Welche Aufklärungspflichten haben Autoverkäufer?

Rechtsanwalt für Vertragsrecht beim Autokauf, Frankfurt

1. Wann haben Autoverkäufer eine Aufklärungspflicht?

Viele Käufer bemerken Wochen oder Monate nach dem Abschluss des Kaufvertrages, dass ihr gekauftes Auto einen Mangel hat. Ein Streit zwischen dem Käufer und dem Verkäufer ist dann meist vorprogrammiert. Gegenstand der Streitigkeit ist häufig die Frage, ob der Verkäufer seine Aufklärungspflichten eingehalten oder verletzt hat.

Anders als viele Personen glauben, besteht keine generelle Aufklärungspflicht! Der Verkäufer ist also nicht dazu verpflichtet, den Käufer über jeden vorhandenen Mangel aufzuklären. Eine Aufklärungspflicht bejaht die Rechtsprechung nur in zwei Fällen:

a) Fall 1: Aufklärungspflicht bei einer konkreten Frage

Nach der Rechtsprechung bestehen Aufklärungspflichten jedenfalls immer dann, wenn der Käufer eine konkrete Frage gestellt hat.

In diesem Fall ist der Verkäufer dazu verpflichtet, die Frage vollständig und richtig zu beantworten. Der Verkäufer darf keine Angaben „ins Blaue hinein“ machen. Darüber hinaus ist es dem Verkäufer auch verboten, die Wahrheit zu bagatellisieren und “klein zu reden”.

» Beispiel 1: Der Käufer fragt, ob das Fahrzeug reparierte Unfallschäden hat. Hierauf antwortet der Verkäufer, dass lediglich ein „Blechschaden“ vorhanden war und repariert wurde. Tatsächlich lag jedoch ein Rahmenschaden vor. – Der Verkäufer hat seine Aufklärungspflicht verletzt, da die Antwort unrichtig ist und die Wahrheit heruntergespielt wurde.

» Beispiel 2: Der Käufer fragt, ob das Fahrzeug komplett rostfrei ist. Der Verkäufer beantwortet dies mit „Ja“, obwohl er den Fahrzeugzustand nicht vollständig kennt. – Hier verletzt der Verkäufer seine Aufklärungspflicht, da er die Frage ohne Kenntnis unzulässig „ins Blaue hinein“ beantwortet.

b) Fall 2: Aufklärungspflicht ohne Frage des Käufers

Eine Aufklärungspflicht kann daneben aber ohne Nachfrage des Käufers bestehen. In solchen Fällen ist der Verkäufer dazu verpflichtet, dem Käufer sämtliche wichtigen Tatsachen ungefragt zu offenbaren.

Einzige Voraussetzung ist selbstverständlich, dass der Verkäufer die Tatsachen auch wirklich kennt. Ohne Wissen des Verkäufers vom Sachmangel können Aufklärungspflichten nicht bestehen.

Aufklärungspflichten ohne konkrete Nachfrage durch den Käufer bestehen allerdings vergleichsweise selten. Ungefragt muss der Verkäufer nur über solche Tatsachen aufklären, die für den Kaufentschluss des Käufers erkennbar von wesentlicher Bedeutung sind. Darüber hinaus muss die Mitteilung des Mangels nach der „Verkehrssitte“ erwartbar sein.

In der Regel sind diese Voraussetzungen nur bei solchen Tatsachen erfüllt, die der Käufer nicht kennt und auch nicht kennen kann.

Von der Rechtsprechung werden Aufklärungspflichten ohne vorherige Frage beispielsweise in folgenden Fällen angenommen:

» Beispiel 1: Über das Bestehen eines Unfallschadens und die Art des Schadens muss stets aufgeklärt werden. (BGH, Urteil vom 03.12.1986, Az. VIII ZR 345/85)

» Beispiel 2:  Ein Händler muss darüber aufklären, wenn er das Fahrzeug vor dem Verkauf nicht auf Unfallschäden untersucht hat. (Landgericht München I, Urteil vom 25.06.2004 , Az. 6 O 12298/02)

» Beispiel 3:  Bei einem Verkauf „aus erster Hand“ muss der Verkäufer darüber aufklären, wenn das Fahrzeug zuvor ausschließlich als Mietwagen genutzt wurde. (OLG Stuttgart, Urteil vom 31.07.2008, Az. 19 U 54/08)

» Beispiel 4: Der Verkäufer eines Gebrauchtwagens muss darüber aufklären, dass er das Fahrzeug kurz vor dem Weiterverkauf von einem „fliegenden Zwischenhändler“ erworben hat, sofern dieser nicht im Kraftfahrzeugbrief eingetragenen ist. (BGH, Urteil vom 16.12.2009, Az. VIII ZR 38/09)

» Beispiel 5: Der Verkäufer muss darüber aufklären, wenn er das Fahrzeug selbst repariert hat und die Reparatur üblicherweise nicht von einem Laien durchführt wird. (OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.11.1992, Az. 13 U 181/91)

2. Welche Rechte hat der Käufer?

a) Anfechtung wegen arglistiger Täuschung

Sofern der Verkäufer seine Aufklärungspflicht vorsätzlich verletzt, liegt eine  arglistige Täuschung vor. Der Verkäufer kann den Kaufvertrag dann anfechten.

Durch die wirksame Anfechtung wird der Kaufvertrag aufgehoben. Der Käufer kann daher den Kaufpreis zurückverlangen. Weiterhin hat der Käufer auch einen Anspruch auf Zinsen. Im Gegenzug ist der Käufer selbstverständlich dazu verpflichtet, das Auto an den Verkäufer zurückzugeben.

Wichtig: Der Käufer trägt die Beweislast dafür, dass der Verkäufer seine Aufklärungspflicht vorsätzlich verletzt hat! In der Praxis scheitern Anfechtungen sehr oft an dieser Beweisfrage. Kann der Käufer ein vorsätzliches Handeln nämlich nicht beweisen, so geht die Anfechtung ins Leere!

» Tipp: Um Beweisprobleme zu vermeiden, sollte der Käufer zu Vertragsverhandlungen immer einen Zeugen hinzuziehen. Dasselbe gilt selbstverständlich für den Verkäufer.

b) Gewährleistung

Neben der Anfechtung kann der Käufer wegen des Sachmangels auch seine gesetzlichen Gewährleistungsrechte geltend machen.

» Wichtig: Der Käufer kann sich sogar dann auf Gewährleistung berufen, wenn im Kaufvertrag ein Ausschluss der Gewährleistung vereinbart wurde. Bei einer arglistigen Täuschung kann sich der Verkäufer nämlich niemals auf einen Gewährleistungsausschluss berufen (§ 444 BGB)!

Im Einzelnen kann der Käufer folgende Gewährleistungsrechte gegen den Verkäufer geltend machen:

(1.) Reparatur oder Neulieferung („Nacherfüllung“):

» Das Gesetz lässt dem Käufer die freie Wahl (§ 439 I BGB).

» Zum einen kann er vom Verkäufer verlangen, dass die Mängel am Auto beseitigt werden. Voraussetzung ist lediglich, dass die Reparatur tatsächlich möglich ist und kein irreparabler Mangel vorliegt. Zum anderen kann der Käufer aber auch verlangen, dass der Verkäufer ihm ein vergleichbares Fahrzeug als Ersatz liefert. Dieser Anspruch kommt in aller Regel jedoch nur in Betracht, wenn kein zu altes Baujahr vorliegt und das Fahrzeug von einem Händler gekauft wurde.

(2.) Minderung:

» Der Käufer kann den Kaufpreis mindern.

» Wurde der volle Kaufpreis bereits gezahlt, so hat der Käufer einen Anspruch auf Rückzahlung des zu viel gezahlten Betrages.

(3.) Rücktritt vom Kaufvertrag:

» Der Rücktritt setzt einen nicht unerheblichen Sachmangel voraus. Bei einer arglistigen Täuschung ist dies aber immer der Fall! (BGH, Urteil vom 24.03.2006, Az. V ZR 173/05)

» Erforderlich ist darüber hinaus, dass dem Verkäufer vor dem Rücktritt eine Frist zur Beseitigung der Mängel gesetzt wurde. Bei einer arglistigen Täuschung wird eine Fristsetzung zwar oft für entbehrlich gehalten. Zur Sicherheit sollte bei reparablen Mängeln aber immer eine Frist gesetzt werden!

(4.) Schadensersatz:

» Der Anspruch auf Schadensersatz setzt voraus, dass dem Käufer ein nachweisbarer Schaden entstanden ist. Erforderlich ist weiterhin ein Verschulden des Verkäufers, was bei einer arglistigen Täuschung aber stets gegeben ist.

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Über den Autor

Rechtsanwalt Christian D. Franz ist Gründer und Inhaber der Kanzlei Franz. Die Kanzlei hat ihren Sitz in Frankfurt am Main und damit im Herzen Deutschlands. Durch die günstige Anbindung an Autobahnen, den Schienenverkehr und den Frankfurter Flughafen ist es der Kanzlei möglich, Mandanten im gesamten Bundesgebiet zu vertreten. Das Vertragsrecht und das Recht des Autokaufs gehören dabei zu den wichtigsten Rechtsgebieten.

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Christian D. Franz, Rechtsanwalt

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