Rechtsanwalt für Sozialrecht und Arbeitslosengeld II, FrankfurtHartz IV ist nicht nur für Arbeitslose ein Massenphänomen. Etwa 1,5 Millionen Menschen sind als „Aufstocker“ auf Arbeitslosengeld II angewiesen, weil Sie durch Ihre Arbeit nicht genügend Geld zur Deckung des Lebensbedarfs verdienen. Wie das LSG Niedersachsen-Bremen am 11.01.2015 entschieden hat, besteht ein Anspruch auf „Aufstockung“ aber nur dann, wenn der Antragsteller seine Hilfebedürftigkeit lückenlos offenlegt (Az. L 11 AS 1310/14 B ER).

Worum geht es in dem Beschluss?

Der 1957 geborene Antragsteller ist selbständiger Unternehmer. Laut eigenen Angaben sei er derzeit jedoch nicht in der Lage, mit seinem Unternehmen Gewinne zu erzielen. Erstmals hatte der Antragsteller im August 2013 die Gewährung von Hartz IV beantragt. Zu diesem Zeitpunkt war der Anspruchsteller Eigentümer eines Hauses im Wert von 103.000,00 EUR. Aus diesem Grunde hat die zuständige Behörde den Antrag auf Sozialleistungen bestandskräftig abgelehnt.

In der Folgezeit verkaufte der Antragsteller das Einfamilienhaus für 45.500,00 EUR. Zugleich ließ er sich ein lebenslanges Wohnrecht an der Zweizimmerwohnung im ersten Stock einräumen. Den Kaufpreis erhielt der Antragsteller in drei Raten zwischen Dezember 2013 und Februar 2014.

Im März 2014 beantragte der Antragsteller erneut die Gewährung von Hartz IV. Dabei gab er an, er habe sich vom Kaufpreis des Hauses ein Auto gekauft, sein Girokonto ausgeglichen und Schulden bezahlt sowie die Kosten eines Urlaubsaufenthaltes auf den Philippinen bestritten. Auf den Philippinen habe er geheiratet und die Hochzeit sowie die anschließende Hochzeitsreise finanziert. Inzwischen habe er jedoch wieder Schulden und stünde deshalb mit drei Monatsmieten im Rückstand.

Das Jobcenter hat auch diesen neuen Leistungsantrag mit der Begründung abgelehnt, dass der Antragsteller in Wirklichkeit nicht hilfsbedürftig sei. Gegen diese Entscheidung hat sich der Antragsteller zunächst vor dem Sozialgericht zur Wehr gesetzt, jedoch ohne Erfolg. Sodann hatte der Antragsteller Beschwerde beim Landessozialgericht eingelegt.

Was sagt das Landessozialgericht?

Das Landessozialgericht hat die Entscheidungen des Jobcenters und des Sozialgerichts im einstweiligen Rechtsschutz bestätigt. Nach Auffassung des Landessozialgerichts trägt der Antragsteller die Vortrags- und Beweislast dafür, dass das ihm gehörende Vermögen tatsächlich nicht mehr zur Verfügung steht.

Diesen Anforderungen sei der Antragsteller jedoch nicht nachgekommen. In dem Beschluss führt das LSG Niedersachsen-Bremen aus:

„Weder anhand der Angaben des Antragstellers noch anhand der von ihm vorgelegten Unterlagen kann sich der Senat einen realistischen und hinreichend konkreten Eindruck von seiner wirtschaftlichen Situation verschaffen. Der Antragsteller hat im Jahr 2014 über erhebliche wirtschaftliche Mittel verfügt, deren Verbleib bzw. Verbrauch er nicht plausibel dargelegt hat. Damit fehlt es an der Glaubhaftmachung der für einen Anspruch auf SGB II-Leistungen erforderlichen Hilfebedürftigkeit (§ 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 i.V.m. § 9 SGB II). (…) Können sich der Leistungsträger bzw. das Gericht wegen unzureichender Angaben des Betroffenen kein hinreichend klares Bild über seine Einkommens- und Vermögenssituation verschaffen, kann eine Hilfebedürftigkeit nicht festgestellt werden und dementsprechend eine einstweilige Anordnung nicht ergehen.“

Darüber hinaus hat das Landessozialgericht darauf hingewiesen, dass eine für den Antragsteller positive Entscheidung im Hauptsacheverfahren nur möglich sei, wenn er an einer lückenlosen Offenlegung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse mitwirke. Sollte tatsächlich eine Hilfebedürftigkeit vorliegen, so müsse geprüft werden, ob der Antragsteller seine Hilfsbedürftigkeit durch sozialwidriges Verhalten herbeigeführt hat.

Als Grund der Sozialwidrigkeit komme dabei vor allem in Betracht, dass der Hauserlös innerhalb weniger Monate für zwei Asienreisen sowie für die Finanzierung der Flitterwochen auf den Philippinen verwendet wurde. Im Falle der Sozialwidrigkeit bestünde kein Anspruch auf „Aufstockung“ im Rahmen von ALG II.

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