Aufhebungsvertrag: Was müssen Arbeitnehmer und Arbeitgeber beachten?

Anwalt für Arbeitsrecht, Aufhebungsvertrag

1. Was ist ein Aufhebungsvertrag?

Unter einem Aufhebungsvertrag versteht man die einverständliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Anders als bei der Kündigung wird das Arbeitsverhältnis nicht einseitig durch den Arbeitgeber beendet, sondern durch einen gegenseitigen Vertrag zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer.

Im Alltag gehört der Aufhebungsvertrag neben der Kündigung zu den wichtigsten Möglichkeiten, um das Arbeitsverhältnis zu beenden. Der große Vorteil des Aufhebungsvertrages besteht darin, das Arbeitsverhältnis relativ schnell und unkompliziert auflösen zu können.

2. Was kann im Aufhebungsvertrag geregelt werden?

Der wichtigste Inhalt des Aufhebungsvertrages regelt Frage, wann die Beendigung das Arbeitsverhältnis eintreten soll. Wichtig ist vor allem, dass Kündigungsfristen nicht zu beachten sind. Für den Zeitpunkt der Beendigung spielt es daher keine Rolle, ob der Arbeitnehmer seit 9 Monaten oder seit 9 Jahren beim Arbeitgeber beschäftigt war.

Der Zeitpunkt der Beendigung kann durch den Arbeitsvertrag frei bestimmt werden („Ab sofort“, „Ab dem 01.01.2016“, etc.). Im Aufhebungsvertrag können darüber hinaus alle weiteren Fragen geregelt werden, die für den Arbeitgeber oder Arbeitnehmer von Interesse sind. Als wichtige Beispiele sind zu nennen:

» Zahlung einer Abfindung.

» Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses, insbesondere mit einer bestimmten Note („sehr gut“, „gut“, etc.).

» Rückzahlung von Ausbildungskosten bzw. Weiterbildungskosten

» Abgeltung offener Urlaubstage (Resturlaub).

» Erstattung von Rechtsanwaltskosten.

» Wettbewerbsverbot des Arbeitnehmers.

» Nutzung des Dienstwagens bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

» Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung.

» Verzicht auf alle weiteren Ansprüche (sog. Erledigungsklausel).

3. Verursacht der Aufhebungsvertrag eine Sperrfrist beim Arbeitslosengeld I?

Für den Arbeitnehmer kann der Abschluss eines Aufhebungsvertrages wegen § 159 Abs. 1 SGB III sehr riskant sein. Diese Vorschrift ordnet eine Sperrfrist beim Arbeitslosengeld I an, wenn der Arbeitnehmer vorsätzlich oder grob fahrlässig die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mitverursacht hat. In § 159 Abs. 1 SGB III heißt es:

„Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn (…) die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe)“.

Die Sperrfrist beträgt in der Regel 12 Wochen. In Ausnahmefällen verkürzt sich die Sperrfrist auf drei bzw. sechs Wochen, insbesondere wenn die 12-wöchige Sperrzeit eine besondere Härte bedeuten würde (§ 159 Abs. 3 SGB III).

Unbedingt beachten: Da der Aufhebungsvertrag zwingend auf die Zustimmung des Arbeitnehmers angewiesen ist, trägt der Arbeitnehmer aktiv zu seiner Arbeitslosigkeit bei. Der Arbeitnehmer kann eine Sperrfrist daher nur verhindern, wenn er für den Abschluss des Aufhebungsvertrages einen wichtigen Grund hat.

Ein wichtiger Grund liegt vor allem vor, wenn der Arbeitgeber mit einer berechtigten betriebsbedingten Kündigung gedroht hat. In einem solchen Fall können gegen den Arbeitnehmer keine Vorwürfe erhoben werden, da das Arbeitsverhältnis ohnehin beendet worden wäre.

Um eine Sperre und ein Ruhen des Arbeitslosengeldes zu vermeiden, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

Die angedrohte betriebsbedingte Kündigung muss tatsächlich berechtigt sein.

Die für die Kündigung maßgebliche Kündigungsfrist darf durch den Aufhebungsvertrag nicht verkürzt werden. Durch den Aufhebungsvertrag darf das Arbeitsverhältnis also nicht früher beendet werden als durch eine Kündigung (§ 158 SGB III).

Wird eine Abfindung gezahlt, so muss sich ihre Höhe an der gesetzlichen Regelabfindung des § 1a KSchG orientieren (ein halbes Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr).

4. Wann ist der Aufhebungsvertrag ganz oder teilweise unwirksam?

Die „formellen“ Anforderungen an einen wirksamen Aufhebungsvertrag sind äußerst gering. In formeller Hinsicht ist lediglich erforderlich, dass der Aufhebungsvertrag schriftlich abgeschlossen wird (§ 623 BGB). Erforderlich ist hierzu eine Unterschrift sowohl des Arbeitgebers als auch des Arbeitgebers. Wird der Aufhebungsvertrag vor Gericht durch einen Prozessvergleich abgeschlossen, so sind die Formerfordernisse ebenfalls erfüllt (§ 127a BGB).

Wichtig: Vorschriften des Kündigungsrechts sind dagegen nicht zu beachten!

» Es besteht kein Sonderkündigungsschutz, insbesondere für Schwangere oder Schwerbehinderte.

» Eine Anhörung des Betriebsrates ist nicht erforderlich.

» Der Aufhebungsvertrag darf Kündigungsfristen unterschreiten.

Ob die jeweiligen Vereinbarungen im Aufhebungsvertrag auch “sachlich” wirksam ist, kann nicht pauschal beantwortet werden. Entscheidend ist immer, was die jeweilige Klausel konkret regelt. Daneben kommt es auch darauf an, ob es sich um eine AGB-Klausel oder um eine frei verhandelte Vereinbarung handelt.

Je nach Inhalt der Klausel kommt eine Unwirksamkeit aus folgenden Gründe in Betracht:

» Verstoß gegen AGB-Recht (§§ 305-310 BGB).

» Verstoß gegen ein Verbotsgesetz (§ 134 BGB).

» Verstoß gegen die guten Sitten (Sittenwidrigkeit, § 138 BGB).

» Verstoß gegen “Treu und Glauben” (§ 242 BGB).

5. Hat der Arbeitgeber Aufklärungspflichten?

In aller Regel wird der Aufhebungsvertrag auf Initiative des Arbeitgebers abgeschlossen. Aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers folgen dabei gewisse Aufklärungspflichten. Die meisten Aufklärungspflichten beziehen sich dabei auf die rechtlichen Folgen des Aufhebungsvertrages (Sperrfrist beim Arbeitslosengeld, etc.).

Wie weit die Aufklärungspflichten reichen, hängt stets vom Einzelfall ab. Erforderlich ist eine Abwägung zwischen den Interessen des Arbeitgebers und Arbeitnehmers.

» Beim Arbeitnehmer ist insbesondere zu berücksichtigen, ob er auf weitere Informationen angewiesen ist, um die Folgen des Aufhebungsvertrages richtig abschätzen zu können.

» Beim Arbeitgeber ist zu berücksichtigen, welche Beratungsmöglichkeiten er hat und wie kompliziert die Rechtsmaterie ist.

6. Welchen Rechtsschutz gibt es gegen den Aufhebungsvertrag?

Ein wirksamer Aufhebungsvertrag ist verbindlich. Sehr oft bereuen Arbeitnehmer jedoch, den Aufhebungsvertrag überhaupt unterschrieben zu haben. In diesem Fall stellt sich dann die Frage, ob und wie der Aufhebungsvertrag “beseitigt” werden kann.

a) Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung

Aufhebungsverträge können angefochten werden. Ein Anfechtungsrecht besteht insbesondere, wenn dem Arbeitnehmer widerrechtlich gedroht wurde (§ 123 BGB). Am wichtigsten sind folgende Anwendungsfälle:

» Drohung mit einer Kündigung.

» Drohung mit einer Strafanzeige.

» Drohung mit dem Einbehalten von Arbeitslohn.

Wichtig: Die Drohung mit einer Kündigung ist nicht automatisch widerrechtlich ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Rechtswidrigkeit auch nicht davon abhängig, ob die angedrohte Kündigung wirksam oder unwirksam wäre.

» Die Drohung mit einer Kündigung ist nur dann rechtswidrig, wenn  ein “verständiger” Arbeitgeber eine Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung gezogen hätte. Erforderlich ist also, dass die angedrohte Kündigung in einem Kündigungsschutzprozess mit hoher Wahrscheinlichkeit als unwirksam beurteilt worden wäre.

Beispiel: Der Arbeitnehmer, der bis dahin immer zuverlässig war, beschädigt versehentlich einen Computer des Arbeitgebers. Wegen dieses Vorfalls droht der Arbeitgeber mit einer Kündigung, falls der Arbeitnehmer nicht einen Aufhebungsvertrag unterschreibt. Da sich der Arbeitnehmer unter Druck gesetzt fühlt, unterschreibt er den Anfechtungsvertrag.

» Rechtsfolge: Der Arbeitnehmer kann den Aufhebungsvertrag anfechten, da eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung zweifellos unwirksam gewesen wäre. Durch die wirksame Anfechtung wird das Arbeitsverhältnis fortgesetzt.

Gemäß § 124 I BGB muss die Anfechtung innerhalb von einem Jahr nach Abschluss des Aufhebungsvertrages erfolgen. Die Anfechtungsfrist wird daher selten Probleme bereiten.

b) Anfechtung wegen arglistiger Täuschung

Der Arbeitnehmer kann den Aufhebungsvertrag auch dann anfechten, wenn er vom Arbeitgeber arglistig getäuscht wurde. Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer durch Vorspiegelung falscher Tatsachen dazu veranlasst haben, den Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen.

In der Praxis geht es häufig um eine Täuschung über den Wegfall des Arbeitsplatzes.

Beispiel: Herr Müller arbeitet als Koch in der Betriebsküche des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber teilt Herrn Müller mit, die Betriebsküche zum Jahresende stillzulegen. Um eine Kündigung zu vermeiden, bietet der Arbeitgeber an, einen Aufhebungsvertrag abzuschließen. Hierauf lässt sich der Arbeitnehmer ein. In Wirklichkeit hat der Arbeitgeber jedoch zu keiner Zeit geplant, die Betriebsküche tatsächlich stillzulegen.

» Wegen dieser arglistigen Täuschung kann eine Anfechtung erklärt werden! Für die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gilt wie bei der widerrechtlichen Drohung eine Anfechtungsfrist von einem Jahr (§ 124 BGB). Die Frist beginnt, sobald der Arbeitnehmer von der Täuschung Kenntnis erlangt hat.

c) Widerruf

Arbeitnehmer haben kein gesetzliches Widerrufsrecht nach § 355 BGB. Dies gilt nach der Rechtsprechung auch dann, wenn der Aufhebungsvertrag in einer gewissen “Drucksituation” abgeschlossen wurde (Bundesarbeitsgericht, Urteil v. 27.11.2003 – 2 AZR 177/03).

» Beispiel: Der Arbeitnehmer wird von seinem Arbeitgeber in das Personalbüro gerufen. Dort wird dem Arbeitnehmer mitgeteilt, dass ihm gekündigt werde, sollte er den vorgefertigten Aufhebungsvertrag nicht unterschreiben.

Anstelle eines gesetzlichen Widerrufsrechts besteht jedoch die Möglichkeit, ein Widerrufsrecht vertraglich zu vereinbaren. Diese Vereinbarung muss ausdrücklich erfolgen, jedoch kommt sie in der Praxis kommt nur sehr selten vor.

» Beispiel: Im Aufhebungsvertrag ist vereinbart, dass der Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag innerhalb von zwei Wochen ab Unterzeichnung widerrufen kann.

Rechtsfolge: Kann der Arbeitnehmer aufgrund eines vertraglichen Widerrufsrechts ausnahmsweise den Aufhebungsvertrag widerrufen, so wird der Aufhebungsvertrag unwirksam. Das Arbeitsverhältnis wird fortgesetzt.

d) Rücktritt

Sehr oft wird übersehen, dass dem Arbeitnehmer ein gesetzliches Rücktrittsrecht zustehen kann. Voraussetzung hierfür ist, dass der Arbeitgeber seine vereinbarte Gegenleistung nicht erbringt. Häufig geht es in solchen Fällen um die Zahlung einer Abfindung.

Wichtig: Der Arbeitnehmer darf den Rücktritt erst erklären, wenn er dem Arbeitnehmer eine angemessene Frist gesetzt hat und diese Frist erfolglos abgelaufen ist (§ 323 Abs. 1 BGB).

» Nur in Ausnahmefällen ist eine Fristsetzung entbehrlich. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der Arbeitgeber seine Gegenleistung ernsthaft und endgültig verweigert (§ 323 Abs. 2 BGB). Aus Beweisgründen ist dem Arbeitnehmer aber dringend anzuraten, immer eine Frist zu setzen.

Beispiel: Der Aufhebungsvertrag sieht vor, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Abfindung in Höhe von 10.000 EUR zu zahlen hat. Dennoch zahlt der Arbeitgeber nicht. Der Arbeitnehmer setzt daher eine Frist von 10 Tagen. Als diese Frist abgelaufen ist, erklärt der Arbeitnehmer den Rücktritt vom Aufhebungsvertrag. Durch den wirksamen Rücktritt wird der Aufhebungsvertrag unwirksam. Das Arbeitsverhältnis wird daher fortgesetzt.

e) Anspruch auf Wiedereinstellung wegen verletzter Aufklärungspflicht

Beim Abschluss eines Aufhebungsvertrages hat der Arbeitgeber zahlreiche Aufklärungspflichten zu beachten. Wird eine dieser Aufklärungspflichten verletzt, so müssen die Folgen der Pflichtverletzung rückgängig gemacht werden.

» Konkret bedeutet dies: Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber verlangen, dass ein neues Arbeitsverhältnis begründet wird. Der Arbeitnehmer hat also einen Anspruch auf Wiedereinstellung. (Arbeitsgericht Hannover Urteil v. 13.11.2003 – 10 Ca 184/03).

Alternativ kann dem Arbeitnehmer auch ein Anspruch auf Geldentschädigung (Schadensersatz) zustehen.

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Über den Autor

Rechtsanwalt für Arbeitsrecht und Aufhebungsverträge, FrankfurtRechtsanwalt Christian D. Franz ist Gründer und Inhaber der Kanzlei Franz. Die Kanzlei hat ihren Sitz in Frankfurt am Main und damit im Herzen Deutschlands. Durch die günstige Anbindung an Autobahnen, den Schienenverkehr und den Frankfurter Flughafen ist es der Kanzlei möglich, Mandanten im gesamten Bundesgebiet zu vertreten. Das Arbeitsrecht gehört dabei zu den wichtigsten Rechtsgebieten.

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Christian D. Franz, Rechtsanwalt