer von Futtermitteln ohnehin Ware mittlerer Art und Güte zu liefern. Für das Auslegungsergebnis, dass nach § 6 FMG 1926 der Veräußerer auch bei Schweigen über Reinheit und Unverdorbenheit stillschweigend diese Eigenschaften als vorhanden zusichere, spreche auch der Zweck des Gesetzes. Der vom Gesetzgeber gewollte Schutz des Tierhalters sei nur dann gegeben, wenn der Verkäufer nicht nur im Rahmen der allgemeinen Mängelhaftung für die handelsübliche Reinheit und Unverdorbenheit des Futtermittels einzustehen habe (Senatsurteil vom 24. November 1971 – VIII ZR 81/70, aaO 296 f.).
Diese Erwägungen haben ihre Berechtigung nicht verloren. Sie sind vielmehr verstärkt worden, weil der Gesetzeszweck nicht auf den Schutz des Tierhalters beschränkt werden kann, sondern auch ein hohes Maß an Schutz für Leben und Gesundheit des Menschen gewährleisten soll (vgl. Erwägungsgrund 2 der Basis-VO [EG] Nr. 178/2002). Zwar hat der Senat zusätzlich ausgeführt, dass § 6 FMG 1926 die vorhergehenden §§ 4, 5 ergänze, wonach der Verkäufer verpflichtet war, bestimmte Angaben über den Gehalt an wertbestimmenden Bestandteilen des Futtermittels zu machen (sogenannte Deklarationspflicht; Senatsurteil vom 24. November 1971 – VIII ZR 81/70, aaO 297). Entgegen der Ansicht der Revision (ebenso Steiling/Soravia, ZLR 2012, 593, 596) rechtfertigt es keine andere Beurteilung, dass diese beiden Bestimmungen in Wegfall gekommen sind. Aus dem Gesamtzusammenhang des Senatsurteils wird deutlich, dass dieser Zusatzerwägung keine entscheidende Bedeutung zuzumessen ist.
(2) In der weiteren Gesetzgebungsgeschichte der Vorschrift ist die verschuldensunabhängige Haftung des Futtermittelunternehmers bestätigt worden. § 6 FMG 1926 wurde von § 7 Abs. 3 des Futtermittelgesetzes vom 2. Juli 1975 (BGBl. I S. 1745) übernommen. Der Bundesgerichtshof hat im Anschluss an das Senatsurteil vom 24. November 1971 (VIII ZR 81/70, aaO) und unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien, wonach ein Schweigen des Veräußerers zwingend als Zusicherung der handelsüblichen Reinheit und Unverdorbenheit im Sinne von § 459 Abs. 2 BGB aF anzusehen sei (BT-Drucks. 7/2990, S. 18), ausgesprochen, dass für § 7 Abs. 3 des Futtermittelgesetzes 1975 nichts anderes gelte als zuvor (BGH, Urteil vom 20. November 1984 – IVa ZR 104/83, BGHZ 93, 23, 25 f.).
bb) An der verschuldensunabhängigen Haftung des Futtermittelunternehmers hat der Gesetzgeber nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts festgehalten.
(1) § 7 Abs. 3 des Futtermittelgesetzes 1975 wurde durch das Gesetz vom 21. Juli 2004 zur Änderung des Futtermittelgesetzes und Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (BGBl.I S.1756) neu gefasst und lautete:
“Macht der Veräußerer bei der Abgabe von Futtermitteln, Zusatzstoffen und Vormischungen keine Angaben über deren Beschaffenheit, so übernimmt er damit die Gewähr für die handelsübliche Reinheit und Unverdorbenheit. Futtermittel, Zusatzstoffe und Vormischungen gelten insbesondere nicht als von handelsüblicher Reinheit, wenn sie einer nach § 4 Abs. 1 Nr.5 Buchstabe a erlassenen Rechtsverordnung nicht entsprechen.”
In der Neufassung des §7 Abs.3 wurde Satz1 des bis dahin geltenden Rechts – bis auf die Aufnahme von Zusatzstoffen und Vormischungen – unverändert in das neue Recht übernommen und lediglich ein zweiter Satz eingefügt, der dazu diente, den Begriff der handelsüblichen Reinheit in Satz1 zu konkretisieren. Dies weist bereits darauf hin, dass der Gesetzgeber keinen Anlass gesehen hat, von der verschuldensunabhängigen Haftung des Futtermittelunternehmers abzuweichen.
(2) Aufgrund des Gesetzes zur Neuordnung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts vom 1. September 2005 (BGBl. I S. 2618) trat am 7. September 2005 das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch in Kraft. Da mit der Ablösung des Futtermittelgesetzes durch das LFGB auch Futtermittelzusatzstoffe und Vormischungen in die Definition des Futtermittelbegriffs einbezogen wurden, konnte die gesonderte Bezugnahme auf Futtermittelzusatzstoffe und Vormischungen in der im Übrigen unverändert in das LFGB als § 24 übernommenen Vorschrift wieder entfallen. Die im Streitfall geltende Fassung des § 24 LFGB entspricht dieser Gesetzesfassung. Die amtliche Begründung lautet: “Die Regelung überführt § 7 Abs. 3 FMG” (Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Lebensmittel- und des Futtermittelrechts vom 24. August 2004, BT-Drucks. 15/3657, S. 64). Das verdeutlicht den Willen des Gesetzgebers, eine verschuldensunabhängige Haftung des Futtermittelverkäufers, der bei Abgabe des Futtermittels keine Angaben über dessen Beschaffenheit macht, für die handelsübliche Reinheit und Unverdorbenheit auch nach der Schuldrechtsreform beizubehalten (so auch Boch, LFGB, 3. Aufl., § 24 Rn. 3 ff.; ders., ZLR 2013, 111, 113; Wehlau, LFGB, 2. Aufl., § 24 Rn. 2; siehe auch Naue/Torwegge, Agrar- und Umweltrecht 2013, 445, 446). Die Sichtweise der Revision, dass für eine solche Haftung des Futtermittelunternehmers kein Bedürfnis mehr bestehe, wird dem Willen des Gesetzgebers nicht gerecht.
Entgegen der Ansicht der Revision ist die Bestimmung auch nicht systemwidrig, sondern steht mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz in Einklang. Zwar ist der Schadensersatzanspruch des Käufers wegen der Lieferung einer mangelhaften Sache durch den Verkäufer gemäß § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 BGB von einem Vertretenmüssen des Verkäufers abhängig. Das bedeutet jedoch nicht, dass neben der kaufrechtlichen Sachmängelhaftung keine verschuldensunabhängige Haftung angeordnet werden könnte.
cc) Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs sowie anderer Vorschriften vom 27. Juli 2011 (BGBl. I S. 1608), welches am 4. August 2011 in Kraft getreten ist, wurde § 24 LFGB an das Unionsrecht angepasst. Mit Rücksicht auf die VO [EG] Nr. 767/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über das Inverkehrbringen und die Verwendung von Futtermitteln (ABl. L 299/1 vom 1. September 2009) lautet § 24 LFGB seitdem:
“Der Verkäufer eines Futtermittels übernimmt die Gewähr dafür, dass das Futtermittel die in Artikel 4 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 767/2009 bezeichneten Anforderungen erfüllt.”
Die Neufassung des § 24 LFGB ist im Streitfall zwar nicht anwendbar. Die Gesetzesmaterialien bekräftigen jedoch, dass der Gesetzgeber den Schutz des Futtermittelkäufers nach der Schuldrechtsmodernisierung nicht verringern wollte, denn in den Gesetzesmaterialien heißt es, dass “die bereits durch das Futtermittelgesetz aus dem Jahre 1926 eingeführte und im Futtermittelgesetz aus dem Jahre 1975 und dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch im Jahre 2005 fortgeschriebene, die Rechte des Käufers eines Futtermittels stärkende Regelung weiter beibehalten werden” solle (Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregierung vom 6. April 2011, BT-Drucks. 17/5392, S. 7; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 25. Mai 2011, BT-Drucks. 17/5953, S. 18). Dies trifft jedenfalls für die im Streitfall maßgebliche Fassung des § 24 LFGB zu. Ob der Gesetzgeber des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs sowie anderer Vorschriften vom 27. Juli 2011 die ursprüngliche Regelung nicht nur beibehalten, sondern darüber hinaus verschärft hat (vgl. Döring in Zipfel/Rathke, aaO, § 24 LFGB Rn. 19 f.; Steiling/Soravia, aaO S. 598 ff.), kann hier auf sich beruhen.
dd) Die von der Klägerin erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken greifen nicht durch.
(1) Die nach Maßgabe des § 24 LFGB aF verschuldensunabhängige Haftung ist auch in Ansehung der durch Art. 12 GG geschützten Berufsfreiheit des Futtermittelunternehmers gerechtfertigt. § 24 LFGB aF zielt darauf ab, hohe Standards der Qualitätssicherung zum Zweck der frühzeitigen Bekämpfung unerwünschter Stoffe in Futtermittel zu gewährleisten. Die verschuldensunabhängig ausgestaltete Einstandspflicht des Futtermittelunternehmers ist betriebswirtschaftlich steuer- und beherrschbar. Entgegen der Ansicht der Revision wird der Futtermittelunternehmer keiner uferlosen Schadensersatzhaftung ausgesetzt, wenn eine Kontamination des in den Verkehr gebrachten Futtermittels – wie hier – eine Mitursache in dem der Kontrolle des Futtermittelunternehmers unterstehenden Einflussbereich hat. Er ist am besten in der Lage, im eigenen Betrieb ein sicheres System der Futtermittelherstellung einzurichten und dieses zur Grundlage der eigenen Kalkulation zu machen, um dafür zu sorgen, dass das von ihm ausgelieferte Futtermittel sicher ist (siehe die Erwägungsgründe 30 und 31 der Basis-VO [EG] Nr. 178/2002).
Es bedarf keiner Entscheidung, ob der Futtermittelunternehmer sich, wie die Revision meint, mit Rücksicht auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter Anwendung des Rechtsgedankens des § 1 Abs. 2 ProdHaftG in bestimmten Fallgestaltungen entlasten kann. Die Revision zeigt nicht auf, dass die tatsächlichen Voraussetzungen einer der dort aufgeführten Entlastungstatbestände im Streitfall gegeben sind.
(2) Die Haftung des Futtermittelunternehmers gemäß § 24 LFGB aF verstößt nicht gegen das allgemeine Gleichheitsgebot in Art. 3 Abs. 1 GG. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Art. 3 Abs. 1 GG ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt. Weiterhin ist der allgemeine Gleichheitssatz dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Dafür kommt es wesentlich auch darauf an, in welchem Maß sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (BVerfGE 130, 52, 65 f.; 133, 377 Rn. 74 ff.; Senatsurteil vom 1. Dezember 2010 – VIII ZR 241/07, WM 2011, 514 Rn. 16 ff.; jeweils mwN).
Danach ist die gesetzliche Wertung nicht zu beanstanden. Zwar gibt es für Lebensmittelunternehmer keine entsprechende Haftungsnorm. Die Gefahrenlage ist jedoch nicht vergleichbar (anders Naue/Torwegge, aaO, S. 447). Futtermittel wurden als sensibles Glied am Anfang der Lebensmittelkette bezeichnet (so Erwägungsgrund 1 der VO [EG] Nr. 767/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über das Inverkehrbringen und die Verwendung von Futtermitteln, ABl. L 299/1 vom 1. September 2009). Dies wird besonders deutlich, wenn schädliche Futtermittel – wie hier – anderen, an sich unschädlichen Futtermitteln beigemischt werden, so dass große Mengen insgesamt nicht verkehrsfähiger Futtermittel mit Umweltgiften in die Lebensmittelkette eingeschleppt werden und auf den Markt gelangen können (vgl. Boch, ZLR 2013, 111, 119). Das rechtfertigt das Anliegen des Gesetzgebers, unzulässige Belastungen von Futtermitteln – als erstes Glied der Lebensmittelkette – schon auf der ersten Produktionsstufe zu vermeiden und Futtermittelunternehmer auf diese Weise zu veranlassen, auch die Qualität ihrer rückwärtigen Lieferkette zu sichern.
b) Nach diesen Grundsätzen kommt eine verschuldensunabhängige Haftung der Klägerin nicht in Betracht, weil das Berufungsgericht keine Dioxinbelastung des gelieferten Futtermittels festgestellt hat. Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, erfasst § 24 LFGB aF keine Schäden, die aufgrund von Verdachtsfällen entstanden sind. Zwar wäre dies mit dem Wortlaut vereinbar, denn auch verdächtiges Futtermittel ist nicht handelsüblich. Im Hinblick auf den Ausnahmecharakter der Bestimmung, die auf der Grundlage von § 276 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BGB vom Verschuldenserfordernis als Regelform des Vertretenmüssens von Pflichtverletzungen (§ 276 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BGB) abweicht, ist jedoch eine enge Auslegung geboten.
aa) Die Gesetzesmaterialien geben keinen Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber die in § 24 LFGB aF geregelte Gewährübernahme des Veräußerers für handelsübliche Reinheit und Unverdorbenheit des Futtermittels auf bloße Verdachtsfälle erstrecken wollte. Dass der Gesetzgeber, der sich bei Schaffung der Norm auf einen Verweis auf die Rechtslage zu den im wesentlichen inhaltsgleichen Vorgängerbestimmungen beschränkt hat (vgl. BT-Drucks. 15/3657, S. 64), deren Verständnis wiederum maßgeblich durch das Senatsurteil vom 24. November 1971 (VIII ZR 81/70, aaO) geprägt war, die erkannte Garantiehaftung des Verkäufers für eine tatsächlich vorhandene Verunreinigung des gelieferten Futtermittels sogar auf bloße Verdachtsfälle ausdehnen wollte, ist nicht ersichtlich.
Das gilt umso mehr, als die Entstehung eines bloßen Verdachts auch auf Ursachen außerhalb der Sphäre des Verkäufers beruhen kann, ohne dass er die Möglichkeit hat, diese Ursachen und den Verlauf eines solchen Verdachts hinreichend zu beherrschen. Die Annahme, dass der Gesetzgeber gleichwohl in die nach dem Senatsurteil bestehende Garantiehaftung auch bloße Verdachtsfälle einbeziehen wollte, liegt deshalb fern.
bb) Gegen die Erstreckung des § 24 LFGB aF auf Verdachtsfälle spricht ferner, dass der Gesetzgeber des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs in anderen Bestimmungen ausdrücklich Anordnungen für den Fall eines Verdachts getroffen hat. So gibt § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB aF den zuständigen Behörden unter anderem die Befugnis, die zur Feststellung der Ausräumung eines (hinreichenden) Verdachts eines Gesetzesverstoßes erforderlichen Anordnungen zu treffen. Des Weiteren soll eine Information der Öffentlichkeit erfolgen, wenn der (hinreichende) Verdacht besteht, dass gegen Vorschriften des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs verstoßen wurde, die dem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Gesundheitsgefährdungen dienen (§ 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchstabe a LFGB aF). Weitere behördliche Mitteilungen in Verdachtsfällen sind in § 38 Abs. 6, § 42 Abs. 4 sowie in § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LFGB aF vorgesehen. Daraus ist im Umkehrschluss zu folgern, dass der Gesetzgeber § 24 LFGB aF nicht auf Fälle des Mangelverdachts zugeschnitten hat.
cc) Dieses Normverständnis spiegelt sich auch in der Entschließung des Bundesrats vom 22. März 2013 wieder, mit der die Bundesregierung um Prüfung gebeten worden ist, ob eine Haftungsregelung in das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, zum Beispiel in § 24, integriert werden könne, die Einkommensausfälle landwirtschaftlicher Betriebe auch dann abgedeckt, wenn diese aufgrund von Verdachtsfällen gesperrt werden und ihre Produkte deshalb zeitweise nicht vermarkten dürfen, auch wenn sich der Verdacht schließlich nicht bestätigt. Zum Schutz dieser Betriebe bedürfe es einer umfassenden Haftungsregelung, die auch Schäden aus Verdachtsfällen erfasse (BR-Drucks. 151/13 [B], S. 4 f.; dazu Krüger, BZAR 2013, 496 ff.). Auch der Bundesrat geht demnach davon aus, dass das geltende Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch eine solche Haftungsregelung nicht enthält.
2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Zwar ist dem Berufungsgericht auch darin beizupflichten, dass bereits der auf konkreten Tatsachen beruhende, nicht auszuräumende Verdacht einer erheblichen Dioxinbelastung als Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB anzusehen ist (a) und ein solcher Mangelverdacht vorliegend auch besteht (b). Insoweit steht aber eine Verschuldenshaftung des Verkäufers nach § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 BGB in Rede, der allerdings die Verschuldensvermutung des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB widerlegen kann. Hierzu hat das Berufungsgericht – von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig – keine Feststellungen getroffen.
a) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht an die Rechtsprechung des Senats angeknüpft, wonach beim Kauf von Lebensmitteln, die zur Weiterveräußerung bestimmt sind, ein Sachmangel der gelieferten Ware auch dann anzunehmen ist, wenn sie wegen ihrer Herkunft unter dem auf konkrete Tatsachen gestützten, naheliegenden Verdacht gesundheitsschädlicher Beschaffenheit stehen, dieser Verdacht durch dem Käufer zumutbare Maßnahmen nicht zu beseitigen ist und daher die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verkäuflichkeit der Ware entfällt (Senatsurteile vom 16. April 1969 – VIII ZR 176/66, BGHZ 52, 51; vom 14. Juni 1972 – VIII ZR 75/71, WM 1972, 1314; vom 23. November 1988 – VIII ZR 247/87, NJW 1989, 218; jeweils zu § 459 Abs. 1 BGB aF). Das gilt auch dann, wenn der Verdacht – wie hier – zwar erst nach Gefahrübergang entsteht, aber auf Tatsachen beruht, die vor Gefahrübergang gegeben waren, jedoch nicht erkannt worden sind (Senatsurteil vom 14. Juni 1972 – VIII ZR 75/71, aaO).
An diesen Grundsätzen, die im Schrifttum Zustimmung gefunden haben (Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, Neubearbeitung 2014, § 434 Rn. 158 f., 246 f.; Palandt/Weidenkaff, BGB, 73. Aufl., § 434 Rn. 58; Münch-KommBGB/Westermann, 6. Aufl., § 434 Rn. 13, 76; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, 8. Aufl., Rn. 316; BeckOK BGB/Faust, Stand: 1. August 2014, § 434 Rn. 71; ders. in Festschrift Picker, 2010, S. 185 ff.; kritisch Erman/Grunewald, BGB, 14. Aufl., § 434 Rn. 7), ist auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Schuldrechts festzuhalten.
Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass diese Grundsätze auch zum Tragen kommen, wenn der konkrete Verdacht besteht, dass die Inhaltsstoffe von Futtermitteln für der Lebensmittelgewinnung dienende Tiere die zulässigen Höchstwerte überschreiten und die Verkäuflichkeit des produzierten Lebensmittels dadurch beeinträchtigt wird. Um Lebensmittelsicherheit gewährleisten zu können, müssen alle Aspekte der Lebensmittelherstellungskette betrachtet werden, einschließlich der Futtermittelproduktion bis hin zum Verkauf solcherart produzierter Lebensmittel an den Verbraucher, weil jedes Glied dieser Kette, auch kontaminierte Futtermittel, Auswirkung auf die Lebensmittelsicherheit haben kann (vgl. die Erwägungsgründe 12, 13 der Verordnung [EG] Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit, ABl. L 31/1 vom 1. Februar 2002; nachfolgend: Basis-VO [EG] Nr. 178/2002). Deshalb umfasst das Lebensmittelrecht nicht nur die Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen von Lebensmitteln, sondern auch von Futtermitteln, die für der Lebensmittelgewinnung dienende Tiere hergestellt oder an sie verfüttert werden (Art. 3 Nr. 1 Basis-VO [EG] Nr. 178/2002).
b) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die tatrichterliche Würdigung, dass im Streitfall der konkrete Verdacht einer unzulässigen Dioxinbelastung des gelieferten Futtermittels bestanden habe (§ 286 Abs. 1 ZPO).
aa) Aufgrund der Untersuchung vom 24. November 2010 im Betrieb der Klägerin wurde festgestellt, dass das untersuchte Futtermittel mit Dioxin in einer Konzentration belastet war, die über dem festgesetzten Grenzwert lag. Die Klägerin belieferte den Beklagten in zeitlich engem Zusammenhang, nämlich nur einen Tag vor der Untersuchung sowie zwei Tage danach, mit Mischfuttermitteln. Es ist weder von der Klägerin vorgetragen noch vom Berufungsgericht festgestellt worden, aus welchem Grund sich die festgestellte Grenzwertüberschreitung auf die untersuchten Chargen beschränkt haben soll. Es sind keine Anhaltspunkte dafür festgestellt, dass die Klägerin die dioxinbelasteten Fette, welche sie zuvor von der H. & J. GmbH erworben hatte, bei der Herstellung des später vom Beklagten erworbenen Mischfuttermittels nicht verwendet haben sollte. Sofern sich das Berufungsgericht nicht bereits die Überzeugung bilden konnte, dass auch das dem Beklagten gelieferte Mischfuttermittel überhöhte Dioxinwerte aufwies, drängte sich jedenfalls der konkrete Verdacht einer unzulässigen Dioxinbelastung auf.
bb) Die Revision hält dem Berufungsurteil ohne Erfolg entgegen, dass der Verdacht nachträglich durch die Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) vom 26. Januar 2011 ausgeräumt worden sei. In der Stellungnahme heißt es unter anderem:
“Technische Fettsäuren mit hohen Dioxingehalten sind in pflanzliche Futterfette eingemischt und anschließend zur Futtermittelherstellung verwendet worden. Verschiedene Geflügel-, Schweinemast- und Legehennenbetriebe sowie Milcherzeugerbetriebe haben Futtermittel mit den verunreinigten Fetten bezogen und verfüttert.
Die Überwachungsbehörden der Bundesländer haben aus betroffenen Betrieben Proben von Fleisch, Eiern und Milch auf ihren Dioxingehalt untersucht. Die ermittelten Dioxingehalte für Fleisch von Schweinen und Legehennen sowie von Eiern liegen nur bei wenigen Proben über den in der Europäischen Union festgelegten Höchstgehalten. […] Das BfR kommt auf Grundlage seiner Risikoabschätzung zu dem Ergebnis, dass, selbst wenn Eier […] mit Gehalten im Bereich der höchsten gemessenen Werte aus dem aktuellen Verdachtsproben über einen längeren Zeitraum verzehrt wurden, weder eine unmittelbare noch eine langfristige gesundheitliche Beeinträchtigung der Verbraucher zu erwarten ist.
[…] Die gemessenen Dioxingehalte bei Eiern, Fleisch von Legehennen und Mastschweinen lagen nur in wenigen Fällen über den gesetzlichen Höchstgehalten. […] Von den untersuchten Mischfuttermitteln wurde in keiner Probe der zulässige Höchstgehalt für Dioxine überschritten […]”.Daraus lässt sich zugunsten der Klägerin nichts herleiten. Die vorgenannte Stellungnahme bezieht sich nicht auf konkrete Betriebe. Aufgrund der unstreitigen tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts steht zudem fest, dass im Betrieb der Klägerin hergestelltes Mischfuttermittel mit Dioxin in einer über dem Grenzwert liegenden Konzentration belastet war. Aus der Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung folgt entgegen der Ansicht der Revision nicht, dass sich der Verdacht, der die Verkäuflichkeit der Hühnereier beeinträchtigte, als unberechtigt erwiesen hat, denn jedenfalls “bei wenigen Proben” war ein relevant erhöhter Dioxingehalt vorhanden. Zwar hat sich herausgestellt, dass letztlich keine Gesundheitsgefahr für Endverbraucher bestand. Nach der Rechtsprechung des Senats ist es jedoch nicht erforderlich, dass sich eine Gesundheitsgefahr später als tatsächlich vorhanden bestätigen muss, zumal es in solchen Fällen nicht auf den Verdacht ankäme (Senatsurteil vom 14. Juni 1972 – VIII ZR 75/71, aaO unter I 3 b).
III.
Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif. Sofern das Berufungsgericht auch in der neuen Berufungsverhandlung dazu kommt, dass lediglich ein Verdachtsmangel gegeben ist, haftet die Klägerin nur für vorsätzliche und fahrlässige Pflichtverletzungen (§ 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB). Da das Berufungsgericht – wie ausgeführt – keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die Verschuldensvermutung des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB widerlegt hat, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die noch erforderlichen Feststellungen nachgeholt werden können (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Dr. Milger, Dr. Hessel, Dr. Schneider, Dr. Fetzer, Kosziol
Vorinstanzen:
LG Oldenburg, Entscheidung vom 28.01.2013 – 4 O 2100/12 –
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 18.06.2013 – 12 U 26/13 –
Worum geht es in dem Urteil?
In diesem Urteil hatte der BGH über einen Anspruch auf Schadensersatz des Käufers zu entscheiden. Nach dem BGH haften Verkäufer von Futtermitteln auf Schadensersatz, wenn sie keine Angaben über die Beschaffenheit des Futters machen hat und das Futtermittel nicht der üblichen Reinheit entspricht. Dies gilt auch dann, wenn kein Verschulden des Verkäufers vorliegt.
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