Notarielle Beurkundung beim Immobilienkauf: Was Käufer und Verkäufer wissen sollten

Rechtsanwalt für Immobilienrecht und Vertragsrecht, Notarielle Beurkundung

1. Welche Vereinbarungen müssen notariell beurkundet werden?

Beim Immobilienkauf ist die notarielle Beurkundung des Kaufvertrags zwingend vorgeschrieben (§ 311b Abs. 1 BGB). Eine Beurkundung ist bei allen Fragen und Regelungen erforderlich, die für die Vertragspartner von zentraler Bedeutung sind. Im notariellen Kaufvertrag müssen daher insbesondere folgende Vereinbarungen enthalten sein:

Kaufpreis: Der Kaufpreis muss unbedingt im notariellen Kaufvertrag geregelt sein. Dies gilt nicht nur für die Höhe des Kaufpreises. Beurkundungspflichtig ist vielmehr auch die Frage, wie der Kaufpreis erbracht werden soll.

» Einmalzahlung, Ratenzahlung, Stundung, Anrechnung einer Vorauszahlung, usw.

Angaben zur Immobilie: Der notarielle Kaufvertrag muss eine genaue Beschreibung des Grundstücks, des Hauses oder der Eigentumswohnung enthalten. Erforderlich ist insbesondere die grundbuch- und katastermäßige Angabe, wo die Immobilie liegt. Besonders wichtig ist die notarielle Beurkundung von zugesicherten Eigenschaften der Immobilie (sog. Beschaffenheitsvereinbarung). Beispiele:

» Baujahr des Hauses.

» Jahr der Sanierung der Eigentumswohnung.

» Kein Vorliegen von Asbest, Altlasten, Schimmel, schädlichen Stoffen, usw.

Gewährleistung: Falls die Vertragsparteien auf einen Ausschluss der Gewährleistung vereinbaren wollen, so ist dies ebenfalls notariell zu beurkunden. Übernahme der Maklerprovision: Bei vielen Immobilienkäufen verpflichtet sich der Käufer dazu, die vom Verkäufer geschuldete Maklerprovision zu übernehmen. Diese Schuldübernahme ist notariell zu beurkunden.

» Landgericht Aurich, Beschluss vom 15.02.2010, 5 T 500/09

2. Müssen Vertragsänderungen notariell beurkundet werden?

In vielen Fällen kommt es nach Abschluss des Kaufvertrages zu weiteren Verhandlungen. Ob Vertragsänderungen notariell zu beurkunden sind, beurteilen die Gerichte sehr unterschiedlich. Die größtmögliche Sicherheit haben die Vertragspartner daher, wenn sie die Änderung notariell beurkunden lassen.

Die Rechtsprechung unterscheidet vor allem danach, zu welchem Zeitpunkt die Vertragsänderung vereinbart wird:

a) Vor der Auflassung

Vor der Auflassung sind Vertragsänderungen in aller Regel beurkundungsbedürftig. Eine notarielle Beurkundung ist nur dann ausnahmsweise nicht erforderlich, wenn es lediglich um „unwesentliche Änderungen“ geht.

» Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.04.1988, Az.: V ZR 260/86 | Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.04.2001, Az. VII ZR 119/99

Wann eine unwesentliche Änderung vorliegt, ist immer eine Frage des Einzelfalls. Ohne notarielle Beurkundung gehen die Parteien daher ein großes Risiko ein. In folgenden Fällen hat die Rechtsprechung zum Beispiel eine notarielle Beurkundung für erforderlich gehalten:

» Erlass oder Herabsetzung eines Teil des Kaufpreises. (BGH, Urteil vom 06.11.1981, Az. V ZR 138/80)

» Vereinbarungen über die Anrechnung oder Aufrechnung von Leistungen. (BGH, Urteil vom 11.11.1983, Az. V ZR 150/82)

» Fristverlängerung für die Ausübung eines Wiederkaufsrechts. (BGH, Urteil vom 09.11.1995, Az. V ZR 36/95)

» Stundung der Kaufpreisforderung von mehr als nur kurzfristiger Dauer. (LG Dessau-Roßlau, Urteil vom 15.06.2012, Az. 2 O 767/11)

b) Nach der Auflassung

Werden die Vertragsänderungen erst nach der Auflassung vereinbart, so ist nach der Rechtsprechung eine notarielle Beurkundung in aller Regel nicht erforderlich. Der Käufer und der Verkäufer können die Vertragsänderung also ohne Einschaltung eines Notars vereinbaren

» BGH, Urteil vom 28. Oktober 2011, Az. V ZR 212/10

3. Müssen Aufhebungsverträge notariell beurkundet werden?

Aus unterschiedlichen Gründen kommt es immer wieder vor, dass der Verkäufer und der Käufer einen Aufhebungsvertrag vereinbaren. Auch hier unterscheidet die Rechtsprechung danach, wann der Aufhebungsvertrag vereinbart wurde:

Vor der Auflassung:  Sofern die Auflassung noch nicht stattgefunden hat, kann der Kaufvertrag formlos aufgehoben werden.

» OLG Köln, Beschluss vom 25.01.1995, Az. 19 W 3/95

Nach der Auflassung: Nach ständiger Rechtsprechung des BGH muss die Aufhebung eines Immobilienkaufs notariell beurkundet werden, wenn die Auflassung bereits stattgefunden hat.

» Bundesgerichtshof, Urteil vom 7.10.1994, Az. V ZR 102/93

4. Notarielle Form von Vollmacht, Maklervertrag und Vorvertrag?

Neben dem Kaufvertrag werden oft noch eine ganze Reihe anderer Verträge abgeschlossen. In vielen Fällen müssen auch diese Verträge notariell beurkundet werden. Wichtig sind hier vor allem die Vollmacht, der Maklervertrag sowie der Vorvertrag.

a) Vollmacht zum Abschluss des Kaufvertrages

Viele Käufer und Verkäufer führen die Vertragsverhandlungen nicht selbst, sondern lassen sich von einer Vertrauensperson vertreten. Die Vollmacht für den Abschluss des Kaufvertrages muss dabei nicht notariell beurkundet werden. Dies hat der Gesetzgeber ausdrücklich in § 167 Abs. 2 BGB bestimmt.

Wichtige Ausnahme: Die Rechtsprechung wendet diese Vorschrift jedoch nicht ausnahmslos an. Eine notarielle Beurkundung der Vollmacht ist insbesondere dann erforderlich, wenn es sich um eine unwiderrufliche Vollmacht handelt. Die Rechtsprechung möchte den Vollmachtgeber auf diese Weise vor unüberlegten Handlungen schützen.

» OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 14.11.2012, Az. 4 U 84/12

b) Maklervertrag

Viele Kaufverträge über Grundstücke, Häuser oder Eigentumswohnungen kommen über einen Immobilienmakler zustande. In aller Regel ist der Maklervertrag dabei nicht auf die notarielle Form angewiesen. Der Maklervertrag kann also ohne Besondere Formvorschriften abgeschlossen werden (mündlich, schriftlich, usw.).

Nur ausnahmsweise ist für den Maklervertrag eine notarielle Beurkundung erforderlich. Nach der Rechtsprechung ist dies immer dann der Fall, wenn durch den Maklervertrag ein „mittelbarer Zwang“ zum Kauf oder Verkauf erzeugt wird.

Vor allem in folgenden zwei Fällen ist die notarielle Form erforderlich:

Vertragsstrafe: Der Maklervertrag muss notariell beurkundet werden, falls der Auftraggeber eine Vertragsstrafe zu zahlen ist, wenn er den Abschluss des Kaufvertrages verweigert.

» BGH, Urteil vom 01.07.1970, Az. IV ZR 1178/68

Pauschale Vergütungen: Daneben ist eine notarielle Beurkundung des Maklervertrages auch dann erforderlich, wenn dem Makler pauschale Vergütungen versprochen werden, falls der Kaufvertrag nicht zustande kommt.

» Als formbedürftig wird es angesehen, wenn die pauschale Vergütung 10 % – 15 % der üblichen Erfolgsprovision übersteigt. Wie die Vergütung bezeichnet wird, ist unerheblich („Abstandssumme“, „Aufwandsentschädigung“, „Bemühungsentgelt“, „Beratungsgebühr“, usw.).

» Formfrei ist eine Vergütungsvereinbarung im Maklervertrag daher vor allem dann, wenn sich der Auftraggeber lediglich dazu verpflichtet, die tatsächlich entstandenen Aufwendungen des Maklers zu ersetzen.

» BGH, Urteil vom 18.03.1992, Az. IV ZR 41/91 • OLG Koblenz, Urteil vom 05.11.2009, Az. 5 U 339/09 • OLG Frankfurt, Urteil vom 22.09.2010, Az. 19 U 120/10

c) Vorvertrag

Vor allem bei längeren Vertragsverhandlungen vereinbaren die Vertragspartner gerne einen Vorvertrag. Sofern der Vorvertrag eine Pflicht zum Kaufen bzw. Verkaufen enthält, ist eine notarielle Beurkundung unbedingt erforderlich. Etwas anderes gilt nur dann, wenn hinsichtlich des Verkaufs nur unverbindliche Absichtserklärungen abgegeben werden.

 » BGH, Urteil vom 12.05.2006, Az. V ZR 97/05.

5. Nichtigkeit und „Heilung“

a) Vollständige Nichtigkeit bei fehlender notarieller Beurkundung

Verstößt der Kaufvertrag gegen das Erfordernis der notariellen Beurkundung, so ist der Vertrag nichtig. Dasselbe gilt natürlich für alle anderen erwähnten Verträge, sofern diese ebenfalls notariell beurkundet werden müssen. Die Nichtigkeit ergibt sich dabei  § 125 S. 1 BGB:

„Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig.“

b) Teilweise Nichtigkeit bei fehlender Beurkundung bestimmter Abreden

Besonderheiten gelten, wenn zwar ein notariell beurkundeter Kaufvertrag vorliegt, im Vertrag aber nicht alle wesentlichen Abreden beurkundet wurden. Im Regelfall führt dies dazu, dass der gesamte Kaufvertrag formnichtig ist (§ 139 BGB).

Ausnahmsweise bleibt der Kaufvertrag jedoch wirksam. Es besteht dann also keine Gesamtnichtigkeit, sondern nur eine Nichtigkeit der nicht beurkundeten Vertragsbestandteile ( Teilnichtigkeit).

» Voraussetzung einer solchen Teilnichtigkeit ist, dass der beurkundete Teil als selbstständig bestehen kann und dies nach dem mutmaßlichen  Parteiwillen das auch so gewollt wäre. Anzunehmen ist dies vor allem dann, wenn die nicht beurkundeten Regelungen lediglich unwesentlich sind und keine große Bedeutung haben.

c) „Heilung“ durch Eigentumserwerb

Die Formnichtigkeit des Kaufvertrages ist kein endgültiger Zustand. Vielmehr wird der nichtige Kaufvertrag „geheilt“, d.h. nachträglich wirksam, sobald der Käufer Eigentum an der Immobilie erwirbt. Dies ist der Fall, wenn die Auflassung erklärt wurde und der Käufer als neuer Eigentümer in das Grundbuch eingetragen ist (§ 311b Abs. 1 S. 2 BGB).

Wichtig: Vor der „Heilung“ besteht kein wirksamer Kaufvertrag. Sowohl der Käufer als auch der Verkäufer können ihre Leistungen daher verweigern!

© Rechtsanwalt C.D. Franz

Der Beitrag dient lediglich der allg. Information, ist nicht abschließend und wird nicht fortlaufend aktualisiert. Eine Rechtsberatung findet hierdurch nicht statt.

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Über den Autor

Rechtsanwalt Christian D. Franz ist Gründer und Inhaber der Kanzlei Franz. Die Kanzlei hat ihren Sitz in Frankfurt am Main und damit im Herzen Deutschlands. Durch die günstige Anbindung an Autobahnen, den Schienenverkehr und den Frankfurter Flughafen ist es der Kanzlei möglich, Mandanten im gesamten Bundesgebiet zu vertreten. Das Vertragsrecht und das Immobilienrecht gehören dabei zu den wichtigsten Rechtsgebieten.

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Christian D. Franz, Rechtsanwalt