Anfechtung des Arbeitsvertrages durch den Arbeitgeber: Worauf ist zu achten?

Anfechtung des Arbeitsvertrages, Rechtsanwalt für Arbeitsrecht in Frankfurt

1. Was ist eine Anfechtung?

Eine Anfechtung ist die einseitige Aufhebung des Arbeitsvertrages. Das Recht zur Anfechtung wird durch das Kündigungsrecht nicht verdrängt. Anfechtung und Kündigung stehen vielmehr selbstständig nebeneinander

» Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 06.09.2012, Az. 2 AZR 270/11

Wichtig: Die Regeln der Kündigung finden bei der Anfechtung keine Anwendung. Dies hat beutende Konsequenzen:

» Eine Anhörung des Betriebsrates (§ 102 BetrVG) ist nicht erforderlich.

» Die Anfechtung kann formfrei erklärt werden. Die Schriftform ist nicht einzuhalten. Eine Anfechtung kann vielmehr auch mündlich, per Fax oder via Email erklärt werden.

» Beim Sonderkündigungsschutz für Schwerbehinderte, Schwangere und Co. ist eine Zustimmung der jeweiligen Behörde nicht erforderlich.

2. Wann hat der Arbeitgeber ein Anfechtungsrecht?

Eine Befugnis zur Anfechtung hat der Arbeitgeber nur dann, wenn er den Arbeitsvertrag mit einem “Willensmangel” abgeschlossen hat. Wann ein solcher Willensmangel vorliegt, wird vom Gesetzgeber abschließend bestimmt.

Ein Anfechtungsrecht hat der Arbeitgeber zum Beispiel bei einem Inhalts- und Erklärungsirrtum oder bei einem Irrtum über eine wesentliche Eigenschaft des Arbeitnehmers (§ 119 BGB). Diese Anfechtungsrechte sind im Arbeitsrecht jedoch nur von sehr geringer Bedeutung.

Das mit Abstand wichtigste Anfechtungsrecht ist die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB). Eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung hat folgende Voraussetzungen:

a) Täuschung und Irrtum

Der Arbeitgeber muss vom Arbeitnehmer vor dem Abschluss des Arbeitsvertrages getäuscht worden sein.

Eine Täuschung wird von der Rechtsprechung zum einen immer dann angenommen, wenn falsche Angaben gemacht werden. Daneben liegt eine Täuschung aber auch dann vor, wenn der Arbeitnehmer wichtige Tatsachen verschweigt.

Im Arbeitsalltag geht es hier nahezu ausnahmslos um Täuschungen im Einstellungsgespräch oder in Bewerbungsschreiben.

» Beispiel 1: Der Bewerber erklärt, er sei nicht vorbestraft. In Wirklichkeit wurde er jedoch wegen Diebstahls zu einer Bewährungsstrafe von 1 Jahr verurteilt.

» Beispiel 2: Die Bewerberin erklärt, sie sei nicht schwanger. Tatsächlich ist sie bereits im zweiten Trimester.

» Beispiel 3: Der Bewerber erklärt, er sei nicht Mitglied einer Gewerkschaft. In Wahrheit ist er jedoch Mitglied der IG Metall.

b) Rechtswidrigkeit der Täuschung

Dem Arbeitgeber steht ein Anfechtungsrecht nur zu, wenn die Täuschung auch rechtswidrig war.

Bei vielen Arbeitgebern und Arbeitnehmern besteht der häufige Irrtum, dass eine Täuschung automatisch rechtswidrig sei. Dies ist jedoch nicht der Fall!

Wichtig: In vielen Fällen ist das Fragerecht des Arbeitgebers eingeschränkt. Der Arbeitnehmer hat dann ein “Recht zur Lüge”!

» Beispiel: Der Bewerber wird gefragt, ob er Mitglied einer Gewerkschaft ist. Dies wird vom Bewerber wahrheitswidrig mit “Nein” beantwortet. – Hier ist die Täuschung nicht rechtswidrig. Der Grund: Arbeitgeber dürfen nicht nach der Angehörigkeit zu einer Gewerkschaft fragen. Wird diese Frage dennoch gestellt, darf der Bewerber lügen!

» Weitere Informationen über das „Recht zur Lüge“ finden sie im Beitrag zur Bewerbung des Arbeitnehmers.

3. Wie lang ist die Anfechtungsfrist?

Bei einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung beträgt die Anfechtungsfrist ein Jahr (§ 124 BGB).

» Wichtig: Die Frist beginnt nicht schon mit der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages, sondern erst ab Bekanntwerden der Täuschung. Die 2-Wochen-Frist, die bei einer außerordentlichen Kündigung zu beachten ist (§ 626 II BGB), findet auf die Anfechtung keine Anwendung.

Steht dem Arbeitgeber ausnahmsweise ein anderes Anfechtungsrecht zu, so muss die Anfechtung “unverzüglich” erklärt werden (§ 121 BGB). In entsprechender Anwendung von § 626 II BGB geht die Rechtsprechung dabei von einer 2-Wochen-Frist aus. Die Frist beginn ab Bekanntwerden des Irrtums an.

4. Wie können sich Arbeitnehmer wehren?

Gegen eine unberechtigte Anfechtung kann der Arbeitnehmer Klage vor dem Arbeitsgericht erheben. Bei einer begründeten Klage wird das Arbeitsgericht dann feststellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Anfechtung nicht aufgelöst worden ist.

Wichtig: Anders als bei einer Kündigung muss der Arbeitnehmer bei einer unberechtigten Anfechtung keine Klagefrist einhalten. Die 3-Wochen-Frist des § 4 KSchG findet auf die Anfechtung keine Anwendung.

5. Ab wann ist das Arbeitsverhältnis beendet?

Ausgeübt wird das Anfechtungsrecht in aller Regel viele Monate oder sogar Jahre nach dem Beginn des Arbeitsverhältnisses.

In den meisten Fällen wird das Arbeitsverhältnis durch die Anfechtung erst beendet, sobald dem Arbeitnehmer die Anfechtungserklärung zugegangen ist.

Nur ausnahmsweise hat die Anfechtung eine “Rückwirkung”. Dies wird vom Bundesarbeitsgericht insbesondere dann angenommen, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Ausspruch der Anfechtung faktisch geruht hat.

Beispiel: Der Arbeitnehmer ist seit dem 15. April infolge einer Krankheit arbeitsunfähig. Am 08. August erklärt der Arbeitgeber wirksam die Anfechtung des Arbeitsvertrages. – Da das Arbeitsverhältnis seit dem 15. April “faktisch ruht”, wirkt die Anfechtung auf diesen Tag zurück. Das Arbeitsverhältnis ist also seit dem 15. April beendet.

» Für den Arbeitnehmer hat dies zur Folge, dass er den während der Krankheit enthaltenen Lohn zurückzahlen muss.

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Anfechtung des  Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung (Schwangerschaft, Gewerkschaft, usw.) – Rechtsanwalt für Arbeitsrecht in Frankfurt am MainRechtsanwalt Christian D. Franz ist Gründer und Inhaber der Kanzlei Franz. Die Kanzlei hat ihren Sitz in Frankfurt am Main und damit im Herzen Deutschlands. Durch die günstige Anbindung an Autobahnen, den Schienenverkehr und den Frankfurter Flughafen ist es der Kanzlei möglich, Mandanten im gesamten Bundesgebiet zu vertreten. Das Arbeitsrecht gehört dabei zu den wichtigsten Rechtsgebieten.

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Christian D. Franz, Rechtsanwalt