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Nebenklage im Strafrecht: Was sollten Opfer und Angehörige wissen?
1. Was ist eine Nebenklage? Welchen Zweck hat sie?
Im Strafrecht haben Opfer üblicherweise lediglich die Stellung eines Zeugen. Als Zeuge hat das Opfer jedoch keine Möglichkeit, aktiv am Prozess teilzunehmen. Durch die Möglichkeit der Nebenklage soll sich dies ändern.
Sofern das Opfer Nebenklage erhebt, ist es nicht nur Zeuge, sondern ein selbstständiger Verfahrensbeteiligter mit eigenen Rechten. Das Opfer hat eine vergleichbare Stellung wie der Staatsanwaltschaft.
2. Welche Opfer können Nebenklage erheben?
Nach aktueller Rechtslage können nur besonders schutzwürdige Opfer Nebenklage erheben. Der Täter muss also ein bestimmtes Delikt begehen. Erfasst sind nach § 395 StPO vor allem folgende Straftaten:
» Sexualdelikte, insbesondere Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und sexueller Missbrauch.
» Versuchter Mord und Totschlag.
» Einfache Körperverletzung, gefährliche Körperverletzung, Aussetzung.
» Menschenhandel, Menschenraub, Verschleppung, Entziehung Minderjähriger, Kinderhandel, Zwangsheirat, Nachstellung & Stalking, Erpresserischer Menschenraub, Geiselnahme, besonders schwere Nötigung.
» Verstoß gegen Kontaktverbote und sonstige Anordnungen nach dem Gewaltschutzgesetz (GewSchG).
» Gewisse Verstöße gegen das Wettbewerbs- und Urheberrecht.
Bei anderen Delikten ist eine Nebenklage im Ausnahmefall dann möglich, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, insbesondere bei schweren Folgen der Tat. Unter diesen Voraussetzungen kann beispielsweise auch bei einem Raub, einer Erpressung oder bei einer nur fahrlässigen Körperverletzung Nebenklage erhoben werden.
Minderjährige Opfer können nicht selbst Nebenklage erheben. Erforderlich ist hier eine Vertretung durch die Sorgeberechtigten, meist also durch die Eltern.
Wichtig: Falls sich das Strafverfahren gegen einen Elternteil des Kindes richtet, so muss durch das Familiengericht ein Ergänzungspfleger bestellt werden. Dies gilt allerdings nur, falls die Eltern ein gemeinsames Sorgerecht haben.
3. Können Angehörige von Todesopfern Nebenklage erheben?
Eine Nebenklage darf in aller Regel nur das Opfer selbst erheben. Sofern das Opfer durch die Tat jedoch ums Leben gekommen ist, können nahe Angehörige Nebenklage gegen den Täter erheben.
Zu den nahen Angehörigen gehören folgende Personen:
- Kinder.
- Eltern.
- Geschwister.
- Ehegatten und Lebenspartner.
4. Welche Rechte hat der Nebenkläger?
Durch die Nebenklage erhält das Opfer eine ganze Reihe von Rechten, die ein bloßer Zeuge nicht besitzt. Diese Rechte ermöglichen es dem Nebenkläger, aktiv am Strafverfahren teilzunehmen.
Wichtig sind vor allem folgende Rechte:
- Akteneinsicht.
- Anwesenheit in der Hauptverhandlung.
- Befugnis zur Ablehnung eines Richters oder Sachverständigen (Befangenheitsantrag).
- Fragen an den Beschuldigten sowie an Zeugen und Sachverständige (Fragerecht).
- Beanstandung von Anordnungen des Vorsitzenden.
- Stellen von Beweisanträgen (Beweisantragsrecht).
- Rechtsmittel gegen das Urteil (Berufung und Revision).
- Recht auf ein eigenes Plädoyer.
5. Wie wird die Nebenklage erhoben? Ab wann ist sie möglich?
a) Anschlusserklärung
Nebenklage wird durch eine sog. „Anschlusserklärung“ erhoben. Hierin teilt das Opfer mit, dass es sich der Anklage durch die Staatsanwaltschaft anschließen möchte.
Die Anschlusserklärung wird üblicherweise vom Rechtsanwalt des Opfers abgegeben. Natürlich kann das Opfer aber auch selbst eine entsprechende Erklärung abgeben.
Die Anschlusserklärung muss schriftlich erfolgen (§ 396 Abs. 1 StPO). Möglich ist daneben aber auch eine Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle oder per Fax.
b) Zeitpunkt
Eine bestimmte Frist ist bei der Erhebung der Nebenklage nicht einzuhalten. Wirksam wird die Anschlusserklärung jedoch frühestens ab Vorliegen einer Anklage durch die Staatsanwaltschaft.
Sobald die Staatsanwaltschaft ein öffentliche Anklage erhoben hat, kann die Nebenklage in jedem Verfahrensabschnitt erfolgen. Die Erhebung der Nebenklage kann insbesondere auch im laufenden Prozess erfolgen. Möglich ist es sogar, die Nebenklage erst in der Berufung oder Revision zu erheben.
6. Welche Kosten entstehen bei der Nebenklage?
a) Anwaltskosten
Falls das Opfer einen Anwalt für die Nebenklage beauftragt, entstehen Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Nach diesem Gesetz wird der Rechtsanwalt des Nebenklägers vergütet wie ein normaler Strafverteidiger.
Die entstehenden Anwaltskosten sind hierbei von verschiedenen Umständen abhängig. Wichtig sind vor allem folgende Punkte:
» Zuständigkeit des Gerichts (Amtsgericht, Landgericht, Oberlandesgericht, Bundesgerichtshof).
» Anzahl und Dauer der Verhandlungstage.
» Anzahl der vertretenen Opfer.
Beispiel: Der Rechtsanwalt vertritt als Nebenklagevertreter lediglich ein Opfer. Zuständig für das Strafverfahren ist das Amtsgericht, wobei lediglich ein Verhandlungstermin stattfindet. In diesem Fall betragen die Anwaltskosten 785,40 EUR.
Im Einzelnen sind die Anwaltskosten von vielen weiteren Faktoren abhängig. Die Kosten können sich beispielsweise erhöhen, wenn das Opfer nicht nur eine Nebenklage erhebt, sondern im Strafverfahren auch Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend macht.
Einzelheiten der Anwaltskosten sollten Sie vorab mit einem Anwalt Ihres Vertrauens besprechen.
Unbedingt beachten: Sofern der Angeklagte schuldig gesprochen wird, hat das Opfer als Nebenkläger einen Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten. Der Anspruch auf Kostenerstattung ist in § 472 StPO ausdrücklich geregelt.
b) Beiordnung eines Anwalts bei einer besonders schweren Straftat
In gewissen Fällen besteht die Möglichkeit, dem Opfer für die Nebenklage ein Rechtsanwalt beizuordnen. Unabhängig von der finanziellen Lage des Opfers wird der Anwalt hier durch die Staatskasse bezahlt.
Die Beiordnung zur Nebenklage ist in § 397a Abs. 1 StPO geregelt. Voraussetzung ist hierbei, dass gegen das Opfer ein besonders schwerwiegendes Verbrechen begangen wurde.
» Mord und Totschlag, Vergewaltigung und sexuelle Nötigung, Schwere Körperverletzung, Raub, räuberische Erpressung, usw.
c) Prozesskostenhilfe (PKH)
Falls gegen das Opfer keine besonders schwerwiegende Straftat begangen wurde, besteht die Möglichkeit der Prozesskostenhilfe (PKH). Das Opfer kann für seine Nebenklage Prozesskostenhilfe beantragen, falls es die Anwaltskosten nicht selbstständig aufbringen kann. Erforderlich ist also eine finanzielle Bedürftigkeit.
» Der Antrag auf Prozesskostenhilfe ist beim Gericht zu stellen. Zuständig ist das Gericht, bei dem die Anklage erhoben wurde.
Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe gilt dabei nur für die jeweilige Instanz. Sofern der Nebenkläger nach einem Urteil beispielsweise Berufung oder Revision einlegen will, so ist ein neuer PKH-Antrag erforderlich.
7. Darf ein Anwalt mehrere Nebenkläger und Opfer vertreten?
Ein Anwalt darf stets nur einen Beschuldigten vertreten. Bei Opfern und Nebenklägern gilt diese Einschränkung jedoch nicht. Bei der Nebenklage besteht daher unproblematisch die Möglichkeit, dass sich mehrere Opfer von nur einem einzigen Rechtsanwalt vertreten lassen.
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Über den Autor
Rechtsanwalt Christian D. Franz ist Gründer und Inhaber der Kanzlei Franz. Die Kanzlei hat ihren Sitz in Frankfurt am Main und damit im Herzen Deutschlands. Durch die günstige Anbindung an Autobahnen, den Schienenverkehr und den Frankfurter Flughafen ist es der Kanzlei möglich, Mandanten im gesamten Bundesgebiet zu vertreten. Das Strafrecht und die Opferhilfe gehören dabei zu den wichtigsten Rechtsgebieten.
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Christian D. Franz, Rechtsanwalt